Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
sehen“, schaltete sich Armand ein und stellte sich schützend vor mich. „Es hat noch nie ein Vampir versucht, dorthin zu gehen.“
„Richtig. Nicht einmal Tizian hat gewagt, seinem Vater einen Besuch abzustatten. Sogar Kaliste war nicht mehr dort, seit der Fluch der Hexe Wahrheit geworden ist. Warum wohl?“ Lucien baute sich triumphierend auf.
Raphael musste zugeben, dass Tizian es nicht wagte, das Risiko einzugehen, weil Luciens Worte möglicherweise stimmten. „Aber wenn es jemand schafft, dann du. Weil es dir bestimmt ist.“
Ich hob abwehrend die Hände und drehte mich weg. Das wurde mir alles zu viel. Meine einzige Hoffnung bestand darin, mein Leben zu riskieren. Schön, das war vorher genauso gewesen. Ob ich nun Kaliste oder den Weg zu Magotar als Gefahr einsetzte, spielte keine Rolle, außer, dass ich damit insgesamt zwei Mal mein Leben riskieren musste – falls ich das erste Mal überlebte. Und wofür? Für wen tat ich das? War Tizian mir so viel wert? Ich hatte ihn nur zwei Mal im Leben gesehen. Er verlangte etwas von mir, das in keinem Verhältnis zu dem stand, was uns verband. Und Lucien? Er gab zu, mich darauf vorbereitet, mich bewusst manipuliert zu haben, weil er das als mein Schicksal sah. Für ihn zählte am Ende nur die Macht, die es ihm verschaffte, wenn Kaliste starb und er ihre Nachfolgerin unter seiner Kontrolle hatte. Das war es doch, nicht wahr?
Armand spürte, was in mir vorging. Er trat hinter mich und legte mir seine Hand auf die Schulter. „Ma chére, du weißt, dass ich mir nichts mehr wünsche, als dass du nicht die Schicksalskriegerin wärst und wir einfach unsere gemeinsame Ewigkeit miteinander genießen könnten. Mich interessieren diese Ränkespiele nicht und mir ist es egal, ob du eine Auserwählte bist. Du bist meine Auserwählte, nur das zählt. Aber wir wissen beide, dass Kaliste nie aufgeben wird, wenn man sie nicht aufhält. Das haben die letzten Jahre gezeigt. Wir haben so viel durchlitten – gemeinsam und getrennt. Haben mehr als jeder andere in diesem Raum zu spüren bekommen, dass sie uns immer als Bedrohung sehen wird. Du weißt, wozu sie fähig ist und wohin es führt, wenn sie jemals ihren Plan verwirklichen kann.“
Er drehte mich zu sich um, nahm mein Gesicht in seine Hände. In seinen Augen schimmerten Tränen, wie in meinen. Sein Kuss war sanft, schmeckte aber nach Endgültigkeit. „Wir haben keine Wahl“, flüsterte er. „Und das wissen wir beide. Doch gemeinsam werden wir es schaffen. Für uns, unsere Liebe und für unsere Freunde.“
Ich nickte. Eine Träne floss über meine Wange. Er hielt mich fest im Arm, als wir in den Kreis der anderen traten. „Wir wagen es.“
Bittere Wahrheit
N euguinea. Im Urwald gab es einen Eingang, den Schattenjäger nutzte, wenn man ihn in die Unterwelt rief, um ihm einen Auftrag zu erteilen. Letzte Nacht hatte er uns gestanden, dass Magotar ihm dort auch befohlen hatte, die Ammit zu töten. Kaliste hatte die Dämonin benutzt, um an die Ringe der Nacht zu kommen. Schattenjäger sollte dem ein Ende setzen, ohne dass Kalistes Schuld ans Licht trat. Magotar schützte seine Tochter.
Lucien war überzeugt, dass meine Instinkte mir sagen würden, was zu tun war und diese Reise nur ein unnötiges Risiko darstellte. Da niemand seinen Bedenken Beachtung schenkte – einschließlich Blue und Cyron, hatte er uns schließlich wutentbrannt verlassen.
Ich glaubte zwar inzwischen, dass mir der Kampf vorbestimmt war, nicht aber der Sieg. Die Schriftrolle aus Ägypten – die Prophezeiung des Orakels – sagte ganz klar ‚wenn sie siegreich ist’. Das bedeutete, ich konnte ebenso gut scheitern. Ich bezweifelte, dass dieses Argument meinen Lord überzeugt hatte. Eher die Erkenntnis, dass er allein gegen den Rest von uns stand.
Mir blieb keine Zeit, mir Sorgen zu machen, wie er nun in der Folge reagieren würde, denn in einer Woche schon sollten wir uns mit Schattenjäger im Dschungel von Neuguinea treffen. Bis dahin gab es einiges vorzubereiten.
Blue hatte mir versichert, dass Cyron keinen Ärger mehr machte und dass er bis zu unserer Rückkehr versuchen wollte, mehr über Rybings Pläne zu erfahren. Damit brachte er sich in Gefahr, das war mir klar. Ich begann, ihm zu vertrauen, nachdem er das für uns riskierte, auch wenn ich mir über seine Loyalität noch immer nicht im Klarenwar. Auf meine Frage, auf welcher Seite er stand, hatte er nur grinsend geantwortet, meist auf seiner eigenen.
„Ich komme mit euch“, riss
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