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Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)

Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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verstand, weil auch seine Trommelfelle unter der mörderischen Glut zerplatzt waren und nur langsam wieder verheilten. Es klang mehr nach einem Murmeln, das ihn zusehends beruhigte und in den erlösenden Schlaf zurückschickte, in dem er all der Qual entkommen konnte.
    Beim erneuten Erwachen hatte der Schmerz nichts an Intensität eingebüßt, doch noch immer hielt jemand seine Hand und sprach zu ihm. Erleichterung durchströmte ihn, dass er nicht allein war. Er wusste nicht, wer an seiner Seite saß, doch das Gefühl der Dankbarkeit machte ihn benommen. Sein barmherziger Samariter wusch die Wunden mit kühlem Nass. Es biss erbärmlich im ersten Moment, aber er glaubte aus den undeutlichen Worten etwas von Kräutern und Linderung zu vernehmen, weshalb er sich schließlich entspannte und ihn gewähren ließ. Eine andere Wahl hatte er ohnehin nicht. Die Schwäche, die der überstandene Anfall zurückgelassen hatte, nagelte seine Glieder auf dem Lager fest.
    In regelmäßigen Abständen hob man seinen Kopf an, auch wenn dies stets die frisch heilende Haut an Nacken und Schultern wieder aufriss. Er wollte protestieren, besaß jedoch die Kraft nicht. Ein Becher mit einer Flüssigkeit wurde an seine Lippen gepresst, er konnte weder riechen noch schmecken, was das war. Vermutlich kein Verlust, Medizin schmeckte stets scheußlich. Dennoch ließ er sich den zähen Inhalt bereitwillig einflößen, nachdem er merkte, dass er für kurze Zeit Linderung brachte. Möglicherweise ein Betäubungsmittel oder eine Droge. Ihm war es egal. Solange nur der Schmerz nachließ. Wenn es nach ihm ging, sollte man ihm nur ordentlich viel davon geben, vielleicht wachte er dann nie mehr auf. Das wäre eine Erlösung. Entspräche dem, was er von Anfang an geplant hatte. Zwar merkte er, dass die Wunden heilten, doch der Prozess schritt langsam voran und bereitete zusätzliche Pein. Es fühlte sich an, als ob Fleisch und Haut langsam über seine Nervenenden krochen, um wieder zueinanderzufinden. Das darunterliegende Gewebe dabei aufschabten, sodass die Heilung mehr Schein als Sein war. Elektrische Impulse ließen ihn unkontrolliert zucken und schaudern. Er war sich jeder Faser seines Körpers so deutlich bewusst wie nie zuvor, hätte mit der Präzision eines Mediziners sagen können, wie die einzelnen Teile seines Organismus zusammenarbeiteten und viel dafür gegeben, es weniger spüren zu müssen.
    Dankbar ergab er sich daher dem Schlaf, wenn der ihn nach dem Trunk für kurze Zeit von seinem Martyriumerlöste, auch wenn er ihm sogleich ein anderes bescherte. Im Schlaf kamen die Träume. Vage Erinnerungen an einen Kampf tief in seinem Inneren. An Sehnsucht und Verlangen, Hoffnung und Enttäuschung. An eine verbotene Versuchung, die Gier und Ekel hinterließ. Er taumelte wie ein Betrunkener, fühlte sich im vertrauten Leben plötzlich fremd, gehörte nicht länger dazu und war doch mehr Teil davon als je zuvor.
    Ängste ergriffen von ihm Besitz. Zweifel … nein: Verzweiflung! Er fürchtete sich vor sich und den eigenen Taten. Genauso taten es die Menschen, die er liebte. Die ihm nahestanden und nun zusehends entglitten. Sie zogen wie Geister vor seinem inneren Auge vorbei, bis er sie verlor. So wie er sich verlor. Vertrauen, das zu Argwohn wurde. Liebe, die in Hass umschlug. Ihm schwindelte in diesem Strudel widersprüchlicher Gefühle. Er fühlte sich in die Enge getrieben, ausgeliefert einem Wesen, das er nun war, das in ihm pulsierte, ihn beherrschte. Das er nicht akzeptieren konnte und schon gar nicht zu bändigen vermochte. Es veränderte ihn, bis er sich selbst nicht mehr kannte, nicht mehr wusste, wie viel von ihm noch übrig war. Es trieb ihn zur Flucht in den Tod, weil nur der seinem Leid, seiner Hilflosigkeit ein Ende setzen würde.
    Der Ausweg in den Strahlen der Sonne und die erlösende Wärme, als sein Körper in Flammen aufging. Da war kein Schmerz, nur Verlockung. Hoffnung auf ein Ende des Chaos, das in ihm tobte. Der Schmerz war erst viel später gekommen, als seine Flucht fehlschlug, ihm der Ausweg nicht gewährt wurde.

     
    Vor Kurzem hatten Armand und ich ein Haus in Miami in der Nähe des Hafens erworben, nachdem auch Pettra und Slade hierher gezogen waren. Mit Steven verband uns ohnehin eine innige Freundschaft und auch der Kontakt zu Lucien verlief harmonisch trotz allem, was geschehen war. Armand behielt seine Wohnung in London und war häufiger dort als ich. Er und Franklin waren sich wieder näher gekommen, was mich

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