Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
Vom Netzwerk:
gelockt. O, das ist nichts, wo es mit einem Male herabrauscht, aber wenn man uns festgebunden, und tropfenweis stärker und stärker, fällt es auf unsern Schädel, endlich öffnet sich das ganze Reservoir –
    Sie versuchte zu ihm aufzusehen, aber sie ertrug nicht den eiskalten, durchbohrenden Blick. »Wie meinen Sie das?« »Ich meine, welche Ingredienzen schütteten Sie in die Kohlenpfanne? Denn daß Sie räuchern, dagegen ist nichts zu sagen, es ist vielmehr nothwendig. Der Staub, die Ausdünstungen, der Katergeruch, es hat Alles zusammen genommen etwas Eblouirendes. Es muß dagegen gewirkt werden. Aber Vorsicht, meine Freundin, man muß sich gegen den Verdacht im Voraus schützen.«
    Sie wollte aufstehen; sie sank aufs Kanapé zurück. »Mit nichts, als was ich von Ihnen habe,« sprang es aus der gepressten Brust. »Sie meinen die kleine Apotheke, meine Gönnerin, die ich Ihnen aus Herrn Flittners Apotheke zum Hausbedarf zusammenstellen ließ. Die wird vor jedem Medicinalkollegium die Prüfung bestehen. Es sind die unschuldigsten Mittel, wenn man sie unschuldig gebraucht. Freilich, wenn man sich vergreift, dann stehe ich für nichts. Wasser das beste Heilmittel, man kann auch mit Wasser ermorden.«
    Ein zweiter Versuch, aufzuspringen, scheiterte an der Schwäche ihrer Knie; aber sie lehnte sich zurück und die Kraft hatte sie gewonnen, ihm starr ins Gesicht zu sehen. – O, dies unveränderliche Gesicht! War es nur auch eine Muskelbewegung, die eine Aufregung, Furcht, Schadenfreude, Mitgefühl verrieth! So hätte er eine Liebeserklärung machen, so ein Todesurtheil aussprechen können. Er erfasste die Spitze ihrer Hand: »Verständigen wir uns doch! Das Nothwendige erkenne ich an. Wo der Bruch da ist, der zur Auflösung führt, soll der Wahrhaftige nicht Salbe darüber streichen. Er muß sich in das finden, was nun einmal nicht zu ändern ging; ich kann es auch nicht tadeln, wenn er der Nothwendigkeit einen Schritt entgegen that. Aber –«
    »Bei allen Mächten, warum foltern Sie mich? –«
    »Opiate, narkotische Mittel, alle Säfte aus Vegetabilien dunsten und verdunsten, wie Veilchen und Rose duften und verduften. Sie lassen Materielles nicht zurück, wogegen alles Mineralische ein Residuum, einen Satz, einen Ausschlag zurücklässt. In wie veränderter Form es auch sei, die Wissenschaft findet ihn. Wenn wir doch diese wohlthätige Weisung der Natur nie aus dem Auge ließen! Das Lebendige im Pflanzen- und animalischen Leben ist bestimmt, zu blühen, reifen, um sich dann zu verflüchtigen, damit es, im Aether scheinbar verschwimmend, irgend wo wieder ansetzt zu neuem Leben. Diese Aussicht kann uns angenehm berühren, zu welchen Träumen giebt sie nicht Stoff! Aber erschrecken kann es uns nicht. Dagegen repräsentirt der Stein, das Metall die irdische, niederdrückende Schwere. Wir mögen den Stein noch so hoch in die Luft schleudern, er kehrt wieder zurück. Er kann uns auf die Brust fallen, unser Fuß stolpert daran, und wenn wir ihn zerreiben zu Pulver, Staub, er fällt wieder auf die Lunge, und bei der Sektion findet ihn der Arzt.«
    Die Geheimräthin hatte sich jetzt aufgerafft; mit beiden Händen an die Sophalehne sich haltend, sah sie über die Schultern auf den Sprecher zurück: »Welche Verständigung, – was wollen Sie?«
    »Ich, für mein Theil, meine Gönnerin, was kann ich wollen! Was könnte ich bezeugen? Gar nichts! – Daß ich bei Herrn Flittner auf Ihren Wunsch eine Hausapotheke entnahm! Das ist Alles dort in die Bücher eingetragen. Eine exakte Apotheke. – Und wer sagt denn, daß das Physikat zu einer Obduktion zu schreiten sich veranlasst finden wird! Reine Vermuthungen von mir. Nur in Ihrem Interesse, ein Freund stellt sich oft das Schlimmste vor. Denn wer in aller Welt draußen wird auf die Vermuthung kommen, weil in diesem Hause so kurz hinter einander bedenkliche Todesfälle eingetreten sind, daß hier eine ungesunde Luft ist, aus irgend einer nicht ergründeten Ursache. Die Polizei hat jetzt an Anderes zu denken.«
    »Aber wenn – wenn sie daran dächte?« – »Da sind tausend Möglichkeiten, wie man ihr ein X für ein U macht.« – »Aber wenn man Sie –« »Sie meinen, wenn man mich als Zeugen aufriefe. Frau Geheimräthin, das ist eigentlich eine Beleidigung. Zweifeln Sie, daß ich gegen mein Herz reden, und nicht meine höchste Achtung vor Ihrem Charakter aussprechen würde?« – »Nach meinem Charakter würde man nicht fragen.«
    »Man wird Thatsachen fordern. Was kann ich

Weitere Kostenlose Bücher