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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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diesem Punkte eifersüchtig. – Es ist mir recht verdrießlich, daß Herr von Wandel der Affaire wegen mit dem jungen Manne – nicht wahr, Bovillard heißt er? – in Verwickelung gekommen ist. Und wie ich höre, stellt er Adelheid nach. Das muß für Sie doppelt peinlich sein.«
    »Ich hoffe, Durchlaucht, das wird nichts auf sich haben. Der wüste Mensch soll uns nicht länger stören.«
    Die Fürstin sah sie fragend an: »Blutdürstig, meine sanfte Freundin! Der Lauf der Kugeln ist zweifelhaft. – Das war auch nicht Ihre Meinung.«
    »Durchlaucht, dieser Mensch ist incorrigibel.«
    »Desto besser. Lassen Sie ihn fortsündigen. Gerade über diese Sünder, die ihr Ohr der Stimme der Vernunft verschlossen haben, zuckt schon ein anderer Strahl. Da thun wir nichts bei, das kommt mit einem Male. Was wäre die Welt mit ihren gaukelnden Marionettenpuppen, die das grelle Schauspiel von Eitelkeit, Verkehrtheit, Ungerechtigkeit und Sünde vor uns aufführen, wenn wir nicht wüssten, daß plötzlich eine unsichtbare Hand aus den Wolken fährt, und zerstört ist ihr Spiel. Ein Licht zückt herab und die Irrenden sehen den Abgrund, vor dem sie stehen. Warum den jungen Wüstling gleich aufgeben, opfern wollen; da giebt es ja tausend Mittel. – Nur keine öffentlichen Schritte. Es lässt sich so Vieles unter der Hand abthun, eben wenn man Freunden vertraut. Freunden haben Sie ja nur zu winken. Kommandiren Sie auch über mich.
A propos,
ich habe viel von dem jungen Lehrer gehört, ein origineller Charakter, sagt man. Wo ist er? Stellen Sie ihn mir vor.«
    »Er ist nicht hier. – Für unsere Gesellschaft –«
    »Würde er keine Augen haben, nur für seine schöne Schülerin. – Sie sehen mich an. Wie? Soll er sein Blut in Eis verwandeln, oder spielt die Geschichte von Abälard und Heloise nur in der grauen Vorzeit? Ach, eine reizende Geschichte, aber wenn Sie dieselbe nicht wiederholt sehen wollen, müssen Sie auch da Acht haben, mehr als nach Außen das Auge wach! Ja, theure Frau, die Obliegenheiten einer Mutter sind groß. Sie haben eine halb Gefallene aufgerichtet, aber wer sich vor dem Fallen noch fürchten kann, ist stets dem Fallen nahe – O weh! da fällt Ihr Diener – ein Glück, daß der andere ihm das Präsentirbrett hielt. Der arme Mensch ist krank –«
    »Aber Johann, wie konnte er auch!« fuhr die Geheimräthin auf.
    Der Diener hatte sich wieder erhoben, und, es schien, erholt. Er versicherte es wenigstens und wollte sich nicht hinausschicken lassen; es sei eben nur ein Schwindel gewesen. Die Geheimräthin versicherte der Fürstin, sie habe soviel Lohnbedienten angenommen, daß Johann gar nicht nöthig gehabt, selbst zu serviren; er habe es nur aus Eigensinn gethan.
    »Oder Furcht, daß seine Herrschaft ihn für entbehrlich hält,« sagte die Fürstin. – »Wie liebreich Adelheid ihm zuspricht! Sie hat ihn überredet, sie schickt ihn hinaus. Bravo! Hören Sie! Herren und Damen sind entzückt, sie muß etwas Seelenvolles gesagt haben.«
    Die Geheimräthin fand sich allein. Auch die Fürstin war zu Denen geeilt, die Adelheid mit ihrem Beifall überhäuften. Die Geheimräthin fand sich sehr allein. Nur Diener, auf den Tag gemiethet, in Livreen, frisirt oder noch in Perrücken, bewegten sich in den Zimmern, mit den Vorbereitungen für die Abendtische beschäftigt. Sie kannte mehrere von ihnen nicht. Der eine schien im Vorübergehen einen seltsamen Blick auf sie zu werfen, zwei dunkle Augen, aber er wandte sie rasch auf die Teller, die er trug. Ward sie beobachtet, hatte man auch in ihre Gesellschaft Lauscher geschickt, von Seiten der clairvoyanten Gesandten oder Gesandtinnen? – Sie wollte in den Saal. Aber der Fürstin nacheilen, welche ihr eben so brüsk den Rücken gedreht? Sie umfasste Adelheid. So hatte die Gargazin auch sie vorhin umfasst. Sie zog sie auf ein Kanapee, sie spielte mit ihrer Hand, sie sagte, sie flüsterte ihr tausend schöne Dinge ins Ohr. Adelheids Gesicht glühte. O sie war weit liebenswürdiger, lebhafter, zuvorkommender gegen die Tochter, als gegen die Mutter. Alle gruppirten sich, näher oder ferner, um diesen Mittelpunkt. Nach der Wirthin sah Niemänd, es kam Niemand in den Sinn, daß sie abgeschlossen war. Der Legationsrath stand in einer Fensternische, weit jenseits, die Arme unterschlungen, und beobachtete die Gruppen, sein Gesicht unbeweglich wie immer; aber als der Strahl seines Auges sie traf, glaubte sie in dem Auge eine an sie gerichtete Bemerkung zu lesen. War es ein Vorwurf,

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