Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
ordentlich vor Selbstgefälligkeit. Glaubt er, alle Frauen müssten sich in ihn verlieben, wenn er den Bart streicht?«
»Das ist ein eigen Kapitel, meine Freundin, von der Sympathie und der Antipathie. Ich kenne den Herrn Rittmeister nicht, ich weiß nur –«
»Daß mir ordentlich wohl ist, wenn ich ihn in einer Gesellschaft nicht treffe.«
»Ob ihm aber wohl ist! – Sie sahen nicht, wie er nach jener Gesellschaft, wo er Sie so auffallend beleidigt, Ihnen immer von sein folgte, wie er wartete, um Sie einsteigen zu sehen; wie er, als der Wagen vor Ihrem Hause vorfuhr, schon durch Quergassen schneller dahin gekommen war, und an der Ecke im Mantel verhüllt, sah er Sie aussteigen! Mich dünkt Sie sahen sich um, und wandten schnell den Kopf –«
»Ich erinnere mich nicht.«
»Sie müssen ihn gesehen haben. Wenn da grade nicht, doch ein ander Mal. Entsinnen Sie sich nur. Man kann sagen, er folgt Ihnen auf Schritt und Tritt, vielleicht unwillkürlich.«
»Sie erschrecken mich, Herr von Wandel. Der Mensch lauert mir auf, um mir einen Affront anzuthun.«
»Das will ich nicht hoffen.«
»Aber, ich bitte Sie, 's ist ja rein unmöglich. Wer sich so vor den Menschen beträgt, was kann der Gutes im Schilde führen!«
»Der unerklärte Trieb unserer Natur, der ewige Zwiespalt unserer selbst, das Licht und der Schatten, der Ahriman und der Ormuz, daß wir schaffend vernichten, vernichtend schaffen. Wenige, die sich über diesen Zwiespalt erheben, die dies Räthsel der Natur gelöst. Sie selbst, meine theure Freundin, werden dies oft empfunden haben. Ihr sinnend Auge giebt mir die Antwort.«
»Dieser Mensch begegnet mir überall,« sagte der Major an einer andern Stelle zum Regierungsrath, »wie ein eiskalter Luftzug. Undurchdringlich im Gespräch, alles wissend, jedem Gefühl verschlossen. Ich bin jetzt zu glauben geneigt, daß Laforest wirklich kein Bohrloch in dieser glatten Wand gefunden.«
»Und doch sehen Sie, welches Leben er in die schöne Bildsäule gehaucht! Man möchte erfahren, was der Magus mit ihr sprechen konnte.«
»Sollte er in der frivolen Intrigue mitspielen? Sie waren nachher in eifriger Konversation mit ihm.«
»Eifrig?«
»So war seine Miene.«
Fuchsius lächelte: »Er fragte mich, ob das Vermögen von ihr oder von ihm käme? Von Heyms neuer Wunderkur, von der Legirung des Platina und von der neuesten Liaison der Unzelmann. Das war ein Theil unseres Gesprächs, das glatt wie ein Aal hingleitete. Nähern wir uns der Sybille. Jetzt spricht er mit ihr.«
»Auch nur
en passant
«
Die Sybille schien einen Köcher von Liebespfeilen ausgeschossen zu haben; oder waren es wirklich sybillinische Sprüche, was der Physiognomie der Andern einen so besondern Ausdruck gab! Doch hatte Jene plötzlich Allen den Rücken gekehrt, um der Wirthin ihre ganze Aufmerksamkeit zu schenken.
»
Elle est une merveille d'amabilité!
« versicherte der Geheimrath Lupinus von der Vogtei, beide Hände als Schallrohr vor dem Mund, denen, die ihm entgegen kamen. »
Pleine de grâce et d'une sagesse, s'il m'est permis de m'exprimer ainsi, presque éthérée.
Et un savoir-faire!
«
»Na warum denn?« sagte der Doktor Marcus Herz, der ihm in den Weg getreten kam und nicht Platz machte.
»
Mon ami!
« rief Lupinus. »
Elle a une pénétration parfaite, elle lit dans votre coeur comme dans un livre ouvert.
«
»Auch in Ihrem, Geheimrath?« fragte der Arzt, seine Hand auf Lupinus' Schulter legend.
»
Elle connaît tout le monde, elle enchante tout et est enchantée de tout.
«
»Auch von Ihnen! Na hören Sie, dann ist sie mehr als ein Wunder – ein Meerwunder.«
»Immer der liebenswürdige Satyriker.
Mais quant à la beauté,
Madame Herz kein Vergleich.
Elle est la beauté même et aussi pleine de sagesse.
«
Die Fürstin hatte ihren schönen Arm halb um die Wirthin geschlungen, ihr für den vergnügten Abend zu danken: »Aber das Beste entziehen Sie mir so lange.«
Die Lupinus bedauerte, daß der Dichter noch immer auf sich warten lasse; gewiß sei es ein plötzliches Hinderniß, was die Ankunft, der alle Herzen entgegen schlügen, nur verzögere.
»Ich kann die Spannung begreifen,« entgegnete die Fürstin, »ob er aber die Erwartung befriedigen wird! Es kommt sehr auf die Laune an, in der er ist. Aber ich meine jetzt unsere theure Wirthin, die freilich der Gesellschaft angehört, und ein einzelner Gast wäre unbescheiden, wenn er mehr fordert, als auf seinen Theil ihm zukommt.«
Die Geheimräthin meinte, sie habe
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