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Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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einmal bei ihr war. Sterblich und ihr unterlegen durch die Verletzlichkeit tief in mir. Sie hatte es mir, Franklin und Jenny damals hinterher geschrieen. Dass Franklin mich umsonst mitnahm. Dass der Todesengel, der mich zu ihm gebracht hatte, mich auch wieder mit sich fortnehmen würde. Mich zu einer Bluttrinkerin, einem Vampir, machen würde. Armand hatte mich geholt, ja, aber Franklin hatte mich dennoch nicht verloren. So war ihre Prophezeiung letztendlich doch nicht ganz wahr geworden. Und der Teil, der eingetroffen war, in meinen Augen nichts als Zufall. Oder damals schon vorhersehbar. Nicht nur für sie. Es hatte nichts mit ihrer Macht zu tun, dass ihr dieser Teil meiner Zukunft klar vor Augen gestanden hatte. Doch ich verspürte nicht das Bedürfnis, mit ihr darüber zu plaudern. Ihr zu sagen, dass ich noch immer – Vampir hin oder her – bei der Ashera war. Und damit vielleicht erklären zu müssen, was mich noch mit dem Mutterhaus und besonders mit meinem Vater verband.
    „Deine Mutter war schon dafür bestimmt“, sagte Margret nun leise. „Die Vampirin hätte es sicher bald getan.“
    „Aber du hast beide vorher getötet“, sagte ich ohne jeden Groll. Mein Hass war lange vergangen.
    „Ja“, gestand sie. „Das ist wahr. Musste ich es denn nicht tun, um ihre Seele zu retten?“
    Ein Stück Wahnsinn blitzte in ihren Augen, die noch immer aufs Feuer gerichtet waren. Ich unterdrückte den Stich in meinemHerzen, es brachte nichts, darüber zu reden, welche Beweggründe sie für den Mord gehabt hatte.
    „Hast du meine Mutter begraben, oder ihre Asche verstreut?“ Etwas, was mich all die Jahre quälte.
    Erstaunlicherweise war die Ruhe echt, mit der ich diese Frage stellte. Und auch Margret wirkte gefasst, obwohl in uns beiden bereits die Ahnung keimte, wie diese sonderbare, vom Schicksal eingefädelte Begegnung ausgehen sollte.
    „Ich habe die Überreste von beiden in einen Tonkrug gegeben und ihn versiegelt in Bylden Wood vergraben.“
    Sie sagte
ver
graben statt
be
graben. Dieser kleine, scheinbar unbedeutende Unterschied entlockte mir ein leises, doch bedrohliches Knurren.
    „Wo genau?“
    „In der Hütte, wo du auf deinen Tod gewartet hast“, erklärte sie ohne Umschweife, lachte dann wieder. Ein hässliches Lachen, das ihre Bosheit noch einmal verdeutlichte. „Du warst ihr so nah im Angesicht des Todes und hast es nicht mal gemerkt.“
    Sie beschrieb mir die Stelle, wo der Krug verborgen lag. Ich beobachtete sie dabei, ihr Mienenspiel, jede Bewegung ihrer Augen. Doch ich konnte keine Lüge entdecken. Es gab auch keinen Grund mehr zu lügen. Sie wusste, sie würde in wenigen Minuten sterben und ich wusste es auch. Wir hatten beide gar keine andere Wahl. Dieses eine Mal in meinem Leben war ich sicher, dass es vom Schicksal so gewollt und bestimmt war und keiner von uns das Recht hatte, dem aus dem Weg zu gehen, aus welchem Grund auch immer. Diese Begegnung hatte niemand eingefädelt. Auch nicht Sylion, Kaliste oder Cyron. Sie wussten nichts von meiner Vergangenheit, von Margret und von der Verbindung zwischen uns. Das gehörte einem längst vergangenen Leben an und passte auch nicht in ihre Ränkeschmiede. Zufall nur, dass Cyrons Treffpunkt hier lag, wo Margret sich einen Schlafplatz für die Nacht gesucht hatte. Doch dieser Zufall brachte nun eine endgültige Entscheidung zwischen der einstigen Hohepriesterin und mir. Brachte einen Abschluss für uns beide.
    Sie würde heute Nacht den Tod in meinen Armen finden. Ausgerechnet durch mich, die sie so oft zu töten versucht und dabei jedes Mal versagt hatte. Sie wusste, ich würde in ihrem Geist alles lesen, was sie je vor mir zu verbergen versucht hatte. Mir wurde klar, dass Fragen überflüssig waren. Bald wusste ich alles, was ich wissen wollte und noch viel mehr. Es barg auch ein Risiko, denn ich würde Dinge sehen, die mir das Herz zerreißen konnten. Oder war ich schon so kalt, dass es mich nicht mehr berührte? Ich hatte mich verändert seit meiner Wandlung. Mehr und mehr. Und doch war ein Teil noch immer menschlich und diesem Teil tat Margret unendlich leid, weil sie alles verloren hatte und ihre Niederlage so absolut war.
    „Spar dir dein Mitleid, Melissa. Ich verdiene es nicht.“
    Unsicher blickte ich sie an. Wie sollte sie mir nicht leid tun? Sie lebte auf einem verlassenen Schrottplatz, war eine Obdachlose in einem fremden Land. Und was auch immer zwischen uns geschehen war, wie viele Gründe ich auch hatte, sie zu hassen, sie hatte

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