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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Ihrem Gesicht.«

    »Sehn Sie auch in die Gesichter rein, Geheimräthin? Ich wäre sterblich verliebt, hat sie gesagt, oder wenn noch nicht, so würde es bald zum Ausbruch kommen. Ist das nicht zum Todtlachen!«
    »Prüfen Sie Ihr Herz,« sprach die Geheimräthin, den Zeigefinger erhebend, und entfernte sich in der Richtung nach dem neuen Zauberkreise. Die Anwesenheit der Fürstin war ihr zwar angenehm, sogar sehr angenehm, es war die vornehmste Frau in ihrer Societät. Aber was sie Laforest vergab, war ihr hier nicht mehr angenehm; die Fürstin zauberte zu viel.
    Herr von Wandel stand neben der schönen Frau, die an ihrer Schärpe zupfte. Er hatte das Gespräch behorcht: »Prüfen Sie Ihr Herz!« wiederholte er mit sanfter Stimme.
    Sie fuhr etwas zusammen. Ein Wort des Vorwurfs schien auf ihren Lippen bereit, aber mit so Zutrauen erweckendem Blicke sah der ernste Mann sie an! Er hatte es nicht böse gemeint, und er spaßte nicht.
    »Wenn dies Herz am Altar der Grausamkeit geopfert hat, so seien Sie wenigstens menschlich grausam, zeigen sich nicht immer Mittags am Fenster, ihr Köpfchen zwischen den Balsaminentöpfen. Das nährt die Hoffnung, die Sie nicht erfüllen können.«
    »Das thue ich ja immer.«
    »Und weil er das weiß, reitet er immer vorüber.«
    »Wer? – Sie meinen doch nicht die Dragoner und die Gensd'armen, die marschiren immer nach der Parade durch unsere Straße. Ihre Musik ist gar zu schön und die Uniformen –«
    »Der Dragoner – und auch der Gensd'armen,« setzte der Legationsrath mit Betonung hinzu.
    »Herr Gott, Sie ängstigen mich, Legationsrath, wer sieht denn nach mir rauf?«
    »Machen Sie eine Badereise. Vielleicht vergisst er Sie.«
    »Wer? Wer? Sie Quälgeist!«
    Der Legationsrath hielt die schöne Hand noch immer in seiner und blickte so sinnig fragend zu ihr herab: »Sollte das Verstellung sein? Nein, dies seelenvolle Auge kann nur der Spiegel der inneren Wahrheit sein.«
    »Sie meinen doch nicht den Lieutenant Kleist oder den Fähndrich Kaphengst? Mit dem hab ich ja noch gespielt als Kind, und der ist mein Neveu.«
    »Sie spielten ein gefährlich Spiel mit ihm – das Spiel des Zornes, gnädige Frau. Eine Frau darf nicht hassen.«
    »Wen hab' ich denn gehasst, ich wüsste Niemand.«
    »Nennen Sie es Antipathie, Widerwillen, wie Sie wollen; sobald die Abneigung zur Leidenschaft wird, hat Sie etwas – Interessantes, Lockendes. Mancher Kranke, der eine Medizin mit Widerwillen nahm, schlürft sie zuletzt mit Leidenschaft. Ja hätten Sie ihm gleichgültige Verachtung gezeigt! Aber Sie exponirten ja Ihre Antipathie. Das darf eine Frau nie thun! Sie ließen ihn merken, wie schon seine Gegenwart, sein Anblick Ihnen zuwider war. Das, von einem Weib, reizt den Mann. Er kann sich rächen wollen. Das sind unedle Naturen. Aber gehasst zu werden von einer schönen Frau ist ein berauschendes Gefühl. Es stachelt unsre Eitelkeit, wir sinnen nach, welche unsrer Eigenschaften denn diese Leidenschaft in dem schönen Gegenstande geweckt haben kann?«
    »Herr Gott, Sie meinen doch nicht!«
    »Namen nenne ich nie. Wenn Sie ihm den Rücken kehren, sieht er nur Ihre schöne Taille, wenn Sie die Schleppe verächtlich um den Arm schlagen, nur den gerundeten Ellenbogen. So wissen Sie nicht, daß Sie in jeder Bewegung, die Ihre Abneigung deployiren soll, einen Köder auswerfen, und statt ihn abzustoßen, fesseln Sie ihn.«
    Die schöne Frau warf einen Blick ins Leere und er traf die Wahrheit. Momente giebt es, wo sie in jeder Natur durchschlägt; aber es sammelten sich zugleich eine Masse Erinnerungen, die ihr Auge jetzt trübten! jetzt einen Strahl des Zornes entzündeten, und es platzte heraus:
    »Wie das Porzellanservice aus Meißen ankam, und der Spediteur es so schlecht verpackt hatte, und mehr als die Hälfte war auf dem Transport zerschlagen, vierhundertfünfzig Thaler der Schaden, und Gott weiß, welche Mühe es gekostet, daß ich Meinen dazu gekriegt! Und war nicht versichert! Da sollten Einem wohl nicht die Thränen ins Auge treten, ich möchte heut noch weinen, und er – lachte, ja das hat er, sich ordentlich geschüttelt! O er hat ein schlechtes Herz. Ich hab's ihm aber gesagt, das kam aus einem boshaften Gemüth. Und voriges Jahr noch in der Gesellschaft bei den Leuten – i mein Gott, Sie kamen ja auch noch nachher – da nahm er mir ja den Stuhl vor der Nase weg. Ich begreife gar nicht, wie man so grob sein kann und so maliciös.«
    »Vor Andern. Wer sieht ins Herz!«
    »Er pustet ja

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