Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
zittert, ist schweißüberströmt und bewusstlos. Die Wunde ist völlig verquollen und der Brustkorb aufgebläht, sein Gesicht schwillt zu und er zeigt alle Merkmale eines allergischen Schocks. Was soll ich machen? Wenn das so weitergeht, sieht er in ein paar Minuten nicht mal mehr aus wie ein Mensch.“
Ein aufgrund von Elektrum deformierter Vampirkörper war kein schöner Anblick. Dann hatte es wohl ein größeres Gefäß erwischt, wenn der Körper so schnell vergiftete. Steven überlegte fieberhaft. „Ist Jessi da?“
„Ja. Soll ich ihn von mir trinken lassen?“
„Nein, verdammt!“, stieß Steven hervor und war schockiert, dass Thomas darüber nachdachte. „In seinem Zustand würde er dich bis zum letzten Tropfen aussaugen, weil er keine Kontrolle mehr über sich hat. Fixier ihn und hol Jessi dazu. Sie ist auch ein Vampir und kann dir helfen. Ich bin gleich da.“
Er fluchte, dass er noch nicht dazu gekommen war, sich ein neues Motorrad zu besorgen. Mit dem Maverick dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis er endlich am Medical ankam. Jessi fing ihn schon am Eingang ab.
„Du hättest mir wenigstens sagen können, dass du Thomas eingeweiht hast“, zickte sie.
Vermutlich mehr aus Eifersucht, deshalb ignorierte er es. „Wie steht es um den Patienten?“ Er streifte den weißen Kittel über, den Jessi mitgebracht hatte, und versuchte, normal zu klingen, als sei er überraschend zum Dienst eingeteilt worden und es absolut korrekt, dass er hier war.
„Nicht gut. Wir bekommen die Blutung nicht gestillt und die Riemen halten ihn natürlich nicht fest. Ich weiß nicht, wie wir das operieren sollen, solange er nicht wieder bei Bewusstsein ist und mitarbeiten kann.“
Thomas zog wieder die Riemen fest, als sie den Behandlungsraum betraten. Der Anblick war erschütternd. Wasda auf der Trage lag, konnte kaum noch als Vampir bezeichnet werden. Eine zuckende, aufgequollene Masse, aus der unaufhörlich Blut pumpte. Mit weiß geschäumten Lippen und einem grauen Überzug, der mal seine Haut gewesen sein mochte.
„Jessi, blockier die Tür. Ich hab keinen Bock auf Überraschungen.“
Sie zögerte nicht, sondern legte die Elektronik lahm.
„Ich hab ihm noch nichts gegeben, weil ich nicht wusste, wie ihr auf Medikamente reagiert“, erklärte Thomas.
„Meistens gar nicht“, gab Steven zurück und machte sich an die Untersuchung. Wo hätte Thomas hier auch eine Nadel ansetzen sollen? Da fand man keine Vene mehr. Steven konnte das Elektrum schon spüren, wenn er nur seine Finger auf die Wundränder legte. Die Kugel war direkt neben dem Brustbein eingedrungen. Da hatte jemand aufs Herz gezielt. Der Knochen musste das Geschoss abgelenkt haben, sodass es gut zwei Zentimeter unterhalb des Herzens in der Lunge stecken geblieben war. Er bezweifelte dennoch, dass der Vampir es überleben würde. Dafür war der toxisch-allergische Prozess schon zu weit fortgeschritten.
„Die Lederbänder halten ihn nicht, wenn wir anfangen, ihm den Brustkorb aufzuschneiden.“
„Wenn wir was …?“ Thomas war geschockt. „Hier drin? Wir haben doch überhaupt keinen OP-…“
„Thomas, das ist kein Mensch. Vergiss, was du im Studium gelernt hast. Das funktioniert hier nicht.“
Er hatte jetzt keine Zeit, seinem Freund zu erklären, was sie tun mussten und was passieren konnte. Jessica brauchte zum Glück keine Anweisungen. Sie kramte in den Schubladen und förderte rasch alles zutage, was sie für den Eingriff benötigten. Steven riss derweil die Griffe von einem Materialwagen ab, ignorierte Thomas’ Gesichtsausdruck und fixierte die Arme und Beine des Patienten an der Trage, indem er die Metallrohre um seine Gelenke bog.
„Das muss gehen.“
Er nahm eine Zange und reichte sie an Thomas weiter. „Ich werde ihn jetzt aufschneiden, Jessi saugt das Blut ab. Sobald du etwas glitzern siehst, pack mit der Zange zu und zieh es raus.“
„Und wenn ich eine Aorta verletze?“
„Du kannst ihm meinetwegen auch einen Lungenflügel rausreißen oder das Herz in der Mitte durchknipsen, das ist scheißegal. Nur das Elektrum muss aus seinem Körper, sonst ist er eh im Arsch.“
Der einzige Vorteil, den das giftige Metall brachte, war, dass die Wunde offen bleiben würde, wenn er den Brustkorb aufschnitt.
„Fertig?“, fragte Steven und schaute seine beiden Helfer an.
Jessi war die Coolness in Person.
Thomas zögerte, nickte dann. „Also los.“
Mit einer OP-Säge wäre es einfacher gewesen. Das Skalpell verbog sich an der festen
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