Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
genügend Nachschub bekam, bis sein Hunger gestillt und sein Körper vollends genesen war.
Nervosität war untypisch für Steven, doch der Anschlag auf die Bar ging ihm nicht aus dem Kopf. Ihn schauderte, wenn er an die vielen Verletzten dachte. Einer jungen Frau und einer Lycanerin hatten sie nicht mehr helfen können. Wer steckte dahinter? Und woher stammten die Waffen? Sogar der Polizei war diese neuartige Munition unbekannt und mit herkömmlichen Pistolen und Gewehren konnte man sie nicht abschießen. Eine Keramik- Metalllegierung. Silber und eine fremde Substanz waren in den Kugeln eingearbeitet. Einige aus dem Untergrund meinten, jemand wäre irgendwie an Elektrum herangekommen. Er konnte sich nicht vorstellen, wie jemand das zuwege bringen sollte. Abgesehen von ein paar Artefakten, die großteils im Besitz der Ashera waren, gab es kein frei zugängliches Elektrum. Dazu müsste jemand schon verdammt tief in die Unterwelt hinab. Das würde keiner riskieren.
Sein Mund war trocken, er beäugte jeden, der ihnen begegnete noch misstrauischer als gewöhnlich.
„Was ist los mit dir?“, fragte Slade. „Man könnte meinen, dir sitzt heute die Angst im Nacken.“
Steven schnaubte. „Das kannst du laut sagen, Mann. Manchmal möchte ich Mel für ihren Hitzkopf übers Knie legen.“
Sein Freund lachte mit mildem Spott. „Da bist du nicht der Einzige, aber irgendwie kriegt es keiner richtig hin.“
Er klopfte ihm auf die Schulter und Steven quälte sich ein Grinsen ab. Dennoch blieb das Gefühl, an jeder Ecke wartete jemand, der ihn einen Verräter nannte, weil er mit jemandem von der Ashera befreundet war. Mels Ansehen im PU war geteilt. Die einen bewunderten sie, die anderen hassten sie. Bislang war es kein Problem gewesen, dass sie Freunde waren, aber nach dem Anschlag gingen schnell erste Gerüchte herum, dass der Orden etwas damit zu tun hatte, wobei die meisten im Untergrund die Ashera und die Lux Sangui über einen Kamm scherten.
Auch unter den Straßen von Miami gab es feste Treffpunkte. Die waren nicht so gemütlich wie das Leonardo’svor dem Anschlag, dafür genoss man die Sicherheit, unter seinesgleichen zu sein. Keine Menschen, keine unerwünschten Beobachter und hoffentlich auch keine Attentäter.
Steven kam sich schäbig vor, als mehrere Mitglieder des Paranormalen Untergrundes ihn wie einen guten Freund begrüßten. Er hatte es sich einfacher vorgestellt, als Spion zu arbeiten. Nur ein paar Informationen besorgen. Er log niemanden an, was seine Verbindung zu Mel und der Ashera anging. Trotzdem fühlte er sich manchmal wie ein Verräter an seinesgleichen, wusste nicht mehr, auf welcher Seite er eigentlich stand. Viele Ziele des Untergrundes klangen nicht abwegig. Nicht alle wollten die komplette Kontrolle und viele waren bereit, sich die Welt mit den Menschen zu teilen. Als Gleichberechtigte. Sie wollten nur nicht mehr für ihre Natur gejagt, verachtet oder ignoriert werden.
Aber dann waren da die harten Zellen. Vergleichbar mit Widerstandskämpfern, die auch vor Gewalt und Terror nicht zurückschreckten. Er ertappte sich bei der Frage, ob nicht aus diesen Reihen jemand Gründe haben könnte, ein Ziel wie die Bar anzugreifen. Von denen hielt sich Steven fern, daher wusste er zu wenig über sie. Eigentlich unterschieden sich PSI-Wesen und Menschen kein bisschen voneinander. Auf beiden Seiten gab es solche und solche. Wenn Steven die Zeitung aufschlug, fragte er sich oft genug, wer hinter einem Verbrechen oder Terrorakt steckte und mit welchen Zielen.
„Hey, Stevie! Gute Arbeit bei Ruffgard.“
Ein Luchsar stellte ihm und Slade einen Drink hin. Sein Freund zögerte nicht und prostete dem Raubkatzenmann freundlich zu. „Die Kugel hat ihm echt fast das Leben ausgepustet.“
„Ist ja noch mal gut gegangen“, spielte Steven es herunter und leerte das Glas in einem Zug. Dabei hatten die Chancen wirklich fifty-fifty gestanden. Die Kugel war im Rücken eingedrungen, hatte den linken Lungenflügel zerfetzt und die Herzkammer gestreift, ehe sie im Brustbein stecken blieb. Eine solche OP war schon mit einem kompletten Team schwierig, allein und in aller Heimlichkeit fast aussichtslos. Ruffgards Glück, dass er in dieser Nacht vor gut zwei Monaten nahe der Klinik angeschossen worden war und dann auch noch zum Ende von Stevens Schicht. Sonst wäre jede Hilfe zu spät gekommen.
„Dank dir ist er dem Tod noch mal von der Schippe gesprungen, Kumpel. Es ist gut, dass wir jetzt einen Ort haben, wo wir
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