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Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Titel: Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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»Arbeitsloser.«
    Zu seinem Geburtstag habe ich Fred eine selbst entworfene und von Wong geschneiderte Uniform mit Mütze geschenkt. Seitdem fährt er mich bei Bedarf in einer geleasten Stretchlimo durch die Gegend. Die Degradierung vom Persönlichen Assistenten zum Chauffeur trüge er mit Fassung. Wie ein Kind macht er beneidenswert schnell seinen Frieden mit dem Ist-Zustand.
    Dietrich benimmt sich auch wie ein Kind. Er fummelt am Display rum: Bar auf, Bar zu, Schiebedach auf, Schiebedach zu, Fernseher an. Er ist ganz heiß auf Limo fahren. Ersatzbefriedigung. Vor einigen Tagen hat er sich von Ulla getrennt. »Retrospektive Eifersucht. Sie wollte einfach alles von mir wissen. Und wenn ich was erzählt habe, dann gab’s sofort Theater. Wenn ich gesagt habe: Das mit Lydia, das war rein sexuell! oder Das mit Annika war nur, weil sie so tolle Beine hatte, dann ist sie total ausgeflippt und hat Geschirr rumgeschmissen. Ich habe dann so Sachen gesagt wie: Verurteilst du mich dafür, dass ich bin, wie ich bin? Verurteilst du ein Blatt, weil es im Herbst abfällt? Den Hund, weil er den Mond anheult?«
    »Und was hat sie gesagt?«
    »Dass ich ’ne Knallschote bin. Voll gefloppt die Sache.«
    »Versteh einer die Frauen. War sie dir treu?«
    »Sie hat mich meines Wissens nicht betrogen.«
    »Und du?«
    »Ich hab sie ihres Wissens auch nie betrogen.«
    »War sie gut im Bett?« Dietrich macht ein Angebergesicht: »Ich bin kein Mann, der seine eigenen Lorbeeren erntet, aber … am Anfang nicht!« Wir schweigen so lange, bis er abschließend seufzt. »Hach, das wird böse enden.«
    Ich wünschte, mir würde was einfallen! Etwas Mitfühlendes, etwas Menschliches! Aber was? Gibt es so etwas wie einen Menschlichkeits-Workshop? Und warum überhaupt soll ich ihn trösten? Hat sich Dietrich nicht vorsätzlich auf die falsche Seite des Lebens geschlagen? Habe ich nicht genug eigenen Kummer? Valmont ist nicht gekommen! Vorgestern nicht. Gestern nicht. Heute nicht. Ich trage mein neues Panasonic-Handy im Hosenbund, jederzeit, Tag und Nacht, um das Vibrieren ja nicht zu verpassen. Für die Reparatur meines Festnetzes habe ich 500 Mark bezahlt. Aber nichts! Keine SMS, kein Anruf, keine Entschuldigung, kein neuer Termin.
    »Lass uns einfach weitermachen«, sagt Dietrich. Ich ermahne mich dringend zur Heiterkeit. Zum ersten Mal seit langem spielen wir wieder eins unserer Spiele. Eine Art
Was bin ich?
.
    »›Sie können das tragen.‹«
    Dietrichs Zeigefinger kriechen seitlich hinter die Brille und säubern ausgiebig seine Augenwinkel.
    »Verkäuferin?«
    »Disco! Und: ›Ich glaube nicht, dass er heute noch mal reinkommt!‹«
    »Sekretärin.«
    »Okay, wer sagt: ›Was glauben Sie, was wir täglich für Geschichten hören!‹«
    »Polizist? Journalist? Kaufhausdetektiv? Der ist schlecht, Paprika. Der ist enttäuschend unpräzise. Wenn er auf zu viele passt, dann isser nich gut.«
    »Und was hältst du von dem? ›Mein Name tut nichts zur Sache.‹«
    Dietrich furcht die Stirn: »African Concentration«, sagt er mit rollendem Pidgin-R. »Denunziant? Kidnapper?«
    »Letzteres. Und wer sagt: ›So was erledigt der Chef gern selbst.‹«
    »Handwerker. Und wer sagt: ›Also, im Prospekt sah das irgendwie anders aus.‹«
    »Tourist. Und wer sagt: ›Dringeblieben ist noch keins!‹ Na? Nich? Geburtshelfer. Oh, Dietrich, jetzt fällt mir noch einer ein, ein ganz geiler: ›Ich kenn mich aus mit Vögeln!‹«
    Dietrich grinst von einem Ohr zum anderen. »Ich weiß schon!«, sagt er. »Ornithologe!«
    Wir machen High Five.
    Durch das Schiebedach brennt uns die heiße Augustsonne auf den Pelz. Ich hasse Sonne und schließe das Dach. Dietrich nimmt seine Brille ab und rubbelt sie auf den Schenkeln sauber. Plötzlich wirkt er irgendwie verstimmt und hat das verschrumpelte Gesicht eines Affen.
    »Warum scheint die Sonne nicht 24 Stunden täglich? Warum gibt es nicht Haare, die nie filzen, Kirschen ohne Kern, Rosen ohne Dornen? Mädchen ohne …«
    »Mösen?«
    »Nee. Ohne PMS. Als James Dean so alt war wie ich, da war er schon ein paar Jahre tot! Neulich hab ich was gelesen über Pulsadern aufschneiden: Nimm den bestenOrgasmus, den du jemals hattest, multiplizier ihn mit 1000, und du bist noch nicht mal nah dran.«
    »Wen interessiert’s? Gedanken dieser Art habe ich entweder längst ausgeschaltet oder nie gehabt.«
    »Nietzsche wurde 1889 endgültig verrückt und wählte Kapitelüberschriften wie Warum ich so klug bin oder Warum ich so gute

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