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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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wundert, ist, daß die Könige solche Seelenverkäufer dulden. Die müssten mir alle auf die Festung und ins Zuchthans, und mit der Peitsche aus dem Lande gepeitscht, denn es sind alles Ausländer und Spione.«
    »Ist's die Möglichkeit!« sagte die Mutter, die es kalt überrieselte.
    »Nun bitte ich Sie, allerbeste Frau Kriegsräthin, wenn Sie einmal so einen Pajazzo sehen, wenn er auf dem Strick springt und die Fahne schwenkt, und Sie erkennten, daß er Ihr kleiner Theodor wäre, alles andere ist ja gar nichts, pure Spielerei, gegen eine solche Empfindung. O du mein himmlischer Vater, wer möchte eine solche Mutter sein!«
    Die Kriegsräthin nahm ihren Knaben von der Hand des jungen Mädchens auf den Schooß: »Lieber Theodor, das wirst Du mir nie anthun!« Der Junge aber schrie nach wie vor, er wolle zu den Affen.
    »Und mit den Jungens ginge es noch,« fuhr die Frau Obristin fort, »aber bei der Bande ist auch ein Frauenzimmer, eine ganz hübsche junge Person, ungefähr so groß, wie – ich habe doch die Ehre, Ihr Fräulein Tochter vor mir zu sehen.«
    »Wir sind nicht von Adel,« sagte der Kriegsrath. »Meine Tochter Adelheid!«
    »Nein, du mein himmlischer Vater, wenn ich dächte, daß so ein himmlisches Mädchen mit den Bären tanzen sollte und dem Vieh einen Kuß geben! Und dann springt sie aufs Pferd, in Hosen und Stiefelchen, und reitet, nicht sitzend, sondern sie steht, und in Carri
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re, die Zügel so in der Hand, und die Röcke flattern nur so. Nein, wie die Polizei das zugeben kann! Das, erlauben Sie mir, ist ganz unweiblich.«
    Darm waren Vater und Mutter einig. Auch darin, daß man nicht zu den Seiltänzern gehen sollte, worüber aber nicht allein die Kleinen unglücklich, sondern auch die Nichten der Obristin nicht ganz zufrieden waren. Jene suchte die Obristin durch Zuckerbrode zu beschwichtigen, die sie aus dem Pompadour holte, und erklärte, sie hätte sie für artige Kinder aus Leipzig mitgebracht. Karoline schien aber gar nicht zu begreifen, warum sie das hübsche Schauspiel nicht mit ansehen solle, und auch die ernstere Julie sah die
chère tante
verwundert an, warum sie grad heut so strenge war.
    »
Mes chères nièces,
« sagte sie, »weil man nicht weiß, wen man im Gedränge findet. Wer wird immer nach Vergnügungen aus sein, wenn die Eltern sagen, daß es sich nicht schickt! Da seht Euch die Mamsell Kriegsräthin an, und nehmt Euch an der ein Muster. Sie sähe auch gern die Reiter springen, aber wo fällt's ihr ein, darum zu bitten; sie sieht, daß ihre lieben Eltern es für unanständig halten. Ja, die Predigerstöchter stürzten mit Euch nach der Schenke, das sind gute Mädchen, aber wilde Hummeln. Nein, Mamsell Adelheid ist ein sittsam Kind, wie es sein muß, die ihren Eltern Freude macht. Der könnt Ihr Vieles absehn. Seht nur, wie sie ganz roth wird. Ach, wenn Ihr auch noch so roth werden könntet!«
    Die Mädchen senkten die Köpfe. Adelheid war schnell zwischen beide gesprungen und umfasste sie traulich, sie sollten nicht darauf hören. Die Tante scherze nur. Sie selbst wäre auch manchmal eine wilde Hummel und würde auch recht gern die Seiltänzer sehen, aber es wäre auch sonst viel hübsches im Dorf und im Freien, was sie zusammen besehen könnten, und sie hoffte, daß sie noch hier bleiben, und die Tante ihnen erlaube, mit ihr spazieren zu gehen. Dabei könnten sie plaudern, singen, Blumen pflücken und Kränze winden. Vor allem aber würde sie sich freuen, wenn sie ihr von Leipzig erzählen wollten und den tausend schönen Sachen, die sie da gesehen. Das wären alles Wunderdinge für sie, denn sie sei noch mit keinem Fuß aus Berlin gewesen. Papa und Mama hätten wohl davon gesprochen, einmal eine Reise nach Potsdam zu machen, aber es sei immer etwas dazwischen gekommen, und sie glaube auch gar nicht, daß es noch dahin kommen werde, denn der Gedanke sei doch gar zu schön.
    Die Obristin sagte, Mamsell Adelheid sei ein prächtiges Mädchen und ihre Eltern würden viele Freude an ihr erleben, und um der guten Gesellschaft willen, wolle sie noch bis Abend bleiben; dann hoffte sie, die beiden Familien könnten Compagnie machen in ihrem Wagen. Die Kriegsräthin, der das längere Beisammensein mit einer so vornehmen Dame natürlich nur schmeichelhaft war, fand sich doch etwas dadurch in Verlegenheit, von der wir nachher reden wollen.
    Einstweilen riß die Obristin sie daraus, die aufstand, um die Jugend, wie sie sagte, eine Strecke zu begleiten. Sie wollte die Spiele der Kinder

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