Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
allein war. „Entschuldige bitte.“ Er ergriff die Hand, die tröstend auf seiner Schulter lag. „Es ist wohl die Sorge eines Vaters um seine einzige Tochter.“
Armand küsste seinen Scheitel. „Mel hat viele Freunde und ist selbst eine starke Frau. Ihr wird schon nichts passieren.“ Als Franklin noch immer nicht ruhiger werden wollte, zeigte auch sein Freund Sorgenfalten. „Was bedrückt dich, Franklin? Gibt es noch was, das ich wissen sollte?“
Er seufzte. Es hatte sowieso keinen Sinn, Armand etwas vorzumachen. „Donald Rybing, ein hohes Mitglied der Lux Sangui, hat Mel in Verdacht, ebenfalls mit dem Untergrund oder bestimmten Zellen innerhalb des PU zusammenzuarbeiten. Das heißt wohl, sie steht bei denen unter Beobachtung.“
„Das ist nicht gut, oder?“
Franklin schüttelte den Kopf. „Das ist für keinen von uns gut. Für den Orden am allerwenigsten.“
„Aber es weiß doch inzwischen jeder in der Ashera, dass Mel eine von uns ist, oder?“
Die Frage hatte er schon lange erwartet. Anfangs war er bemüht gewesen, nur bestimmten Mitgliedern des Ordens von Melissas neuer Natur zu erzählen, doch die Vorkommnisse der letzten Jahre konnte man nicht unter den Teppich kehren. Deshalb war eine Vertuschung nicht länger möglich. Dem Magister wollte er es noch immer nicht auf die Nase binden. Ob sie es wussten? Vermutlich, aber solange keine Fragen von dort kamen, sah er auch keinen Grund, Antworten zu geben. Deshalb beunruhigte ihn dieses Telegramm umso mehr. Es stand nicht explizit darin, dass man ihr als Vampir diese Kontakte unterstellte. Auch Menschen sympathisierten oft mit dem Paranormalen Untergrund. Was war wohl schlimmer? Und wie lange wollte er sich noch etwas vormachen? Armands Frage zwang ihn geradezu, den Tatsachen ins Auge zu sehen, mit aller Konsequenz. „Ich gehe davon aus, dass es schon lange kein Geheimnis mehr ist.“
„Das ist auch besser so“, meinte Armand. „Wenn du sie unter diesen Umständen nämlich noch immer decken würdest, wären sowohl sie als auch du umso verdächtiger.“
Franklin seufzte. „Es wäre alles nicht so schlimm, wenn es nicht seit einiger Zeit immer wieder zu Übergriffen aus dem PU kommen würde. Bisher sind es zwar nur leichte Verletzungen und Sachbeschädigung, die auch nicht eindeutig zuzuordnen sind – jedenfalls von den weltlichen Behörden nicht – aber das bringt natürlich Unruhe. Da bedrückt es mich umso mehr, wenn Mel in die Schusslinie gerät.“
Diese Bedenken konnte Armand verstehen und teilte sie. Mels hitziges Temperament hatte sie schon häufiger in brenzlige Situationen gebracht. Es war schwer, sie zu zügeln, wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte.
Es klopfte erneut. Wieder war es Maurice. „Leider noch eine Nachricht, Franklin. Es scheint mit der von vorhin in gewissem Zusammenhang zu stehen. Soll ich …?“
„Nein, nein.“ Er winkte ab. „Ich habe Armand von den Anweisungen erzählt. Wenn es mit dem Untergrund oder Mel zu tun hat, sollte er es wissen.“
Maurice war anzusehen, dass er anderer Meinung war. Im Gegensatz zu John stand er Vampiren innerhalb des Ordens nur bedingt offen gegenüber. Jedenfalls nicht bei Interna. John! Er hatte sein Leben für Franklin geopfert. Ein grauenvoller Tod, durch die Hand der Ammit zu sterben. Noch immer fragte er sich häufig, wo Johns Seele heute war. Die Antwort würde auf ewig ein Geheimnis bleiben.
Er nahm den Umschlag von Maurice entgegen, der einen Moment unschlüssig im Raum stand, bis Franklin ihn mit einem Nicken entließ. Armand beäugte das Papier amüsiert.
„Im Zeitalter von E-Mail und Handy recht antiquiert, findest du nicht?“
Franklin lächelte nachsichtig. „Du vergisst die Wurzeln des Ordens. Und wie unsicher moderne Datenübertragungenoftmals sind. Da sind wir gern antiquiert.“
Er überflog die Nachricht und wurde blass. Mit jeder Zeile fühlte er die Kraft mehr aus seinen Beine weichen, sodass er sich schließlich setzen musste. Besorgt ergriff Armand seinen Arm und sah ihn fragend an. Franklin war so aufgewühlt, dass er einen Moment lang keinen klaren Gedanken fassen geschweige denn Worte finden konnte. Daher reichte er seinem Freund wortlos die Notiz, der kurz darauf ebenso geschockt dreinschaute.
„Ein Anschlag? Wer? Gegen wen?“
„Nun, das Leonardo’s ist inzwischen bekannt dafür, dass sich Mitglieder des PU dort treffen.“
„Merde!“, entfuhr es Armand. „An dem Abend wollte Melissa zusammen mit Steven das Treffen
Weitere Kostenlose Bücher