Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
Vom Netzwerk:
Schimpfwort zu – es war ein hässlich Wort, aber es hat mich nicht beleidigt; es hatte mich auch nicht beleidigt, als sie mich Geschöpf nannten, nein ich bin stolz darauf, wenn sie mich Dein Geschöpf nennen, ich wollte auf Deiner Schwelle schlafen, wenn Du mich mit Füßen trätest, wenn Du mich todt trätest, und nur dabei sprächest: ich thue es aus Liebe, das wäre ein seliger Tod. Aber ich habe etwas gesehen, Louis, ehe Du mich raus warfst, und warum warfst Du mich raus – Du putztest Pistolen auf dem Tisch.«
    »Was kümmert's Dich!«
    »Louis! Geh' nicht allein aus der Welt. Wenn Du gehst, nimm mich mit.«
    »Ich denke Einen mitzunehmen, sprach er vor sich hin. Im Uebrigen sei ruhig, Mädchen, die Pistolen sind nicht für mich geladen.«
    »Das ist nicht wahr. Für wen denn? – Ich lasse Dich nicht so fort. Willst Du in den Krieg? Es ist ja kein Krieg. Sie sagen, wir behalten Frieden.«
    »Krieg! Alles ist in Krieg miteinander, Tugend und Vernunft, Wahnsinn und Laster; Alles betrügt sich, schlägt sich ein Bein, kuppelt, stiehlt, spielt falsch; nur die Schurken und Memmen leben in Frieden und Eintracht, und wenn sie in der Stille den Sündenbecher der Niedrigkeit geleert, wenn sie satt sind, predigen sie uns Honnetität.«
    »Sprich nicht so hässlich. Ich kann's nicht leiden. Spaße lieber. Sag's mir im Spaß, daß Du mich nicht mehr magst, daß ich Dir unausstehlich bin, daß Du das Geld nur giebst, um mich los zu werden, hörst Du, Louis, sag's im Spaß, und thu's dann im Ernst. Aber sag' es mir ja nicht vorher. Lache mich aus, nenne mich ein dummes Gänschen, wie Du sonst wohl thatest so geh' fort, daß ich denken kann, daß ich träumen kann, Du kommst wieder. Und wenn Du dann auch nicht wieder kommst, so erwarte ich Dich noch immer, und wenn ich Dich erwarte, bin ich glücklich – bis, bis – thu' mir den einzigen Gefallen –«
    Er fuhr mit der Hand in ihre Haare: »Bist Du so ein verzogenes Kind, das vor dem rauhen Lüftchen Wahrheit zittert? Das solltest Du den seinen Damen überlassen, die sich überglätten mit der Politur der Tugend. Eine wie Du müsste doch vor dem Nackten nicht erschrecken, nicht vor dem nackten Laster, dem nackten Elend – auch nicht vor dem nackten Tode.«
    »Wenn Du mich so recht schmähst und schlecht machst, glaube ich zuweilen, daß Du mich doch lieb hast. Wenn ich Dir gleichgültig wäre, thätest Du es nicht.«
    »Hast recht! Wen man lieb hat, kann man quälen, martern, man wird ein wildes Thier. Da am letzten Abend bei der Malchen. Nicht wahr? Und ich bin seitdem nicht besser geworden. Gott bewahre! Wer Dir das sagt, belügt Dich.«
    »Kaum daß Du frei kamst, erkundigtest Du Dich nach mir, Du hast für mich gesorgt, daß ich nicht auf die Straße gerieth.«
    »Einbildung! Pure Einbildung! Ich wollte nur ein Geschöpf haben, an das ich mein schwarzes Blut, meine tolle Laune auslasse. Warf ich Dich nicht zur Thür hinaus, schimpfte ich Dich nicht, drückte ich Dir nicht mal die Kehle, daß Du zu ersticken glaubtest, – aus purem Muthwillen? Und habe ich Dich nicht auch geschlagen?«
    »Nein, Louis, das hast Du nicht. Du hast mich nie geschlagen.«
    »Dann war's eine Andere. Und Eine, der ich das größte Herzeleid angethan. Wenn ich ein guter Mensch wäre, hätte ich auf meinen Knieen rutschen müssen, bis ich es gut gemacht. Beleidigt hatte ich sie, daß ich ihr nicht vors Gesicht treten durfte, und ich war rasend, toll vor Scham. – Da habe ich sie gequält, daß sie auch in Thränen ausbrach – aber das waren andere Thränen – und das war der Dämon, das Ungeheuer, das die zerstört, die es zu lieben vorgiebt. – Darum sei froh, Mädchen, ich erwürge Dich noch einmal in der Nacht –«
    Er drückte ihr abgewandt die Hand und wollte hinaus.
    »Louis! Das ist wider die Abrede. Du wolltest mir noch was vorlügen.«
    »Was?«
    »Befiehl mir, ich solle, wenn ich zu Bett gehe, die Thür offen lassen, Du wolltest hereinschleichen, mich im Schlaf erwürgen. Ach, Louis, wenn Du das thätest! Ich könnte wieder beten zum lieben Gott. Wie ruhig würde ich einschlafen.«
    »Bete!« sagte er, ihr die Hand reichend. »Das Andere findet sich. Wenn ich – es ist doch möglich, daß ich – vielleicht in ein Weinhaus geriethe, nicht nach Hause käme, dann setze Dich morgen auf die Post. Zu Deinem alten Vater! Die Stiefmutter ist ja todt. Er braucht eine Pflege für seine alten Tage.«
    »Weil er blind ist, sieht er meine Schande nicht, denkst Du. – Ach die Leute da

Weitere Kostenlose Bücher