Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
Stunden zu observieren. Der Kerl ist ne Plage!“ Die er liebend gern wieder los wäre. „Aber er ist nicht blöd. Er weiß, dass er auf uns angewiesen ist. Wenn er sich nen netten Abend machen will, soll er doch. Morgen taucht der wieder auf.“
Rybings Lippen waren nur noch ein schmaler Strich. Blue beschlich das ungute Gefühl, dass er das besser nicht gesagt hätte.
„Während Sie Ihren privaten Amüsements nachgegangen sind, hat irgendjemand hier einen Anschlag auf Cyron verübt.“
Blue glaubte im ersten Moment, sich verhört zu haben. Einen Anschlag? Wie der im Leonardo’s? Das sollte wohl ein Witz sein, allerdings sah Rybing nicht nach Humor aus.
„Hat es ihn erwischt?“, wollte er wissen. Ein paar Krokodilstränen konnte er sich abdrücken, wenn es sein musste.
„Nein! Aber er ist auf und davon. Wie die meisten Gestaltwandler, wenn man mit solchen Kugeln auf sie schießt.“
Er warf Blue zwei Projektile vor die Füße, stieg in einen der Wagen und brauste davon. Blue wurde heiß und kalt. Die Einzigen, die über eine Waffe verfügten, die diese Munition abfeuern konnte, waren die Sangui. Und von zwei Pistolen dieser Art war ihm der Aufenthaltsort bekannt. Er hatte das unangenehme Gefühl, dass sich eine Schlinge um seinen Hals legte, die sich jederzeit zuziehen konnte, wenn er nicht verdammt gut aufpasste. Und um deinen hübschen Hals ebenfalls, Melissa Ravenwood. Wenn Rybing erfuhr, dass sie ebenfalls hier war, konnte es passieren, dass er ihr das Ding anhängen wollte. Das Gespräch mit ihrem Vater durfte er nicht auf die lange Bank schieben.
Der Paranormale Untergrund war in den USA am aktivsten. Die Ost- und Westküste am stärksten betroffen, der Rest des Landes wieder ruhiger. In Westeuropa gab es ebenfalls seit längerem Gruppen, doch da traf die Bezeichnung Untergrund noch am ehesten zu, denn sie agierten nicht allzu offensichtlich. Bei ihnen ging es mehr darum, unter sich zu sein oder Wege zu finden, neben den Menschen zu bestehen, ohne dass es zu großen Auseinandersetzungen oder Problemen kam.
Weitaus aggressiver war der PU in Osteuropa. Da unterschieden sich PSIs und Menschen kaum voneinander. Armand hatte daher schon überlegt, ob die Gefahr aus den eigenen Reihen drohte, eine radikale Gruppe mit ihren verweichlichten Brüdern aufräumen wollte. Denkbar immerhin, auch wenn diese Theorie mehr Lücken aufwies als ein Nudelsieb. Er hatte sich früher nicht für diese Leute interessiert, jetzt sah er dies als möglichen Fehler an, denn in der angespannten Situation Zugang zu bekommen, war ungleich schwerer als in ruhigen Zeiten. Seine Fähigkeiten als Computercrack hatten ihm schnell ein paar der gängigsten Treffpunkte verraten, wovon einer zu seiner Überraschung ganz in der Nähe ihrer Londoner Wohnung lag.
Während Mel zuallererst ihrem Vater einen Besuch abstatten wollte, waren sie übereingekommen, dass er sich schon mal ein wenig im Untergrund umsah. Es konnte wichtig werden, herauszufinden, wie viele Freunde – oder auch Feinde – Cyron hier hatte.
In einer Seitengasse führte ein Kanaldeckel nach unten, wo hinter einer eisernen Tür mit der Aufschrift
Toter Schacht
ein vermeintlich stillgelegter Teil des Abwassersystems lag. Armand klopfte in einem bestimmten Rhythmus an die Tür. Dafür hatte er am längsten gebraucht, das Erkennungszeichen herauszufinden. Die Tür schwang auf und er glaubte im ersten Moment an einen geisterhaften Mechanismus. Doch dann zupfte jemand an seinem Hosenbein.
„Neu hier? Kenn dich nicht. Name und Gattung“, quiekte die Sidhe, eine kleine Fee.
„Armand de Toulourbet, Vampir.“ Lügen hätte die Sidhe sofort gespürt. Darum war sie hier. Unscheinbar von Gestalt, aber die Macht der schottischen Feen sollte man besser nicht herausfordern. Nicht einmal als Unsterblicher. Sie musterte ihn aus schmalen Augen, er hielt den Atem an, ob sie ihn einlassen würde. Was sollte er tun,wenn sie ihm den Zutritt verweigerte?
„Wagst viel. Komm rein. Doch nimm dich in Acht.“
Das fing ja gut an. Für ein erleichtertes Aufatmen war es wohl noch zu früh, solange er nicht herausgefunden hatte, was ihre Warnung bedeuten sollte.
Der Gestank von Abwasser schwand, sobald die Sidhe die Tür hinter ihnen schloss. Diffuses Licht erhellte einen trockenen und sauberen Gang. Er konnte bereits Stimmen hören, und in der Luft hing der Geruch von Alkohol und Schweiß. Die Fee blieb am Eingang zurück, wo sie auf einem Schemel hockte und in einer Modezeitschrift
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