Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
Hochzeit mit der Natur?
So traten die Elfen aus dem Korn auf den kleinen freien grünen Platz, drüben am Rande. »Ach wie hübsch!« rief die Königin. »Da ist Wasser!« und breitete die Arme aus, indem sie sich Luft nach der Brust fächelte. Das nußbraune Mädchen umfasste sie plötzlich und ergriff die Hand der Brünette: »Fass' sie an, hier wollen wir tanzen – Ringel-Ringel-Rosenkranz.«
Die Elfen schwebten im Ringeltanz bis es ihnen zu heiß ward. Sie lagerten sich auf den Abhang, die Königin in der Mitte. Sie scherzten und plauderten wie neckische Kinder.
»Ich muß mich eigentlich schämen,« sagte die Königin, »wie habt Ihr mich ausgeputzt, und ich bin's doch nicht werth.«
»Schäme Dich nicht!« sagte die schmächtige Else mit dem schwarzen Haar, die ganz auf dem Boden ausgegossen lag, und drückte die Hand der Königin an ihre Lippen.
»Herr Gott,« rief die Königin, »Du küssest mir die Hand, und ich glaube gar Du weinst.« Sie zog erschrocken die Hand zurück.
Die Nußbraune lachte auf: »Die Jülli ist immer närrisch, und ich bin immer lustig. So sind wir, wir bleiben aber doch gute Freunde. Nicht wahr?«
»So wollen wir's alle drei sein,« sagte die Königin. »Ich komme mir nur so dumm unter Euch vor, Ihr seid in Leipzig gewesen. Das will mir gar nicht aus dem Kopf. Und Euer Onkel ist ein Offizier und gar in Indien. So was hätte ich in meinem Leben nicht geträumt.«
Die Schwarzbraune schüttelte den Kopf: »Der ist nicht mein Onkel.«
»Na, meiner auch nicht,« lachte die Nußbraune.
Die Elfenkönigin bat die Gespielinnen nun, ihr Wort zu halten und ihr recht viel, so viel sie könnten, von Leipzig zu erzählen. Die Nußbraune hatte auch Lust dazu, nur brachte sie die Herrlichkeiten, die sie gesehen, etwas konfus heraus, und man wusste oft nicht, ob sie von den Menschen oder von den Waaren sprach. Aber Alles war herrlich dort gewesen, die Affen und die Seiltänzer, die Komödianten und die Buden auf den Straßen. Ueber die Griechen und polnischen Juden und die Türken hätte sie sich bucklicht lachen mögen, und vor ihren langen Bärten hätte sie sich zuerst grausam gefürchtet, aber dann hätte sie gesehen, daß es alle reiche und generöse Herren wären, mancher hätte mit den Dukaten um sich geworfen, wie mit Zahlpfennigen, und alle hätten gesagt, solche gute Messe hätten sie lange nicht erlebt und sie wünschten alle ihre Lebtage auf der Leipziger Messe zu sein.
Die Schwarzbraune senkte ihren Kopf: »Mir ist's hier viel lieber. Hier ist's hübsch.«
»Wenn man nur Gesellschaft hätte!« rief die Nußbraune.
Ein stummer Blick der anderen schien sie zu strafen. Auch die Königin sah sie verwundert an und sagte: »Sind wir uns nicht genug? Wir plaudern ja so allerliebst zusammen; wenn's nur nicht so heiß wäre!«
»Wir könnten uns baden!« rief plötzlich die Muntere. »Ja baden, baden! Kinder, das ist prächtig!«
Der Gedanke zückte wie ein Blitz. Der Ort war so still und einsam, ein tiefer Kessel, geschützt durch einen Rand von über Manneshöhe, und darüber stand noch wie eine Ringmauer das Aehrenfeld. Wo sollte da ein Lauscherblick herkommen? Selbst die Vögel flogen nicht mehr. Im Strauche regten sich die Blätter, die Kornähren wiegten sich durch ihre Schwere.
Die Karoline war plötzlich aufgeschnellt und machte eine Bewegung, als wolle sie mit einem Ruck ihre Kleider abwerfen. Jülli, die Schwarzbraune, sah fragend auf die Elfenkönigin, ob sie Lust habe? – Lust hatte sie wohl, aber – aber sie machte die Bemerkung, man wisse ja nicht, ob das Wasser nicht zu tief sei? Darauf wandte Karoline ein, sie wollten am Rande bleiben, und es zuerst versuchen. Adelheid erröthete jetzt, sie fühlte, daß sie nicht ganz die Wahrheit gesagt, sie wusste nicht und zweifelte sogar, ob ihre Eltern es erlauben würden. Jülli sagte: »So lassen wir es lieber; wer weiß, ob es
chère tante
auch recht ist!«
»Wer wird denn ma
chère tante
fragen, wenn sie nicht bei ist!« lachte Karoline, aber der Blick, den ihr Jülli zuwarf, schien sie doch unschlüssig zu machen.
Man unterhandelte und kam überein, daß man sich nur die Strümpfe ausziehen wolle, und ein wenig die Füße baden, das gebe Erfrischung für den ganzen Leib, und sei auch gar nicht gefährlich. Die Füße sich waschen, ohne die Eltern zu fragen, sei doch wohl erlaubt, dachte Adelheid. Nur ihren kleinen Bruder hatte die Mutter einmal geohrfeigt, als er sich beim Regen die Strümpfe ausgezogen und durch den
Weitere Kostenlose Bücher