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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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nicht ganz gut gestimmt; diese Stimmung war überwunden. Er pfropfte die letzte Flasche auf: »Erlauben Sie mir auch, meine verehrte Madame, ehe der Kaffee kommt, mit Ihnen anzustoßen auf die Gesundheit Seiner Majestät.«
    »Mein Herr Kriegsrath sind die Gütigkeit selbst. Wie sollte ich das ausschlagen.«
    »Wenn ich auch nicht die Ehre habe, Sie zu kennen, wird es mir doch zur Ehre gereichen, mit einer solchen Patriotin ein Gläschen zu leeren.«
    »Obristin Malchen,« sagte die Dame, »Mein Mann ist in holländischen Diensten und steht in Batavia. Ein grausam heißes Land, er wird aber heut hierher denken. Ach, er ist ein Patriot.«
    »Und doch in fremden Diensten?«
    »Ja sehen Sie, Verehrtester Herr Kriegsrath, da ließe sich mancherlei von sagen. Er war auch in preußischen Diensten ehedem, aber Sie glauben nicht, was draußen die preußischen Militärs in Respekt stehen. Und unsre Disziplin, und der große Friedrich. Wenns heißt, der hat unter ihm gedient! Nu, lieber Gott, Schwächen haben wir Alle, da werden mir Herr Kriegsrath Recht geben, aber sonst ist er – und hat mir erst voriges Jahr ein rothseiden Umschlagetuch geschickt, wag die Mamlucken oder Malayen weben, ich sage Ihnen, von Berlin rede ich gar nicht, aber auch in Leipzig hat's kein Mensch für möglich gehalten.«
    »Die gnädige Frau werden uns doch die Ehre auf eine Schaale Kaffee erzeigen,« sagte die Kriegsräthin, die wohl Lust hatte, das rothe Umschlagetuch zu sehen, aber es war tief im Wagen verpackt.
    Der Kaffee dampfte in der großen braunen Bunzlauer Kanne, wie sie vom Feuer gekommen, auf dem Tisch, aber die Kinder dampften auch – vor Ungeduld. Die Beckenmusik dröhnte verführerisch aus dem Kruge herüber, und die Kleinen blickten erwartungsvoll bald auf den Vater, bald auf die Mutter.
    »Das ist ein Kaffee, so schön, wie nur mein Mann ihn mir mal geschickt hat, direkt aus Batavia,« sagte die Obristin.
    »Die Cichorien sind auch aus Herrn Rimpler seiner Fabrik,« sagte die Mutter. Aber die Kleinen wurden weder vom batavischen Kaffee, noch von den Cichorien aus Herrn Rimplers Fabrik gelockt. Der kleine Junge schrie vielmehr: »Ich will zu den Affen!«
    Die Mutter warf einen fragenden Blick auf den Vater. Die Frau Obristin fing ihn auf: »Um Gottes Willen, Sie werden doch nicht!« Der Kriegsrath meinte: ob denn in einem bevölkerten Orte, und wo so viel anständige Leute beisammen, Gefahr sei? und die Mutter setzte hinzu: wenn sie die Kinder an der Hand führten?
    »Meine allerbeste Frau Kriegsräthin, erlauben Sie mir zu sagen, ich weiß davon. Solche Bande ist ärger als der Gott sei bei uns. Die stibitzen ihnen die Kinder vor den Augen weg und Sie merken es nicht. Hinter die Ecke, ein Pechpflaster schnell aufs Gesicht, und dann, wenn sie's in der Scheune haben, beschmieren sie's, und färben's und ziehn ihm Lumpen an, und in einer Viertelstunde kennt's die eigene Mutter nicht wieder. Ja, was ich Ihnen sagen wollte, im Dorfe beim Herrn Prediger, da hatte der Oberst der gottvergessenen Bande einer Wittwe Sohn, ein hübsches Kind, gefragt, ob er nicht mit ihnen wollte, er sollte eine bunte Jacke kriegen und auch immer auf dem Pferde sitzen, und der Junge hatte Lust, aber sie haben ihn gottsjämmerlich geprügelt, der Schulz und die Bauern, da ist ihm die Lust vergangen. Solche Bande sind ja gar keine Christenmenschen nicht, das sind Zigeuner und Juden und Spanier, und wo kriegten sie denn ihre Leute her, wenn sie nicht Christenkinder stählen! Eltern können gar nicht genug vorsichtig sein, denn Sie glauben nicht, wie sie die Kinder maltraitiren. Hungern lassen sie die Kleinen und dursten und Schläge kriegen sie, daß Gott im Himmel sich erbarmen müsste, und ihre Glieder werden gereckt, daß sie die Purzelbäume schießen lernen. Und Nachts, mit Respekt zu melden, sperren sie sie in den Stall zu den Affen und Kameelen, wo eine Unreinlichkeit ist, die erschrecklich ist. Nein, für Reinlichkeit bin ich, das ist die erste Tugend, und erhält den Körper gesund. Wer reinlich ist und seine Mitmenschen liebt und den Armen Almosen giebt, der ist ein guter Mensch und Gott wohlgefällig, das sage ich oft meinen Nichten. Aber wie die Bären werden sie abgerichtet, und lernen Vater und Mutter vergessen. Wenn ich so einen armen Jungen sehe oben krabbeln an der Stange wie 'ne Fliege an der Decke, nein, meine Herrschaften, sagen Sie, was Sie wollen, das kann ich nicht ansehn, das heißt ja die unsterbliche Seele verlieren, und was mich nur

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