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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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allmälig verhallten.
    Im Kabinet stand Adelheid, die zugedrückten Hände an der Stirn. Sie athmete schwer; ein intensives Zittern schüttelte ihre Glieder. Sie erschrak aber nicht, als sie die Hände allmälig vom Gesicht fortzog, nicht vor dem Glanz des Lichtes, und nicht vor dem Anblick und dem forschenden Auge der Geheimräthin.
    »Was war das, Adelheid? Wer war hier?«
    »Fragen Sie mich nicht,« antwortete das Mädchen. »Es war alles wie ein Traum.«
    »In dem noch ein Anderer mit träumte!«
    Das Mädchen schöpfte nach Luft. Aber ihr Blick hatte doch eine Sicherheit, welche die Geheimräthin frappirte. Adelheid sank auf einen Stuhl und stützte den Kopf im Arme: »Es war fast zu viel!« schuchzte sie, »zu viel für mich. Und, mein Gott, warum komme ich dazu. Warum ich dazu ausersehen!«
    Die Geheimräthin setzte sich neben sie; »Hat Dich Jemand gekränkt, beleidigt? –«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ein Mensch entschlüpfte durch jene Thür, er war bei Dir –«
    »O mein Gott, er war bei mir, und nun ist er fort –«
    »Und wer war es?«
    »Das ist ein Geheimniß, lassen Sie es mir. Es sprengt mir die Brust, aber ich werde schon stark werden! Er ist fort, er wird nicht wiederkommen.«
    »Ein Geheimniß vor Der , die Mutterstelle an Dir vertritt! – Bedenke, liebes Mädchen, es darf kein Geheimniß zwischen Der sein, für deren Ehre ich durch Deine Aufnahme in meinem Hause Bürgschaft vor der Welt leistete –«
    »Die Sie – von da aufhoben,« fiel Adelheid schaudernd ein.
    »Und der geringste Verdacht, ein Geheimniß, was ich verdecken, ein Fleck, den ich beschönigen hülfe –«
    »Wäre mein Verderben!« rief Adelheid aufspringend. »Ich weiß es, ich weiß Alles – o Gott, ich bin unglücklich, aber es ist nicht mein Geheimniß.«
    »Wessen denn?«
    »Dem ich auf seinen Knieen versprach, es zu bewahren.«
    »Auf seinen Knieen!« Hätte die Lupinus der Beruhigung über einen Punkt bedurft, so war sie jetzt durch Adelheids Exaltation und durch die Sicherheit ihrer Sprache beruhigt. Aber dieser bedurfte sie nicht.
    »Verstoßen Sie mich, gütige Frau! Ich weiß ja, welchen Undank ich auf mich lade. Stoßen Sie mich aus Ihrem Hause, zurück in meine ungewisse Lage, – nein mehr als das, es kostet Ihnen nur ein Wort, wenn Sie mich aufgeben, so fällt der ganze Fluch wieder auf mich, alle die bösen Erinnerungen, das Gerede erhält neue Kraft, dann bin ich vor der Welt verloren.«
    »Exaltire Dich nicht,« sagte die Geheimräthin, »mich kümmert das Urtheil der Welt nicht, ich verlange nur Wahrheit zwischen uns.«
    »Und ich – darf Sie Ihnen – heut nicht geben.«
    » Heut nicht –« wiederholte langsam die Geheimräthin. »Da es kein Dieb und Räuber war, denn es ist doch nichts entwendet, und er floh vor dem Anblick einer schwachen Frau, kann es nur ein leidenschaftlicher Mensch gewesen sein. Da Du aufschrieest, war es auch kein Rendezvous, sondern er überraschte Dich, oder vielleicht aus Mitleid oder Schonung willst Du seinen Namen jetzt nicht nennen. Nun das pressirt ja auch nicht. Du willst ihn nicht wiedersehen, und wenn Du es ihm selbst schon gesagt, überhebst Du mich der Mühe, ihm mein Haus zu verbieten. Auch wirst Du klug sein, um Dich und mich nicht in Demelés zu verwickeln, und die Vorsicht gegen Andere beobachten, die Du gegen mich übst. Im Uebrigen könnte es mich wenig kümmern, wer es ist, da es an thörichten Menschen in der Stadt nicht fehlt, die Dich auf Schritt und Tritt angaffen und uns Beiden Inkommoditäten verursachen, wenn ich nicht besorgen müsste, daß es einer der Freunde unseres Hauses wäre. Wenn das ist, müsste ich Mamsell Alltag bitten, bis morgen sich zu besinnen, ob sie mir den Namen nennen will, denn Personen, welche hinter meinem Rücken das Recht der Gastfreundschaft verletzen, müsste ich den Stuhl vor die Thüre setzen.«
    Sie hatte sich umgewandt. An der Thür holte Adelheid sie ein. Sie presste die Hand der Geheimräthin an die Lippen und bedeckte sie mit heißen Thränen: »O verzeihen Sie mir, ich bin ein undankbares Geschöpf, aber, – nicht so undankbar, – nein, aus Ihrem Hause ist er nicht, er ist nie über Ihre Schwelle getreten, er darf nicht über Ihre Schwelle treten.«
    Mit dem Lichtstrahl, der plötzlich in der Lupinus aufschoß, fiel ein schwerer Stein von ihrem Herzen. Es war ein erstes, wohlgefälliges Lächeln, das über ihre Lippen schwebte. Sie hatte an den Legationsrath gedacht, jetzt schämte sie sich fast, daß sie an ihn

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