Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
Trips über sie und Lucien erfahren hatte. Natürlich war es auch möglich, dass Lucien mitbekommen hatte, was er über die Kleine wusste und was für eine Rolle sie in Kürze spielen sollte, doch bei so viel Pech heute Nacht musste er doch wenigstens ein Mal Glück haben. Auf jeden Fall war es den Versuch wert. Langsam hob er den Kopf und funkelte Lucien an, der seinen Blick interessiert, aber gelassen erwiderte.
„Ich kenne deine rothaarige Hexe“, sagte Blue grinsend. „Hab sie neulich getroffen, als sie diesem Gestaltwandler an den Kragen wollte. Die hat eine Stinkwut auf den. Die Lux Sangui sind deswegen in Aufregung, weil sie befürchten, die Kleine könnte ihn plattmachen, ehe ihre Pläne aufgehen. Mich kümmert das, wie du richtig erkannt hast, wenig, wenn ich meine Schäfchen vorher im Trockenen habe. Aber ich möchte wetten, das Mädchen hat keine Ahnung von den Plänen, die du mit ihr schmiedest. Was mich zu der Überzeugung bringt, dass sie auch eine Stinkwut auf dich bekommt, wenn sie die ganze Wahrheit erfährt. Also das, was du ihr noch nicht gesagt hast.“ Falls er überhaupt nah genug an sie rankam, um ihr davon zu erzählen, aber dieses kleine Detail musste er seinem Gegenüber ja nicht auf die Nase binden.
Abermals lachte Lucien, es klang kein bisschen beunruhigt. Das brachte Blue ins Schwitzen. Offenbar konnte ihn auch das weder beeindrucken noch einschüchtern.
„Du bist ja fast so gerissen wie ich. Das gefällt mir.“ Er grinste Blue weiter an, aber in den Tiefen seiner Augen funkelte es dämonisch. Ihm war klar, dass er in der Patsche saß, aber noch gab er nicht kampflos auf. „Nein, sie weiß in der Tat nicht viel“, gab Lucien zu. „Und ich bin sicher, dass sich daran auch nichts ändern wird.“
„Ach tatsächlich?“, fragte er herausfordernd, was mit einem Nicken beantwortet wurde.
„Wir haben beide viel zu verlieren und viel zu gewinnen. Jeder von uns kennt jetzt ein paar Geheimnisse des anderen, die besser verborgen bleiben sollten. Ich glaube, das nennt man ein Patt. Also lass uns einen Handel machen. Du willst nicht, dass die Lux Sangui, die Ashera oder unsere Königin erfahren, was für ein Spiel du treibst. Und ich möchte nicht, dass meine Pläne vorzeitig auffliegen. Weder gegenüber Melissa noch gegenüber Kaliste. Wir können Verbündete sein.“
„Willst du mir etwa weismachen, du vertraust mir?“ Jetzt musste Blue schmunzeln. Das konnte Lucien nicht wirklich glauben. Sie waren eine Gefahr füreinander. Beide, da gab er ihm recht. Aber genau deshalb würde dieser Vampir sicher alles daransetzen, dass er ihn nicht verriet. Er war in seiner Nähe in Gefahr, und was ihn am meisten ärgerte, war, dass er die Stärke seines Gegenübers nicht einschätzen konnte. Auch nicht nach dem, was sie miteinander geteilt hatten. Das machte ihn angreifbar. Blue hasste das Gefühl, wie die Maus in der Falle zu sitzen.
„Ich will dir gar nichts weismachen“, gab Lucien freundlich zurück. „Aber ich halte dich nicht für einfältig undleichtsinnig. Du wirst nicht so dumm sein, dich mit mir anlegen zu wollen. Zumal du nicht weißt, was ich dir entgegensetzen kann. Aber ich kann dich beruhigen, mir geht es mit dir ähnlich.“
„Vielleicht überschätzt du dich auch. Wenn du keine Ahnung hast, wie gut ich bin.“
Lucien neigte den Kopf zur Seite und schürzte tadelnd die Lippen. „Weißt du, ich müsste mich gar nicht selbst um dich kümmern, Dolmenwächter. Ich müsste nur zu meiner Königin gehen und ihr von deinem Verrat erzählen. Von ein paar winzigen Hintergründen, auf die ich einen Blick erhascht habe. Es würde sich für mich lohnen, denn im Moment stehe ich nicht allzu hoch in ihrer Gunst. Das ließe sich damit ändern. Aber eigentlich will ich nicht zu ihr gehen.“
Seufzend musste Blue eingestehen, dass er im Augenblick keine andere Wahl hatte, als sich auf Lucien einzulassen.
„Also gut, was schlägst du vor?“
Zufrieden erhob sich Lucien von seinem Stuhl und kam zu Blue ans Bett. „Arbeite mit mir zusammen. Führe unsere Königin weiter an der Nase herum. Das hattest du ja sowieso vor. Aber pass auf, dass sie dir nicht auf die Schliche kommt.“
„Das wird sie nicht.“
Lucien schüttelte den Kopf. „Unterschätze sie nicht. Kaliste ist gerissener als wir alle zusammen. Ich weiß das, denn ich übe mich seit fünftausend Jahren darin, sie hinters Licht zu führen. Wenn sie merkt, dass du dich gegen sie stellst, können dich auch deine Tore nicht
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