Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
und es rausholen. Ich schätze, es ist eine Kugel oder ein Metallsplitter, irgendwas in der Art. Tut höllisch weh. Der Rest kommt von allein, wirst du sehen. Und das will ich den Kollegen nicht erklären müssen.“
Er sah Thomas an, dass ihm das nicht recht war, dennoch willigte er ein und quartierte Steven im Materiallager ein.
„Ich bin gleich zurück.“
„Skalpell und Pinzette reichen. Und ein paar Klamotten“, rief er seinem Freund nach.
Als Thomas weg war, ließ sich Steven erschöpft zu Boden sinken, legte sich auf den Rücken und blieb still liegen. Das Blut rauschte in den Ohren, prickelte an den Wunden und ließ neues Fleisch wachsen. Es richtete die zersplitterten Knochenteile, schob das Becken wieder gerade. Nur bei dem Loch in seiner Schulter verfehlte es seine Wirkung. Was zur Hölle war das? Für Elektrum war es nicht stark genug, sonst hätte er längst das Bewusstsein verloren, denn etliche Blutgefäße waren zerfetzt.
Thomas kam zurück und stand einen Moment ungläubig in der Tür. Steven hob mühsam den Kopf und blickte an sich hinunter. Das Bein war fast wieder wie neu.
„Kannst du dich ein bisschen beeilen? Das tut höllisch weh.“
Thomas verriegelte die Tür, kniete sich neben ihn und drücke ihm eine kleine Lampe für Augenuntersuchungen in die Hand. „Hier, halte das. Sonst sehe ich nicht, wo ich schneide.“
„Kein Drama. Wächst alles wieder zusammen, solange du nur das Ding aus mir rausholst.“
„Hey, sonst kannst du es gar nicht abwarten, bis ich das Ding in dich reinstecke.“
Steven musste lachen, obwohl es ihm fast den Brustkorb zerriss.
„Soll ich dir was gegen die Schmerzen geben?“
Er schüttelte den Kopf. „Gib Gas. Sonst ist meine Schicht rum, bis wir hier fertig sind.“
„Du willst doch damit nicht mehr arbeiten!“
Für solche Diskussionen hatte er jetzt keinen Nerv. „Thomas! Fang endlich an!“
Der Schnitt war nicht halb so schlimm wie das Pochen in seinem Fleisch. Er versuchte, nicht daran zu denken, wie Thomas mit der Pinzette in seinem Schultergelenk herumstocherte und nach etwas suchte, wovon er nicht einmal wusste, wie es aussah. Schweißperlen rannen ihm übers Gesicht, brannten in seinen Augen. Dann endlich der erlösende Satz.
„Ich hab’s!“
Was Thomas herauszog, hatte mehr Ähnlichkeit mit einer Pfeilspitze als mit einer Kugel. Rein optisch sah es aus wie Messing. Darum konnte sich Pettra kümmern. Die Daywalkerin hatte sich notdürftig ein neues Labor eingerichtet und sie nutzten ein Schließfach, um zu kommunizieren.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich dich mal zusammenflicken müsste“, meinte Thomas, dem ebenfalls der Schweiß auf der Stirn stand.
„Na ja, flicken tut mein Körper das schon selbst.“
„Ist das immer so bei euch?“
Steven zuckte die Schultern, registrierte, dass der Schmerz sekündlich schwächer wurde. „Das dunkle Blut heilt jede Verletzung. Je schlimmer, desto länger braucht es. Verbrennungen ab dem dritten Grad dauern ihre Zeit. Und wenn wir mit Elektrum in Berührung kommen, wird der Prozess ausgeschaltet.“
Thomas hob überrascht die Brauen. „Ich dachte, so ein Zeug gibt es nur in den Legenden von Atlantis.“
„Fast. Ist ne längere Geschichte. Erzähl ich dir mal bei Gelegenheit.“ Er wechselte die Klamotten und war sich Thomas’ Blicken durchaus bewusst. „Ich muss noch das Bike von der Straße räumen. In zehn Minuten bin ich da.“
„Steven?“
Thomas’ Blick zeigte immer noch Sorge – und Sehnsucht. Er zog dessen Kopf zu sich heran und gab ihm einen innigen Kuss.
„Das muss genügen, bis unsere Schicht beendet ist, okay?“
Seine Maschine hatte es nicht minder heftig erwischt wie ihn, nur dass die sich nicht selbst regenerieren konnte. Da würde eine neue fällig werden. Er stellte sie an den Straßenrand, damit sie keine Gefahr für andere Fahrzeuge darstellte, und ging die Straße ab bis zu der Stelle, an der es ihn von den Rädern gehauen hatte. Im Gras unter einem der Bäume fand er, was er suchte. Eine leere Patronenhülse. Scharfschützengewehr. Das wurde ja immer besser.
Auch die Hülse würde er Pettra in einen Umschlag legen. Nach der Schicht. Dabei fiel ihm ein, dass er sich von Thomas nach Hause fahren lassen musste. Hoffentlich war Weezle bis dahin verschwunden. Nach dem Schock konnte er ein wenig Entspannung später gut gebrauchen.
„Du willst … was?“
„Urlaub“, antwortete Franklin ungerührt. Es war ihm ein inneres Fest, Maurice damit aus der
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