Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
Vom Netzwerk:
Geheimräthin!« rief ihr Partner, der Ehemann der schönen Frau, »wir hätten die Trics gewiß gemacht, wenn –«
    »Die schönen Augen der Frau Baronin haben mich geblendet, – Sie haben da eine Hülfe bei sich, Baron, die eigentlich unerlaubt ist.«
    Die Geheimräthin war am Geben. Sie vergab sich. Es war der Augenblick, wo sie den wirklichen zur Thür hereinblicken und sich rasch wieder entfernen sah.
    »Die Frau Geheimräthin sind wohl unpässlich,« bemerkte die schöne Frau.
    »Ich! meine liebe Baronin? – Ach nein. Die Seele muß immer Herr sein über den Körper. Das sagt mein guter Lupinus so oft. Dadurch erhält er sich in seinen anstrengenden Arbeiten. Und ich –«
    Sie hatte sich wieder vergeben.
    Die andern Partner sahen sich verlegen an. Der Baron zeigte die Karten seiner Frau: »Jammerschade, daß man solches Spiel fortwerfen muß.« Die Lupinus hielt sich das Taschentuch aus Gesicht: »Es ist nichts, nur ein heftiges Herzklopfen, es wird gleich vorüber sein. Wirklich, liebe Baronin,« sagte sie zu dieser, welche von Hoffmannstropfen gesprochen – »der Schmerz ist gar nichts, wenn nur der Verdruß nicht wäre, daß mein Unwohlsein die Gesellschaft stört. – Sehen Sie, jetzt habe ich nicht vergeben. Was ist Atout, wenn ich fragen darf? Coeur oder Pique? Es flimmert mir nur vor den Augen.«
    – »Frau Geheimräthin haben kein Atout mehr.« Sechs Augen starrten die Spielerin in gläserner Verwirrung an. Die schöne Baronin öffnete ihre Lippen weiter als nöthig war, um ihre Perlenzähne bewundern zu lassen. Die Spielerin hatte noch eine Hand voll Trumpf.
    Stumm hatte die Geheimräthin die Karten niedergelegt. »Sie sind ein Engel voll Güte,« sagte sie zur Baronin, als diese die Karten nahm. »Und nun um Gotteswillen kein Derangement.«
    Sie entschlüpfte – nur um einen Augenblick sich zu erholen. »Ein Glas Wasser wird es thun.« Aber die Wirthin betraf sie, als sie ihr Umschlagetuch nahm, um fortzugehen.
    »Liebste Geheimräthin, Sie werden uns das nicht anthun. Ich führe Sie in die Schlafstube, ein halb Stündchen Ruhe, ich kenne ja Ihre Seelenstärke, und Sie haben sich erholt, wenn Sie uns gut sind.«
    »Beste Geheimräthin,« erwiderte die Lupinus, »ich erkenne Ihre himmlische Güte, aber glauben Sie mir, die Luft erdrückt mich.«
    »Im Speisesaal ist sie ganz anders. Es ist gedeckt. Wir warten nur auf den interessanten Fremden, den Legationsrath v. Wandel, Sie haben doch schon von ihm gehört, er ist sehr begütert in Thüringen. Mein Mann sagt, ein Mann von eminenten Gaben. Ich hatte es mir so hübsch vorgestellt, er sollte Sie zu Tisch führen. Wo konnte ich ihm eine geistreichere Nachbarin verschaffen. Er ist nur zu einer Audienz bei Prinz Louis Ferdinand ganz plötzlich beschieden, aber er muß den Augenblick hier sein.«
    »Ich einen Mann von Geist unterhalten! Sie spotten meiner. Ach aber es ist nicht das. – Mein armer Mann – er sitzt noch bei der Studirlampe – ich sehe ihn wieder, verzeihen Sie, theuerste Freundin, es presst mich, es sprengt mir die Brust – ja, mir ist, als wenn jetzt ein großes Unglück zu Hause geschähe. Nicht mir, meines guten Mannes wegen verzeihen Sie die Störung.«
    »Es ist recht schade, daß die Frau Geheimräthin an Visionen leidet,« bemerkte die Hofräthin am Spieltisch, der man die Zufriedenheit ansah, daß die Baronin die Karten übernommen hatte. »Es ist doch mit dem Nervensystem etwas Singuläres. Und es stört mancherlei.«
    »
C'est le temps!
« bemerkte Bovillard, der inzwischen hinzugetreten. »
Un peu mystique, un peu clair-obscur, un peu clairvoyance et un peu de vérité, voilà tout.
Es ist wie mit dem Schnupfen. Man glaubt ihn los zu sein, da kommt er wieder.«
    »Herr Jemine,« rief die Baronin, als sie ausspielen sollte. »Ich kann ja nicht, ich habe meinem Manne seine Karten gesehen.«
    Das sah Jeder ein. Die Hofräthin öffnete vor Schreck den Mund, fast wie vorhin die junonische Frau. Die Partie war wirklich zerstört. Da übernahm der wirkliche Geheimrath die Karten. Er blieb der Gott des Abends. Man sprach noch nach Wochen in den Kreisen von der Liebenswürdigkeit dieses Staatsmannes. – Er ist später gestürzt; die Hofräthin hielt fest am Glauben. Sie versicherte noch nach langen Jahren, es sei nur die schwärzeste Kabale, die einen solchen Mann stürzen können.
    Unten im Hausflur wartete Johann. Er zitterte noch immer. Indem er der Geheimräthin die Enveloppe umgab, ging die Hausthür auf, ein verspäteter

Weitere Kostenlose Bücher