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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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von Preußen und die Gensd'armen und Garde du Corps, die vom Schloß bis ans Thor eine große Chaine gebildet, um den einziehenden Kaiser Alexander zu empfangen.
    Wie viele Jahre waren es her, daß ein Selbstherrscher aller Reußen in die Thore Berlins eingezogen! Wer ihn gesehen, den jugendlich strahlenden, humansten Fürsten, dessen Blick Güte und Wohlwollen lächelte, der die Majestät vergessen ließ in der Liebenswürdigkeit, glaubte etwas gesehen zu haben, was er sein Leben durch nicht vergessen dürfe. Wie mehr als gnädig hatte er gegrüßt, mit welcher Huld die Anreden empfangen. Wie viele Frauen schworen, wenigstens bei sich, daß das Auge des Unwiderstehlichen auf ihnen gehaftet.
    Aber er war nicht zu Tanz und süßem Liebesspiel gekommen. Der Ernst der Gegenwart dämpfte wieder die aufsteigende Lust; in die Jubelstimmen hatten sich andre Laute gemischt, kühne Rufe, die der unbewachten Brust entschlüpften, auch Thränen; die funkelnden Degenspitzen schienen Vielen schon angeröthet. So ernst wehmüthig war der Empfang gewesen im großen Portal des Schlosses. Hier hatten König und Königin, von ihrem Palais herübergekommen, den Gast bewillkommnet. Es war eine feierliche Scene, als die beiden jungen Monarchen sich umarmten, als der Czaar die Hand der huldvollsten Königin an die Lippen drückte; ein Moment, von dem Europas Schicksal abhing! Und in wie lautloser Theilnahme hatte die Menge dem Familienstück zugesehen, das zum großen Trauerspiel für hundert Tausende, für Millionen werden durfte, mit welcher bangen Spannung gewartet, was drinnen vorgehe, als die höchsten Herrschaften in die Apartements getreten waren. Und doch wusste man, daß es hier nicht geschehe. Sie nahmen nur Erfrischungen ein. Die Hofequipagen standen schon vor dem Portal, in denen die Wirthe den hohen Gast nach Potsdam entführen wollten. Dort – wo Friedrich schläft – sollte gewürfelt werden über das Loos der Zukunft.
    Die Hofequipagen rollten schon lange auf der gedielten Kunststraße hin, die für eines der wunderbaren Prachtwerke der Königsstadt galt, als die Offiziere in den Konditorladen traten. So prächtig ihre Gala-Uniform, so bescheiden sah damals der Laden aus. Nichts von Gold und Mahagoni, nichts von Säulen und funkelndem Krystall. Auch glänzte das wenige Tageslicht, das durch die Kolonnaden der Stechbahn ins Zimmer fiel, nicht wider von zahllosen Riesenbogen ausgespannter Zeitungen. Zeitungen waren freilich auch hier schon, zwei oder drei vielleicht, bescheidene Blättchen, auf grauem Löschpapier, die wöchentlich zwei oder drei Mal alle Neuigkeiten der Welt wieder erzählten, was in der Türkei geschah und am Rheine, und von Berlin brachten sie voran lange Listen aller angekommenen Fremden, mit ihren Titeln und den Wirthshäusern, darin sie wohnten. Dann alle Ernennungen zu Hof- und Staatsdiensten, zuweilen auch eine Mittheilung, daß ein hoher Herr bei Hofe empfangen und zur Tafel gezogen worden. Und hinterher Theaterrecensionen, Charaden, Fabeln, Anzeigen von Auktionen, Verkäufen, Büchern, Wohnungen und sehr vielerlei.
    Aber bei besonderen Gelegenheiten stand auch voran ein Gedicht, gereimt oder ungereimt, immer jedoch zum Lobe der höchsten Herrschaften. Denn jene Zeiten waren vorbei, wo man sich in den Zeitungen auch wohl einen Spaß erlaubte, wie der wunderliche Gelehrte Philipp Moritz und der erst in diesem Jahre 1805 verstorbene noch wunderlichere Burrmann, welcher die Leser mit Reimereien, so seltsam wie er selbst, beschenkte. So hatte er einst am 21. Dezember die Vossische Zeitung mit dem Vers angefangen:
     
    Gottlob und Dank
    Die Tage werden wieder lang.
     
    Nein, seit jenen Zeiten war ein feiner klassischer, französischer Geschmack in die Zeitungen gefahren, wie er ja auch in der Gesellschaft war. Der tölpelhafte deutsche Hanswurst war längst fortgeschickt, und man sprach nur das aus, was gegen nichts und Niemand verstieß, auch auf die Gefahr hin in dem Gesagten nichts zu sagen. Darum, doch aus andern Gründen, las man nie in den Berliner Zeitungen von dem, was in Berlin geschah, es sei denn, daß eine hohe Obrigkeit es der Druckerei zugesandt, und auch über das Draußen enthielt man sich jeder eignen Meinung und druckte nur ab, was andere Zeitungen vorher gedruckt hatten. Heute aber war ein außerordentliches Ereigniß auch in der genannten Vossischen Zeitung. Voran stand ein langes Gedicht, dessen Anfang und Ende so lauteten. Jemand las es in der Konditorei laut vor, als die

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