Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
gab, das seiner Aufmerksamkeit wert war.
Umso überraschender kam es, dass Lucien ihn urplötzlich packte und niederzwang. Seine Kraft hatte nichts Menschliches an sich. Verursachte das Mittel bei ihm möglicherweise Nebenwirkungen? Die Erfahrung wäre ebenso neu wie reizvoll. Er schrie auf, als Lucien fest zupackte, seine Nägel so tief in Blues Fleisch grub, dass er blutete. Sie rangen miteinander, er versuchte, die Oberhand zu gewinnen, musste aber erkennen, dass er kräftemäßig einen ebenbürtigen Gegner gefunden hatte.
Normalerweise beugte er sich nie, ordnete sich keinesfalls unter, aber er hatte auch nie einen derart dominanten Gegenpart im Bett gehabt. Warum also nicht? Blue entschied nachzugeben, bot sich Lucien dar und ließ sich in Besitz nehmen, was ihm ein atemloses Keuchen entlockte. Das Gefühl, ausgeliefert zu sein, nahm überhand, ließ ihn den Speer noch intensiver spüren, der in ihn drang.
So ganz wollte er nicht kapitulieren. Die Reste des Plättchens lagen noch unter seiner Zunge. Er holte sie hervorund küsste Lucien abermals auf den Mund, strich aufreizend mit der Zungenspitze über den Amorbogen, bis er die Lippen öffnete und ihn empfing.
Ein Zucken wie von einem Stromschlag glitt durch seinen Körper. Im selben Moment, in dem Blue einen Stich in der Unterlippe fühlte, gefolgt von einem Kupfergeschmack in seinem Mund, gaben die Schutzwälle von Luciens Seele endlich nach und er tauchte in einen tiefen, dunklen See.
Schwerelosigkeit trieb ihn hierhin und dorthin, umspülte seinen Körper abwechselnd mit Kälte und Hitze. Alles trug einen roten Schleier, der ihn irritierte, bis er verstand, dass dieser See aus Blut und Rauch geformt war. Er begann, sich zurechtzufinden, fühlte sich vorwärtsgetrieben von den fordernden Stößen seines Geliebten und wählte einen Fixpunkt aus, an dem er das erste Tor öffnete.
Dahinter sprang ihm eine mit Reißzähnen bewehrte Bestie entgegen. Blue duckte sich instinktiv, fühlte Feuer auf der Haut und sich durch einen engen Schlund gezwängt, als etwas ihn verschlang. Schnell rief er ein zweites Tor herbei. Doch was dann passierte, ließ ihn erstarren vor Schreck. Noch nie zuvor hatte sich ein Tor gegen ihn gerichtet. Er fühlte, wie es nicht Luciens Geist öffnete, sondern seinen. Die Droge begann in ihm zu wirken. Wo war seine Immunität? Ihm wurde schwindelig. Das Wasser wurde zu einem Strudel, der ihn umherwirbelte. Kalte Finger griffen nach seinen Erinnerungen. In einem letzten Versuch öffnete er ein drittes Tor, was zur Folge hatte, dass sich seine und Luciens Gedanken überlagerten. Er spürte einen stechenden Schmerz an seiner Kehle, danach einen Sog, der ein Bild nach dem anderen aus den Tiefen seines Geistes hervorzog.
Er sah sich im Kreis seiner Auftraggeber, und von weit hinter deren Reihen kam diese Kleine heran, die Cyron Gowl verfolgt hatte. Mit Lucien an ihrer Seite. Dann drückte irgendjemand auf den Speedknopf und alle Bilder flimmerten so schnell durcheinander, dass er nur noch vage ihre Bedeutung verstand, hoffte, dass es dem anderen genauso ging und schließlich gar nichts mehr dachte, als der Orgasmus ihn in eine andere Welt katapultierte. Blue erwachte benommen. So was hatte er noch nie erlebt. Er war immun gegen diese Droge, verdammt. Dass sie sich gegen ihn wandte und in einen Rausch versetzte, war ihm neu. Aber es war ein absolut geiles Gefühl gewesen und hatte das Vergnügen mit … Er stockte. Ein Vampir?
Augenblicklich war er hellwach und richtete sich im Bett auf. In einem Lehnstuhl ihm gegenüber saß der attraktive Mann mit den ozeanblauen Augen und lächelte ihn sardonisch an.
„Aufgewacht, mein Schöner?“, fragte er und entblößte beim Lächeln seine Fänge.
Die Erinnerungen an das Erlebte zogen wie ein Film im Schnelldurchlauf vor seinem Inneren vorbei und verursachten Kopfschmerzen. Shit! Bloß keine Geschwindigkeit mehr für heute. Aber schlimmer noch als die schwindelerregende Bilderflut war die Erinnerung, dass sich auch in ihm Tore geöffnet hatten. Lucien wusste alles. Seine Seele hatte vor dem Vampir ebenso bloß gelegen wie dessen Geist vor ihm. Ihm schwante die Gefahr, die das mit sich brachte. Denn als Vampir war er auf Blues Pläne mit Sicherheit nicht gut zu sprechen. Noch mal Shit! Das war jetzt das zweite Mal innerhalb weniger Tage, dass ihm das passierte und er einen Vampir nicht erkannte. Warum mussten sich diese Blutsauger auch heutzutage so perfekt tarnen? Aber er war ja selbst schuld.
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