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Ruf ins Jenseits

Ruf ins Jenseits

Titel: Ruf ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harwood
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formelhafte Komplimente; meine Gewissensbisse wegen meiner Gefühle zu ihr verboten eine Nachfrage. Im Februar 1868 erwähnte er, dass «Mrs   Wraxford einer Tochter das Leben geschenkt hat». Die Distanziertheit dieser Wendung sprang mir sofort ins Auge. Ich schickte meine herzlichsten Glückwünsche und drängte ihn, Einzelheiten zu erzählen, erhielt aber keine Antwort. Im August ging das Anwesen von Wraxford in Magnus’ Besitz über; Anfang September erschien er in der Kanzlei, um die Schlüssel abzuholen, gewandt wie immer, aber in großer Eile. Ich hörte, dass er und sein Kammerdiener in Wraxford Hall wohnten, und so erwartete ich einen Besuch oder eine Einladung. Endlich erhielt ich eine kurze Mitteilung:
     
    Mein lieber Montague,
     
    ich bin untröstlich, Sie vernachlässigt zu haben. Vielleicht erinnern Sie sich an den Abend in Chalford, an dem ich die Grundzüge eines psychischen Experiments darlegte. Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass es am nächsten Samstagabend stattfinden wird, und würde mich sehr freuen, wenn Sie als unbeteiligter Zeuge teilnehmen könnten. Mrs   Wraxford wird diese Woche in Wraxford Hall verbringen; ich selbst habe bis Freitag geschäftlich in der Stadt zu tun.
     
    Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
    Ihr Magnus Wraxford
     
    Ich wusste, dass es eine Dummheit wäre, aber der Gedanke, Nell alleine zu sehen, selbst wenn sie mich umgehend fortschicken sollte, war zu verlockend. Obwohl ich kürzlich ein Pony und einen Einspänner gekauft hatte, fuhr ich nicht bis zum Herrenhaus, sondern band mein Pferd am Rand des Mönchswalds fest und ging zu Fuß weiter. Es war ein traumhafter Herbsttag, im Wechsel warm und kühl, aber das nahm ich kaum wahr, während ich durch den Wald eilte, dass mir der Schweiß von der Stirn rann.
    Ich hatte damit gerechnet, dass zumindest die Balken des Fachwerks frisch gestrichen wären, aber die einzige sichtliche Veränderung war, dass das lange Gras um das Haus herum gemäht und das Unkraut gejätet worden war, und zwar erst kürzlich, denn die Stille abgebrochener Disteln und Brennnesseln lagen noch überall herum. Getaucht in nachmittäglichen Sonnenschein, machte das Herrenhaus diesmal eher einen pittoresken als einen bedrohlichen Eindruck.
    Ich sah sofort, dass Nell sich verändert hatte. Ihr Gesicht war schmaler geworden, die Schatten um die Augen dunkler; aber auch jetzt konnte keine meiner Skizzen ihr gerecht werden. Ich hielt einige Schritte Abstand.
    «Mrs   Wraxford», sagte ich. «Ich – äh – habe gehört, dass Sie bereits hier wohnen, und dachte, ich sollte Ihnen einen Besuch abstatten.»
    «Das ist sehr freundlich von Ihnen, Sir. Ich nehme an, mein Mann hat Sie um diesen Besuch gebeten?»
    «Nein», antwortete ich mit einigem Unbehagen. «Er hat mich eingeladen, wie Sie wissen, dem – äh – Experiment am Samstagabend beizuwohnen – aber – er erwähnte, dass Sie bereits hier sind, und so   …» Ich verstummte und sah sie hilflos an. Sie trug ein einfaches Kleid aus grauem Stoff, ihr dunkles Haar hatte sie um den Kopf gewunden, ganz wie in meiner Erinnerung. Obwohl es ein milder Tag war, war die Luft in dem großen Herrenhaus eiskalt wie immer, gefüllt mit demGeruch nach feuchtem Pferdehaar und verfallenden Textilien. Sie sah zu Bolton hinüber, der sich in der Dunkelheit in unserer Nähe zu schaffen machte, und schlug einen Spaziergang über das Gelände vor.
    «Es tut mir sehr leid», sagte ich, als sich die Eingangstür hinter uns schloss. «Es kam mir einfach in den Sinn, Sie zu besuchen, aber sollte ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereiten   …»
    «Nein», sagte sie. «Ich bin nur ein bisschen erstaunt. Mein Mann sagte nichts davon, dass Sie sich zu uns gesellen werden, und ich wusste auch nicht, dass das Experiment für Samstag geplant ist.»
    «Ich verstehe   … Mir war nicht klar   …»
    «Auf der anderen Seite des Hauses gibt es eine Bank, unter meinem Fenster», sagte sie. «Dort kann ich hören, wenn Clara – meine Tochter – weint.»
    Als wir den unkrautübersäten Weg entlanggingen, kam mir in den Sinn, dass wir an der Stelle vorbeikommen müssten, an der Edward Ravenscroft gestürzt war. Meine Schritte knirschten auf dem Kies.
    «Magnus sagte mir   … dass Sie ein Kind haben. Ich hätte Ihnen gratulieren sollen, aber ich tat es nicht   … ich war nicht   …» Wieder verstummte ich; mein Blick wanderte über die Bäume ringsum.
    «Dies ist ein trostloser Ort   … Sie sagten, Sie

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