Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
nicht begegne.
»Ich liebe nicht den Kultus für sogenannte große Menschen,« antwortete die Fürstin beim Hinuntergehen. »Die Lupinus wird sich mit diesem Zauberfest wieder lächerlich machen.«
»Ein Erbstück der Familie.«
»Sagen Sie dieser Menschen, dieser Stadt, dieser Zeit. Weil Jeder aus seiner Sphäre treten möchte –«
»Ohne den Charakter zu haben, die neue sich unterthänig zu machen.«
»Wenn Jeder die Sphäre des Andern durchschauen könnte!« erwiderte die Fürstin langsam, den Blick auf den Begleiter gerichtet. »Uebrigens thut mir die arme Frau leid. Prinz Louis wird nie zu ihr kommen. Sie lässt alle ihre Minen umsonst springen.« Die Fürstin drückte beim Einsteigen dem Legationsrath die Hand: »Ich werde nichts vergessen.«
Achtundzwanzigstes Kapitel.
Eine schlimme Nacht.
Ein Geflüster war durch die Gesellschaft gegangen. Man steckte die Köpfe zusammen, und das Geheimniß, welches die Fürstin der Wirthin anvertraut, war längst ein Gemeingut, als die Gesellschaft zu Tisch ging. Vorher aber sah man ein Schauspiel, es war ein Impromptu. Adelheid hatte von der Tafel einen Blumenkranz ergriffen, und ihn plötzlich auf die Stirn des Dichters gedrückt: »Nun sind Sie ein freier Mann!«
Es war alles anders geworden, als die Geheimräthin gewollt. Die Bekränzung sollte stattfinden, aber in anderer Art, später, an der Tafel selbst. Sie hatte Figuranten geworben, die bei jedem Gespräch mit Phrasen aus des Dichters Schriften ihm antworten sollten; das musste jetzt rückgängig gemacht werden; es passte nicht mehr. Die Empfindsameren umringten ihn, statt mit Siegeshymnen, mit Kondolenzversicherungen. Es sah nicht wie bei einem Freudenfeste aus. Während die Mehrzahl nicht laut genug ihr Bedauern an den Tag legen zu können glaubte, schlichen Andere fort. Die Geheimräthin begegnete dem General, der seinen Hut zum Gehen ergriffen.
»Auch Sie uns verlassen?«
»Man weiß nicht, was im Palais vorgegangen ist,« sagte der Offizier mit seiner soldatischen Offenheit, »nicht in wie weit Seine Majestät sich über die Person des Herrn aus Baireuth ausgesprochen haben.«
»Aber ein Charakter wie mein Herr General –«
»Hat auch Rücksichten zu nehmen. Der König, meine liebe Frau Geheimräthin, erfährt jeden Morgen genau, wer bei Rüchel war und wer bei Blücher war. Und Sie wissen gar nicht, wie diese Rapportements gemacht werden. Hat er sich nun wirklich ungnädig über den Poeten ausgedrückt, so wird auch von Ihrem Festin ihm berichtet und Sie wissen nicht wie. Ihnen kann das nun nichts schaden, wenn Einer sagt: Es ist doch auffällig, daß die Lupinus dem Fremden ein Fest giebt, als wenn er ein Potentat wäre, und gerade in dem Augenblick, wo Eure Majestät sich so nachdrücklich über die Stellung ausgesprochen haben, die er nur beanspruchen kann. Beyme setzt vielleicht hinzu: Und jetzt, wo Eure Majestät eben einen solchen Gnadenakt gegen ihren Schwager ausgeübt. Wer weiß denn, wer zwischen den Lippen murmelt: Undank ist der Welt Lohn! Und wenn Lombard dabei ist, wird er sich die Gelegenheit entgehen lassen, mir einen kleinen Freundschaftsstoß zu versetzen? Ich höre ihn schon hinwerfen: Es ist doch noch sonderbarer, daß gerade unser General dabei sein musste. Er ist doch sonst kein Admirateur von Poeten. – Sollte das andere Gründe haben? fügt vielleicht noch ein guter Freund hinzu, denn Sie glauben nicht, wie viel gute Freunde Jedermann am Hofe hat, der eine gute Stellung hat, die Andern zu gut für ihn dünkt.«
»General, aber bei Ihrer Renommee!«
»Je höher der Kornhaufen, so mehr Mäuse hausen unten. Mein Kommando wird mir Seine Majestät darum nicht nehmen, aber wird mir vielleicht das nächste Mal sagen: Sind auch ein so großer Verehrer von dem Herrn Romanschreiber? Meinte die Lorbeerkränze schickten sich nur für Generäle. – Und das wäre noch das Beste, dann ist es ausgeschüttet. Ohnedem bleibt etwas, denn der König hat ein vortrefflich Gedächtniß. Und wissen wir, von wem und wann daran weiter gebohrt wird? Ein wunder Fleck hat anziehende Kraft. Und weiß ich was noch hier geschieht bei Tisch von den Admirateurs, welche Gesundheiten sie ausbringen? Kann nicht Einer beim Wein eine Beleidigung gegen Seine Majestät aussprechen? Höre ich's ruhig mit an, so heißt's im Palais, ich habe eingestimmt, und rede ich drein – nein, meine gnädige Frau, ich will ihr schönes Festin nicht stören.«
Sie selbst aber wollte es stören. Die Salatscene sollte
Weitere Kostenlose Bücher