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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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–«
    »Ein namenloses Liebesabenteuer zur Hälfte. Und wenn es dies war, gratulire ich Ihnen, wenn ich auch die andere Hälfte verdarb.«
    »Kennen Sie das Haus?«
    »Nein, weiß wahrhaftig nicht mal, welche Straße es war.« »Aber auf das Soubrettengesicht fiel grade ein Lichtschein aus dem Fenster drüben.«
    »Ein Soubrettengesicht! Eine majestätisch schöne Frau!«
    Bovillard lachte: »Ein durchtrieben Schelmengesichtchen, und hinter ihr guckte ein Bedientengesicht – für so was hab' ich Augen. So wahr der Wolkenstreif eben durch die Mondsichel geht, man wollte Sie foppen!«
    »Nein, Sie täuschen sich.«
    Ein sanfter aber fester Händedruck antwortete ihm: »Darin täusche ich mich nie. – Sie sind betrogen – von wem? Das ist gleichgültig – diesmal von denen da oben am Fenster –«
    Er hatte ihm das Bouquet aus der Hand genommen: »Fort mit dem Bettel! Wer weiß in welcher Hand er war!« Er schleuderte es über die Straße. Sie gingen schweigend neben einander. Was in der Brust des Offiziers arbeitete konnte nicht heraus.
    »Lasst die Motten ins Licht fliegen, es ist ihre Bestimmung. Sie, Dohleneck, sind zu gut dazu, zu arglos.«
    »Sie sollen darüber richten,« sprach der Rittmeister plötzlich stehen bleibend. »Grade Sie, Gott weiß woher, ich traue Ihnen, obgleich – verteufelter Gedanke, wenn man mich wieder in den April geschickt!«
    »Sie spielen Alle Komödie!« rief Bovillard in die Wolkenzüge am Himmel blickend. »Das ist ihre Bestimmung. Warum träufte die Natur diesen Reiz in unser Blut, diese Mottenlust in unser Hirn! Aber so wollen sie uns vielleicht! Daß unser Auge schwimmt, unser Mark weich wird, unsere Spannkraft erschlafft, das Hirn unfähig einen Gedanken festzuhalten, der Geist zittert vor dem Entschluß, der Arm vor dem Schlag. Diesen goldenen Semeleregen sehen sie mit stillem Vergnügen auf das Geschlecht rieseln, damit die Titanenenkel ausgehen sollen aus dem lebendigen Geschlecht. – Rittmeister!« rief er. »Soldat des Königs! Wenn die Welt in Brand steht, ist's dann Zeit wie Schmetterlinge um die Flammen wirbeln! Wollen Sie das Haus stürmen, auf einer Leiter durchs Fenster brechen. Mein Wort, da helfe ich Ihnen. Kommen Sie, fordern Sie Wahrheit! Wollen Sie ein schönes Weib entführen, das Sie genarrt, erzürnt hat, ich bin dabei. Gewalt, Gewalt! Das ist noch ein Wort, ein Sturmglockenlaut, der in den Himmel dröhnt. Wollen Sie? Auf der Stelle – nur nicht Seufzer, nur nicht Liebesblicke, kein Buhlen um Gunst, keine Küsse. Ja – ein Weib, was mich hasste, mit einem Fußtritte mich von sich stieße –«
    In dem Augenblick rasselte eine staubbedeckte Kalesche um die Ecke. Bei der raschen Wendung mochte das Hinterrad an einen Stein gestoßen sein, das Rad brach und der leichte Wagen stürzte um. Schon im nächsten Augenblick hatte der darin Sitzende mit einem Fluch sich aus dem Wagen gearbeitet. Der Fluch galt den Pferden, oder dem Kutscher, eine barsche Zurechtweisung den Beiden, welche zum Helfen hinzugesprungen waren. Auf ihre Frage, ob er keinen Schaden gelitten, antwortete der Mann, der seinen militärischen Mantel in die Kalesche zurückwarf und hastig nach einer Ledertasche griff: »Das wäre das Wenigste!«
    »Verfluchter Kerl, warum hier grade!« rief er sich umsehend dem Kutscher zu. »Es ist ja noch eine Viertelstunde bis zum –« er nannte den Namen eines Ministers.
    »Wenn es Ihnen darauf ankommt, führe ich Sie auf kürzerem Wege dahin,« sagte Bovillard.
    Es war ein Courier. Der Rittmeister, im Schein der Laterne, bei welchem der Reisende die Ledertasche besah, erkannte einen befreundeten jüngern Offizier.
    »Was bringen Sie in Ihrer Tasche, Schmilinsky?«
    »Brennend Feuer,« antwortete der Feldoffizier, indem er die Tasche wieder zuschloß. »Ja auf dem nächsten Weg, meine Herren, zum Minister.«
    Der wohlbeleibtere Kavallerieoffizier hatte Mühe, den Beiden nachzukommen.
    »Was brennt denn?« fragte Bovillard, als sie ihre Schritte mäßigten, um Athem zu schöpfen.
    »Ich habe keinen Grund,« sagte der Courier, »geheim zu halten was mir auf dem Fuße nachkommen muß. Ja, ich wundre mich, daß das Gerücht mir nicht voraufgeeilt ist, weil ein ähnlicher Unfall mich unterwegs aufhielt. Ich glaubte Berlin selbst in Aufruhr, und finde eine Kirchhofsruhe. Am Thor wusste man noch nichts.«
    »Was ist's?«
    »Die Franzosen sind eingebrochen.«
    »Wo?« fragte es mit einem Munde.
    »Wie ein Platzregen ins Anspach'sche – Bernadotte – mit neunzig

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