Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
blätterte. Armand kicherte innerlich, dass auch bei diesen Wesen Klischees griffen.
Die Bar empfing ihn freundlich und mit viel Licht. Es herrschte reges Treiben, ein monotoner Klangteppich schwebte über dem Raum, der die Worte der Unterhaltungen verschluckte, wenn man sich nicht gezielt konzentrierte. Man schenkte ihm keine Beachtung, also ging er zunächst an die Bar und bestellte sich ein Ale, noch unschlüssig, ob er es wirklich trinken wollte. An Mels Seite war er dazu übergegangen, häufiger menschliche Nahrung zu sich zu nehmen. Und hier konnte es hilfreich sein, mit den anderen anzustoßen. So was schaffte Freunde.
Damit lag er richtig, denn es dauerte nicht lange und ein Bajang gesellte sich zu ihm an den Tresen. In früherer Zeit waren sie überwiegend in Malaysia zu finden, inzwischen hatte die Moderne sie auf der ganzen Welt verteilt. Ihre Arten waren gar nicht so verschieden, wenngleich der Bajang und seine weibliche Form, die Langsuior, sich überwiegend von Kindern ernährten. Armand fühlte Widerwillen aufsteigen, als er daran dachte, doch letztlich taten auch diese Bluttrinker nur, was ihre Natur ihnen vorgab, um zu überleben. Die herausragendste Eigenschaft der Bajang war, sich in einen Iltis verwandeln zu können. Damit waren sie von den etwas kleineren Gefs kaum zu unterscheiden und gelangten ebenso wie diese überall hin, ohne Aufsehen zu erregen. Die Langsuior wechselten dagegen in die Gestalt von Vögeln. Es gab Momente in seinem Leben, da beneidete Armand seine entfernten Verwandten um solche Fähigkeiten, die vieles leichter machten.
„Bist du nicht dieser Vampir, der mit der Ashera-Tussi zusammen ist?“, sprach der Bajang ihn an.
Seiner Stimme war zu entnehmen, dass er provozieren wollte. Armand war nicht so dumm, darauf einzusteigen. Lächelnd drehte er sein Glas und antwortete: „Ja, Melissa arbeitet noch gelegentlich für den Orden. Und auch ich unterhalte freundschaftliche Kontakte mit einigen Mitgliedern. Es sind gute Menschen.“
Der Bajang fletschte die Zähne, wurde aber von einer Erwiderung abgehalten, als sich ein anderer Gast in das Gespräch einschaltete.
„Das sind sie. Sie respektieren uns, zumindest die meisten von ihnen.“ Er trat heran und legte dem Bajang die Hand vor die Brust, um ihn mit dieser Geste zurückzuhalten. Armand fand es interessant, dass sich der andere sofort fügte. „Lass ihn in Ruhe, Rugo.“
Rugo schnaubte, nahm sein Glas und verschwand in der Menge. Der Mann, der sich jetzt auf seinen Platz setzte, sah aus wie ein gewöhnlicher Mensch. Armand musterte ihn aufmerksam, zog Welodan hinzu, der ihr Gegenüber noch auf andere Weise erforschen konnte. Zu seiner Überraschung handelte es sich um einen Gestaltwandler. Jemanden wie Cyron. Das Glück schien auf seiner Seite, es sei denn, der Kerl gab sich nur zum Schein freundlich.
„Ich muss mich für meinen Freund entschuldigen. Er ist normalerweise nicht so.“
Armand winkte ab. „Ein gesundes Misstrauen hat noch nie geschadet.“
Der Gestaltwandler lächelte. „Das stimmt wohl, aber es gab keinen Grund, so unhöflich zu sein. Mein Name ist Alwynn Gottcha. Und da ich dich nicht im Unklaren lassen möchte: Ja, ich kenne Cyron Gowl, doch ich teile nicht seine Überzeugungen.“
Armand sah Alwynn lange an und dieser hielt seinem Blick stand. Die Frage, ob man einander trauen konnte, beantwortete sich oft von allein. In diesem Fall auf beiden Seiten positiv. Schließlich lächelte Armand und prostete Alwynn zu, der ebenfalls sein Glas erhob. Er winkte einige seiner Freunde heran und stellte Armand vor. Die Stimmung blieb entspannt, angefüllt von neugierigen Fragen und offenem Interesse. Es dauerte nicht lange und Armand fühlte sich in einem Kreis aus Freunden, zu dem sich sogar Rugo wieder gesellte.
Es beruhigte ihn, dass vom Londoner PU keine akute Gefahr ausging, auch wenn Alwynn davon sprach, dass es Splittergruppen gab, die ihren Vorbildern aus Osteuropa nacheiferten und in den aktuellen Ereignissen aus den USA die Bestätigung sahen, dass dies an der Zeit war.
„Jeder Angriff auf unsere Brüder und Schwestern kann zu einem Gegenanschlag führen. Einige unter uns befürchten, dass jemand genau darauf abzielt. Es würde uns in zwei Lager spalten, das wäre schrecklich.“
Dem stimmte Armand zu. Die Differenzen mit den Menschen allein waren schon schlimm genug. Wenn sich über die üblichen Feindschaften zwischen den PSI-Gattungen hinaus nun auch noch zwei harte Lager im PU bildeten,
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