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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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arrangiren, damit sie nichts Unschickliches trieben, und zusehen, ob die Gegend auch sicher wäre. Der Lärm und die Menschenmenge hatte sich aber nach dem andern Theil des Dorfes gezogen.
    Die Kinder fanden bald auf den grünen Rainen den herrlichsten Platz zu ihren Spielen, denen die freundliche Obristin rathgebend zusah, bis es ihr zu heiß ward, die drei jungen Mädchen aber verloren sich in den hohen Kornfeldern.
     
Zwölftes Kapitel.
     
Schwanenjungfrauen.
    In den hohen Kornfeldern wuchs nicht überall Korn. Der ebene Boden wird noch jetzt durch viele Vertiefungen unterbrochen, ehemals waren es Seen, dann wurden es Moräste; seit die Cultur vorgerückt sind es nur noch Tümpel geblieben. Doch ladet ein heller klarer Wasserspiegel wohl zum Baden ein. Der Bauer, der Dich trifft, warnt Dich aber, denn der Sage nach sind einige dieser trichterförmig sich senkenden Löcher unergründlich. Außerdem gab es ehemals eine Britzer Haide, ein übelberüchtigter Wald, dessen Buschwerk gesprenkelt in die Kornfelder hinein wuchs. Und endlich schnitten viele Wege und Fußsteige durch diese Felder. Das Auge aus der Ferne sah nichts von den Unterbrechungen, es dünkte ihm eine unermeßliche goldene Aehrenfläche, darin die Korblumen und der rothe Mohn über die Einsamkeit klagten.
    An einem dieser kleinen Seen lag auf dem grünen abschüssigen Rande ein junger Mann auf dem Rücken hingestreckt. Er hatte sich gebadet. Ob das Wasser unergründlich, danach hatte er nicht gefragt, es auch wohl nicht untersucht; er war ein guter Schwimmer, der sich im Wasser nach Lust getummelt. Er ruhte jetzt von der Anstrengung und um die Kühle abzuwarten, vielleicht auch um sich mit der Einsamkeit zu unterhalten. Nach der Wasserseite zu verbarg ihn ein großer Hagebuttenstrauch. Die Hände unterm Kopf sah er dem Zuge der Wolken nach, der Flucht der Vögel; vielleicht horchte er auch auf die Lieder, welche die rauschenden Aehren ihm sangen.
    Ein Geräusch, was sich näherte, störte ihn auf. Den Fahr- oder Reitweg, der in einer Krümmung eine Seite des Tümpelrandes berührte, hatte er beim Herkommen durch die Felder nicht bemerkt. Ein schaumbedecktes Pferd schoß aus dem Aehrenfelde. Noch zwei Sätze und es konnte sich auf dem abschüssigen Rande nicht mehr halten und stürzte sich und den Reiter in die Tiefe. Dieser sah die Gefahr nicht, er ließ dem Roß die Zügel; der Instinkt des Thieres bewahrte beide. Im Augenblick, wo es galt, bäumte es und warf den Reiter ab, oder er gleitete aus Sattel und Bügel, die er längst verloren, denn er strauchelte nur etwas und stand gleich wieder auf seinen Füßen. Vielleicht aus seinem Traum erwachend, denn ohne sich um das Pferd zu kümmern, das seinen eigenen Weg suchte, stand er und hielt sich mit den Händen das Gesicht.
    Entweder ein Rasender oder ein Betrunkener, hatte der Liegende geschlossen, denn durchgegangen war das Pferd nicht. Es war ein ihm wohlbekannter friedfertiger Gaul aus dem Stall eines Pferdeverleihers. Der Reiter hatte nachlässig, aber sicher gesessen, und die blutenden Seiten des Thieres verriethen deutlich genug die Behandlung, welche es außer sich gebracht. Walter war an dieser Gesellschaft gar nichts gelegen, aber die seltsame Stellung des Ankömmlings fiel ihm auf. Durch die Hände schielte er auf das Wasser und seine dunklen Augen glänzten seltsam.
    »Plagt Dich – – wenn Du's bist?« Er hatte die Hand auf die Schulter des Reiters gelegt. Dieser war nicht sehr erschrocken, als er sich umsah und den Andern erkannte:
    »Vielleicht – eigentlich aber nicht. Ich dachte nur an ein Bad. – So aus dem Gluthofen in die kühle Tiefe.«
    »Was hier dasselbe wäre!« entgegnete der zuerst Dagewesene, und fasste heftig seinen Arm. »Kommst Du aus dem Gefängniß, Louis? Ward'st Du heut entlassen?«
    »Um meine Freiheit zu genießen, jagte ich den Gaul fast todt, und ward selbst wieder unfrei und matt wie eine Fliege. Und wenn ich wieder aufflattere, steht doch tausend gegen eins, daß ich wieder gegen etwas anstoße. Wär's nun nicht ein wunderschönes Ende, um gar keinen Anstoß mehr zu geben, wenn ich, erhitzt, durstend, an eines Felsens Rand in der Mittagssonne eine Flasche Champagner auf einen Zug ausstürzte und dann kopfüber ins Meer! – Uebrigens gebe ich Dir mein Wort, es war kein Ernst, wenigstens hätte ich mir eine andere Pfütze ausgesucht. 'S war nur ein aufsteigender Gedanke.«
    »Aber keine Lerche, die in den Aether steigt,« sagte Walter, als Beide sich auf

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