Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Titel: Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
Vom Netzwerk:
schöne Küchen«. Berlin sei »viel sauberer« geworden. Die Autofahrer würden »ehmt wirklich immer rücksichtsloser«. Kurz: Pastor ist schrecklich bemüht, jetzt ja nicht in der Konversation zu versagen.
    »Haben Sie schon das Titanic-Musical im TeDeWe gesehen?«, fragt er.
    Ich hasse Musicals.
    Ich hasse es, auch nur in der Nähe von Musicals zu sein! Ich hasse es schon, wenn ich »Musical« sagen muss!
    »TeDeWe? Ich kenn nur KaDeWe!«
    »Haha. Nee, Theater des Westens!«
    Und wie nah der rankommt! Leute wie Pastor nennt Seinfeld »Nahkampfredner«. Ihm haftet tagealter Rauch an, der aus jeder Pore zu kriechen scheint, aromatisiert mit WICK VapoRub.
    »Nein.«
    Pause.
    »Waren Sie schon in der Gogäng-Ausstellung?«
    »Nein.«
    Pause.
    »Was sagen Sie zu Lafontaines Rücktritt?«
    »Who the fuck is Lafontaine?«
    Pause.
    Dann kichert er. »Sie haben Humor«, sagt er unsicher, aber beherzt.
    Ich werde dich jetzt so lange zwischen die Beine peitschen, bis du mich anflehst, dich in den Arsch zu ficken, sagt Valmont in meinem Kopf. Ich mustere Pastor, der schon die vorgebeugt-verkrampfte Broiler-Fahrhaltung eingenommen hat. Dem geht bestimmt erst einer ab, wenn man ihn mit heißen Kartoffeln bewirft. Oder er sammelt getragene Schlüpfer. Aber von mir kriegt er keinen.
    »Was sagen Sie denn zur Mahnmaldebatte?«, fragt Osterei Pastor tapfer weiter.
    Hallo, du kleine Mahnmaldebatte, denke ich und grinse vor mich hin, weil ich an einen Witz denken muss. Zwei sitzen an der Bar. Fragt er: Was sagen Sie zu einem kleinen Bumserchen? Sagt sie: Hallo, du kleines Bumserchen!
    »Haben Sie das neue Buch von Weizsäcker gelesen?«
    »Nein.« Warum wachsen alten Männern eigentlich Schamhaare aus den Ohren? Warum wachsen Roger Willemsen eigentlich Schamhaare auf dem Kopf?
    »Spielen Sie Golf?«
    »Nein. Können Sie da drüben einparken? Da, genau vor Butter-Lindner, auf der anderen Straßenseite? Schnell, vitevitevite, so machen Sie doch!« Pastor tuckert wie ein spastischer Urwaldvogel in die Kurve. »Na los, Beeilung, sonst isser weg!«
    »Aber … ähm … das ist ein Behindertenparkplatz!«
    »Na, passt doch!«
    »Ich spiele übrigens schon seit Jahren Golf. Mein Handicap ist zehn.« Leider nicht sein einziges. Pastor quasselt sich Fransen ans Maul und mir ein Loch ins Ohr.
    Ich bin schrecklich desinteressiert. Mit Menschen, die schrecklich interessiert sind, habe ich ein Kommunikationsproblem. Schon gar, wenn einer die Ausstrahlung einer Dunstabzugshaube hat, wenn einer so aussieht undriecht und Auto fährt wie Bolle Pastor. Der versteht vom Porsche so viel wie die Kuh vom Sonntag! Jetzt habe ich schon wieder seinen Vornamen vergessen. Irgendwas mit E. Elvis? Ernie? Ekel? Oder einfach Ei?
    Endlich hält er an. Mein Handy vibriert, mein Herz setzt aus. Ich greife so heftig in meine Jackentasche, dass ich mein Innenfutter zerreiße. HEUTE ABEND WERDEN SIE MIR GEHÖREN! Valmont! Ich wünsche mir seine Finger im Mund, seine Zunge, seinen steifen Schwanz.
    »Wohnen Sie hier?«, fragt Pastor, reckt echsenartig den Kopf nach vorn und zeigt auf den Wittenbergplatz.
    »Bitte? Ja. Genau«, sage ich zerstreut und: »Wir telefonieren, Egon!«
    »Ernst! Wollen wir nicht heute Abend noch … Nicht, was Sie denken!«
    Ich denke nichts. Ich drehe mich nicht mal mehr um. Am Tauentzien winke ich nach einem Taxi, fahre zu Rewe, wo ich mir 300 Gramm gekochte Ochsenzunge in fingerdicke Scheiben schneiden lasse. Fresse im Taxi, im Lift, auf dem Korridor alles auf.

47. Ich war jung und brauchte das Geld
    »›Draußen gibt’s nur Kännchen!‹«
    »Och komm. Das ist zu leicht. Das beleidigt meine Intelligenz. Kellnerin.«
    »Okay, mal sehen, hier ist noch einer: ›Ich komm ja eigentlich vom Theater.‹«
    »Dietrich, wirklich! So ’n Hühnerkram. Schauspieler.«
    »Manno, Paprika, dann bist du jetzt eben dran.«
    »Okay! Eat this: ›Ich war jung und brauchte das Geld.‹«
    »Verbrecher?«
    »Falsch. Nutte. Zwei zu null für mich.«
    Dietrich lässt zähneknirschend die getönte Scheibe meiner Stretchlimo per Knopfdruck hoch- und runterfahren.
    »Jetzt weiß ich!«, ruft er plötzlich wie Erwin Lindemann aus dem Lotto-Sketch von Loriot: »›Irgendwas ist immer im Programm.‹«
    »Hausfrau«, ruft Fred von vorn unter seiner etwas zu großen Chauffeursmütze hervor, pfeift aus der Nase und versucht ein Elvis-Lächeln.
    »Wer hat Sie denn gefragt?«, knurre ich und fahre die Trennwand hoch. Dietrich schießt das erste Tor:

Weitere Kostenlose Bücher