Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
Doch tief in mir wusste ich, dass auch das nichts geändert hätte.
„Du musst es Franklin sagen.“
Sie zögerte und ich spürte, da war noch mehr. Mühsam widerstand ich dem Impuls, in ihre Gedanken zu dringen, um zu lesen, was es war. Schließlich seufzte Jenny tief und schaute mich mit einem so verzweifelt unschuldigen Blick an, dass es mir das Herz zerriss.
„Mel, da ist noch was. Ich bin … schwanger.“
Ich fragte nicht, ob es von einem anderen sein könnte. Schwanger! Von einem Inkubus!
Wie mächtig mochte dieser Dämon sein, wenn er sich in die Mauern des Ordens wagte und ihm gelang, jemanden mit Jennys Fähigkeiten so zu beeinflussen, dass sie sich nicht gegen ihn wehrte und sich auch noch in ihn verliebte? Denn das war sie, es stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
Wer mochte der Vater des Kindes sein? Wessen Samen hatte dieses Wesen geraubt, um Jenny zu schwängern und aus welchem Grund? Jemand aus dem Orden? Mir fiel niemand ein, der dafür in Frage gekommen wäre. Doch dass es nicht einfach nur irgendein Sterblicher war, lag auf der Hand, denn wozu sich die Mühe mit einem Feuerkind machen? Und wenn es dem Inkubus um die Lust allein gegangen wäre, hätte er sie nicht zu schwängern brauchen.
Es ging in erster Linie um ein Kind. Dass die Wahl auf Jenny gefallen war, deutete auf die Notwendigkeit einer besonders ausgeprägten und äußerst zerstörerischen Fähigkeit hin. Den Vater hatte er ganz sicher nach ähnlichen Kriterien ausgesucht. Dieses Kind durfte unter gar keinen Umständen geboren werden, denn wer oder was auch immer es gezeugt haben mochte, es würde das Kind nicht zum Guten nutzen wollen. Noch dazu durften wir bei dieser Konstellation nicht außer acht lassen, dass es womöglich auch hier eine Verbindung zu den Aktivitäten des paranormalen Untergrundes oder gar Sir Maxwell gab. Das Ergebnis blieb immer das gleiche.
Ich drehte Jenny den Rücken zu, unfähig sie anzusehen, während ich innerlich das Todesurteil über ihr Ungeborenes fällte.
„Jenny, du musst mit Franklin reden. Er wird wissen, was zu tun ist. Und er muss etwas tun, denn das hier ist ganz sicher kein zufällig gezeugtes Kind.“
„Aber verstehst du denn nicht, Mel?“, fragte sie flehentlich. „Ich weiß, dass Franklin es töten wird. Deshalb habe ich mich an dich gewandt und nicht an ihn. Ich liebe dieses Kind. Und ich liebe seinen Vater.“
Wütend fuhr ich wieder zu ihr herum und hätte ihr beinah instinktiv ins Gesicht geschlagen. Im letzten Moment beherrschte ich mich, nicht weniger erschrocken über diese Reaktion wie sie. Ängstlich wich sie zurück und ich verfluchte mich für diesen Ausrutscher.
„Verdammt, Jenny, du weißt nicht mal wer der Vater wirklich ist“, fauchte ich. „Josh ist ein Dämon. Er kann keine Kinder zeugen. Der Samen ist nicht seiner. Und wer immer der Vater sein mag, er wird ähnliche Fähigkeiten haben wie du. Ebenso zerstörerische, wenn man sie nicht mit Bedacht kontrolliert. Dieses Kind wurde gezeugt, um zu vernichten. Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich tatenlos zusehe.“
Schluchzend glitt Jenny am Stamm herunter und kauerte sich zwischen die mächtigen Wurzeln des Baumes.
„Mel, bitte. Es ist mein Kind. Ich liebe es doch.“
„Meine Göttin, Jenny, der Teufel allein weiß, was das für ein Kind sein wird. Vielleicht sogar das Seine höchstpersönlich. Du kannst es unmöglich zur Welt bringen.“
Ihr Schluchzen wurde lauter. Die Tränen rannen über ihr schönes Gesicht und ihre großen blauen Augen blickten mich hilfesuchend an. Es zerriss mich, doch ich blieb unnachgiebig. Dankte in diesem Moment dem Dämon, der in mir lebte, dass er mein Herz zu Eis werden ließ, wenn ich es so wollte. Und doch hätte ich Jenny am liebsten schützend in die Arme genommen. Sie und das Kind. Dieses unschuldige, ungeborene Wesen. So es hoffentlich noch unschuldig war. Denn falls nicht, würde Jenny möglicherweise sterben, wenn wir versuchten, es zu töten.
„Komm jetzt“, sagte ich sanfter und fasste sie bei den Schultern, um sie hochzuziehen. „Lass uns zu Franklin gehen und mit ihm reden. Dann sehen wir weiter.“
Seit dem Vorfall mit Dracon duschte Warren mehrmals täglich, doch das Gefühl beschmutzt zu sein, wollte nicht weichen. Auch nicht mit literweise heißem Wasser, das ihm die Haut verbrühte, und Tonnen von Duschgel, das inzwischen ebenfalls mehr Schaden als Nutzen brachte.
Heiß wie das Wasser waren auch seine Tränen. Der Schmerz war dabei
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