Ruf des Blutes 6 - Wolfspakt (German Edition)
wenn er angriff.
Das ließ nicht lange auf sich warten. Meine Totemwölfin war wendiger als er, schoss wie ein Pfeil von der Sehne davon, als er brüllend zu rennen begann und sich auf mich stürzen wollte. Sie glitt zwischen seinen Füßen hindurch, sprang herum und verbiss sich in seine Ferse. So im Lauf gebremst, stürzte Domeniko mit rudernden Armen nach vorn. Noch im Fallen drehte er sich, um nach dem plötzlichen Angreifer zu sehen. Dabei fiel sein Blick auf die Bäume, von denen zwei bereits leer waren. Nur Dusty lehnte noch immer an dem Stamm.
„Pharac!“, brüllte Domeniko außer sich vor Wut.
Ich hörte ein Schnappen, realisierte in Sekundenbruchteilen, dass damit Dustys fester Stand entsichert worden war, und flog ungeachtet allem, was um mich herum geschah, zu ihm. Er fiel bereits, das Seil würde gleich straff sein und ihn entweder erwürgen oder ihm das Genick brechen. Als ich ihn erreichte, war das Tau stramm und fest wie ein Stock. Der Schock der Atemnot brachte Dusty wieder zu Bewusstsein, er strampelte wild um sich, zog die Schlinge damit fester. Sein Fuß traf mich, als ich seine Beine packen wollte, um ihn hochzuheben. Stechender Schmerz schoss durch meine Schläfe, ich sah Sterne. Trotzdem schaffte ich es, ihn zu halten. Armand zerschnitt im selben Moment mit seinen Nägeln den Strick und nahm mir meine Last ab, ehe ich zu Boden stürzte.
Dort kam ich schnell wieder zu mir. Gerade rechtzeitig, um mich unter einem Hieb Domenikos wegzurollen, der nicht mehr nachsetzen konnte, weil Dracon ihn mit einem Tritt in den Rücken an mir vorbeikatapultierte.
Nach der Stille von vorhin brach nun Tumult los. Überall wimmelte es von Gefs und Domenikos Lycanern. Wir waren deutlich in der Unterzahl, zumal Steven die Befreiten in Sicherheit brachte, während sich der Rest auf unsere Feinde stürzte. Trotz zahlenmäßiger Defizite errangen wir die Oberhand. Ich hätte mich liebend gern um Domeniko gekümmert, doch der musste sich Dracons erwehren und ich wurde gleich von drei Lycanern bedrängt, die aber alle zu langsam waren, um meinen Attacken auszuweichen.
Es sah aus, als wäre nach einem kurzen Scharmützel der Sieg unser, doch dann sprangen aus den Gebüschen mehrere Schatten hervor.
Ein Hinterhalt! Wir waren trotz aller Vorsicht blind in die Falle getappt und jetzt umzingelte uns ein Rudel Lupins.
„Mel!“
Dracons Schrei erschallte im selben Moment wie das Knurren neben meiner Schulter. Ich sah einen Schatten, wirbelte herum und blickte in den weit aufgerissenen Rachen einer Schwarzwölfin.
Millisekunden, bevor die kräftigen Kiefer meine Kehle umfasst und zerfetzt hätten, wurde der Körper von mir weggerissen. Ein Knäuel aus schwarzem Fell und Leder, Armen und Pfoten rollten über den Boden. Etwas zerriss, das Geräusch fuhr wie ein Eisstrahl durch meine Wirbelsäule. Gleich darauf glitt ein weiterer Schatten über die am Boden liegende Masse hinweg, gefolgt vom Splittern von Knochen.
Mein Blick klärte sich und das Erste, was ich sah, war Armands blutverschmierte Hand, die ein Stück Rückgrat der Wölfin umfasste. Das Tier lag reglos am Boden.
Ein paar Meter daneben krümmte sich Dracon, eine dunkle Blutlache breitete sich unter ihm aus. Ich schrie auf und sank neben ihm auf die Knie.
„Du bist verletzt!“
Er antwortete nicht, ich sah, wie seine Kiefer fest aufeinander mahlten. Voller Sorge wollte ich ihn auf den Rücken drehen, sehen, woher das Blut kam und ob ich es stoppen konnte, aber er schlug meine Hand weg.
„Bloß ein Kratzer“, presste er hervor, stieß zischend die Luft auf und richtete sich zu meiner Erleichterung halb auf.
„Danke Mann“, sagte er an Armand gewandt und ergriff dessen Hand, um sich auf die Beine helfen zu lassen.
„Das war knapp.“ Armand deutete auf das klaffende Loch unterhalb von Dracons Rippen, das sich langsam schloss.
„Ja“, antwortete er Dracon gedehnt, „die hatte ziemlich scharfe Krallen.“
Er schenkte mir ein schiefes Lächeln, ehe eine Bewegung unsere Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
„Da will wohl jemand das Weite suchen“, stellte er zynisch fest.
„Der gehört mir!“ Dass Domeniko tatsächlich die Flucht ergriff, während er seine Leute über die Klinge springen ließ, reduzierte sein Ansehen in meinen Augen auf null. Ich kümmerte mich nicht darum, ob Armand und Dracon hinter mir blieben, sondern nahm die Verfolgung auf. Domeniko war schnell, doch nicht schnell genug. Er konnte Haken schlagen, soviel er wollte, er
Weitere Kostenlose Bücher