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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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nicht den Andern im Lichte stehen wollen, und besonders vor Einem, nach dem Alle unwiderstehlich sich angezogen fühlten.
    Ohne auf das Bittere zu achten, was sich dem Kompliment unwillkürlich beimischte, sah mit einem innigen Blick die Fürstin sie an: »Wozu diese Gemeinplätze zwischen uns! Sie sind eine Märtyrin und Ihr ganzes Leben ist ein Opfer. Ich weiß ja alles und ich betrachte mit einer bewundernden Theilnahme Ihr stilles Wirken der Resignation. Was kann Ihnen diese Gesellschaft sein? Sind Sie nicht mit sich selbst, mit Ihren Büchern in einer besseren? Und alle diese Embarras nur um Andern Freude zu machen!«
    Die Lupinus protestirte dagegen. Sie kannte die Fürstin noch zu wenig. Sie wusste nur, daß sie vertrauten Umgang mit Elise von der Recke gepflogen, daß die Jünger der romantischen Schule bei ihr Zutritt hatten, man sagte auch, daß sie der katholisirenden Richtung dieser Schule huldige. Sie antwortete mit der Banalphrase, daß Andern Freude bereiten selbst Freude schaffe.
    Die Fürstin streifte darüber hinweg, wie über ein etwas, was keiner Erwiderung bedurfte. Aber es lag keine Beleidigung in ihrem Blick.
    »Ihr ganzes Opferleben fühl' ich in mir selbst wieder,« sprach sie, sich in die Ottomane zurücklehnend, auf der Beide in einer Nische Platz genommen. »Ich fühle es wieder, obgleich mir, was die Welt ein glücklicheres Los nennt, beschieden war. Der Fürst, mein Gatte, verstand mich, ich verstand ihn. Ich brauchte nicht ängstlich vor der Welt den Schirm vorzuhalten, damit man seine Schwächen nicht gewahre. Er war kein eminenter Geist, kein Gelehrter, er liebte das Leben und trank seine Genüsse, wie den Schaum des Weines, er war was die Welt nennt, ein vollkommener Lebemann; aber ohne Arg, grade wie er war gab er sich. Da musste die Vorsehung nach einem kurzen Glück – wozu Elegieen an einem so frohen Tage! Es war so besser, für ihn, für mich.«
    Wo sollte das hinaus! dachte die Geheimräthin. »Mein Mann ist –« die Fürstin unterbrach sie aber mit einem sanften Händedruck:
    »Ich frage mich oft, warum müssen diese Kräfte durch Anstrengungen gehemmt werden, die nie eine andre Frucht tragen können, als einen Schein? Denn Ihren sonst to trefflichen Mann werden Sie doch nicht gesund machen, ich meine so gesund, das er sich wieder ins Leben taucht!«
    »Ich versuche wenigstens, es ihm so angenehm wie möglich zu machen. Seine Ansprüche sind so bescheiden!«
    »Das weiß ich. Aber ist das eine Aufgabe für eine Frau Ihres Geistes! Sein Glück ist gemacht, indem Sie ihm in seiner Assiette sich selbst überlassen. Sie könnten doch frei, sich mehr Ihren eigenen, edleren Trieben überlassen. Freilich haben Sie sich eben wieder eine neue Sorge auferlegt, die Sie ganz absorbirt, doch wer wollte da ein Wort gegen sagen! – Aber nun bewundere ich Sie wieder, wie Sie sich auch der Familie Ihres Mannes annehmen. Dies Festin ist doch auch gegeben, um Ihren Schwager gewissermaßen in der Gesellschaft wieder zu retabliren.«
    Die Geheimräthin seufzte: »Man muß doch für seine Familie leben!«
    »Das ist ein schöner Zug im deutschen Gemüthsleben!«
    »Wo der Staat seine Ehre anerkannt hat, darf die Familie sie nicht sinken lassen.«
    »Hoffen Sie, daß er wieder den rechten Weg finde, der arme Irrende.«
    »Das hoffe ich nicht –«
    »Man muß nie eine Hoffnung aufgeben. Aber sehen Sie da – sie ist reizend! Und welche Gruppe diese beiden Frauen! Zum Malen!«
    Ihre Blicke hafteten auf Adelheid, die mit der Doktor Herz im Nebenzimmer sich unterhielt. Die Fürstin schwärmte in dem Lobe ihrer Schönheit. Es war mehr als Malerei, sie lebte in der Schilderung mit, ihre nervösen Bewegungen verriethen es.
    »Hier kann man den Unterschied von Schönheit und Schönheit studiren. Madame Herz ist gewiß eine vollkommene, aber ihr fehlt etwas.«
    »Der Kopf ist zu klein für die junonische Gestalt,« sagte die Geheimräthin.
    »Ich betrachte sie nicht als Sculpteur. Die Psyche ist's, die mich interessirt, wie das innerste ein knospet und blüht in der Erscheinung! Aber Sie mögen Recht haben, liebe Frau, aus dieser edlen, großen Gestalt schoß nicht mehr auf als ein kleiner Kopf, weil es an dem Feuer gebrach, das eine gebietende Stirn, eine Jupiternase, schwellende Lippen, das schwimmende, überwältigende Auge schafft.«
    »Die Herz ist passiv, aber sehr intensiv.«
    »
Qu'importe!
«
    »Und tugendhaft.«
    »
C'est ça. Par son naturel.
Aber sehen Sie, trotz des orientalischen Nimbus,

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