Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
verhindern oder zumindest einen Anteil an der Vereitelung des Planes zu haben. Das stand seinem Vorhaben, bei Kaliste gut Wetter zu machen, deutlich entgegen.
Verdammte Zwickmühle. Wie kam er da nur raus, um dann seinem Gefängnis zu entkommen?
Draußen erklangen Stimmen, kurz darauf zwei dumpfe Schläge, ein Schatten tauchte an der gegenüberliegenden Wand auf, gefolgt von einem vertrauten Gesicht, das vor der Zellentür auftauchte.
„Dracon!“
Lucien wusste nicht, ob er geschockt oder erfreut sein sollte. Ihn hatte er als Letzten erwartet, aber mit ihm bot sich auch einehervorragende Gelegenheit, seine eigenen Ideale nicht zu verraten und dennoch hier herauszukommen. Es sei denn … Er durfte nicht vergessen, dass sein Dunkler Sohn zu Kalistes Günstling mutiert war und man sich über seine Motive ebenso wenig sicher sein konnte, wie über seine eigenen. Darin war er wirklich sein Sohn. Misstrauen machte sich erst mal in ihm breit.
„Was machst du hier? Dich an meiner Gefangenschaft weiden?“
„Oh, das hätte durchaus seinen Reiz“, gestand der Drache mit einem sardonischen Grinsen. „Aber eigentlich bin ich nur hier, um dich rauszuholen.“
Er hob triumphierend den Schlüsselbund und machte sich daran, den richtigen für das Schloss zu finden.
„Woher wusstest du, wo ich bin?“, wollte Lucien wissen.
„Ich hab gesehen, wie sie dich geschnappt haben. War rein zufällig im Garten von Gorlem Manor, weil ich Franklin etwas bringen wollte. Und da bist du den Bodyguards direkt in die Arme gelaufen.“
„Du hast gesehen, wie sie mich entführt haben und nichts dagegen unternommen?“ Wut kochte in Lucien hoch.
„Wir haben derzeit wohl nicht das beste Verhältnis. Ich hatte keine Lust, meinen Hals für dich zu riskieren. Außerdem wusste ich, wo sie dich hinbringen und wie ich dich hier raus bekomme.“
„Dann hast du dir verdammt viel Zeit gelassen“, zischte Lucien.
Dracon blieb ungerührt, probierte einen Schlüssel nach dem anderen, zog nur mittlerweile die Brauen zusammen, weil keiner passen wollte.
„Ich hatte vorher noch was Wichtiges zu erledigen. Ne gute Tat vollbringen. Versuche mich gerade als Pfadfinder, wie du siehst.“
Er nahm es notgedrungen hin, dass sein Dunkler Sohn den Lässigen spielte und immun gegen die Vorwürfe blieb.
„Wie bist du an den Wächtern vorbeigekommen?“ Lucien traute ihm nicht. Gut möglich, dass er ihm eine Lüge auftischte, um sich wichtig zu machen. Aber woher wusste er dann von seiner Gefangenschaft und wieso war er von den Ghanagouls nicht niedergestreckt worden?
„Die Jungs kennen mich und sind viel zu dämlich, um Verdacht zu schöpfen. Hey, ich bin der Günstling der Königin, das kann echte Vorteile bringen, wie du siehst.“
Lucien schnaubte ob dieser Selbstgefälligkeit. „Günstling, ja? Ein Günstling, der sie jetzt verrät, aber im Verrat warst du ja schon immer gut.“
Dracons Miene erstarrte, langsam zog er den eben gefundenen Schlüssel wieder aus dem Schloss und trat einen Schritt zurück. Panik erwachte in Lucien, als er seinen Fehler erkannte. Es war nicht klug, den Retter zu verhöhnen, egal wie man über ihn denken mochte. Bei der Rettung sollte man nicht wählerisch sein. Wenn er ihn nun hier zurückließ? Er bereute seinen Fehler augenblicklich. Ob es ihm schmeckte oder nicht, im Augenblick sollte er seinen Stolz verdammt noch mal herunterschlucken, bis er wieder frei war.
„Willst du nun raus oder nicht? Wenn dir wichtiger ist, dass ich die Treue halte und nicht zum Verräter werde, musst du es nur zu sagen, Vater. Dann gehe ich und lasse dich hier. Kein Problem, Mann. Die Kerle da draußen wachen in ein paar Stunden wieder auf und leisten dir sicher gerne wieder Gesellschaft.“
Lucien knirschte mit den Zähnen, musste diesmal aber nachgeben. Er senkte den Blick und murmelte eine Entschuldigung. Das war Dracon nicht genug.
„Was? Ich kann dich nicht hören, Mylord. Du musst schon deutlicher reden.“
Hass kochte in ihm, als er dem spöttischen Blick seines einstigen Zöglings begegnete. Und die Tatsache, dass seine Schönheit noch immer dieselbe Wirkung auf ihn hatte wie damals, auch wenn sie heute längst nicht mehr so zerbrechlich war, ärgerte ihn zusätzlich. Er wollte hier raus. Und er wollte diesem Mann wieder nahe sein. Doch beides ließ sein Stolz nicht zu. Zumindest in einem Punkt musste er diesen jetzt überwinden, sonst waren seine Stunden gezählt.
„Es tut mir leid, ich wollte dich nicht beleidigen.
Weitere Kostenlose Bücher