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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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dem Busche gegeben, welches die jungen Mädchen vor einer Scene bewahrt, in der er unmöglich den stillen Lauscher spielen durfte. Aber welche Rolle hätte er spielen sollen!
     
Dreizehntes Kapitel.
     
Das Gewitter.
    Auch die Sonne hat Flecken, und auch in der glücklichsten Ehe giebt es Familienscenen.
    »Ach, daß ein so schöner Tag so ausgehen muß!« seufzte die Hofräthin, aber der Kriegsrath blieb unerbittlich. Es war doch wie vom Himmel gefügt, daß sie mit einer so vornehmen, liebenswürdigen und freundlichen Dame Bekanntschaft gemacht. Die Herzensgüte sah man ihr an den Augen ab. Was konnte ihre Tochter davon profitiren! Sie war ganz gewiß, daß die Obristin Adelheid zu sich einladen würde, und wer weiß, wenn die Nichten mit ihr Freundschaft schlössen, ob sie nicht an ihren Privatstunden Theil nehmen könnte. Ja, es wäre wohl möglich, daß die Obristin ihre Tochter ins Haus nähme, in Pension wollte sie gar nicht sagen, denn sie hätte wohl bemerkt, mit welchem Wohlgefallen sie die Adelheid immer angesehen. Und alle diese Vortheile und Aussichten wolle er muthwillig von sich stoßen. Und warum?
    »Weil wir keine Equipage halten können,« recapitulirte der Kriegsrath.
    »Wie Du auch bist, Mann! Wer redet denn davon. Aber den Christian von der Brösike könnten wir heimlich in die Stadt schicken, daß er uns eine Lohnkutsche holt von Herrn Verdrieß, dem Fuhrmann, er wohnt ja gleich am Halleschen Thor. Für einen Groschen thut's der Junge, ach er thut's umsonst aus Plaisir, daß er zurückkutschiren kann. Dann fährt der Kutscher vor, wir kommen mit Anstand in die Stadt zurück, und sie denken, es ist unser Wagen.«
    »Sie sollen nichts denken, was nicht wahr ist.«
    »Alter, verstehe mich nur, 's ist ja auch nicht darum, daß wir was scheinen, was wir nicht sind. Für'nen Registrator schickte sich's auch, aber – wenn Du nun Geheimrath wirst!«
    »Kommt Zeit, kommt Rath.«
    »Und bis dahin kommst Du ins Gerede, und wirst am Ende gar nicht Geheimrath.«
    »Dann bleibe ich Kriegsrath.«
    »Und Deine Tochter bleibt sitzen. Sie kommt ins Gerede. Wenn wir nun mit Sack und Pack unter'm Arm trotten, liebster, bester Mann, und die Obristin kommt gerollt in der schönen Equipage, und die Adelheid trägt wohl gar wieder den Korb – ach, wird sie denken, das sind solche Leute! Und Du bist's, der das Glück Deiner Kinder verscherzt hat, aus Eigensinn!«
    »Da können wir ja gleich die Obristin fragen.«
    Sie kam. Und ehe noch das Wort: »Du wirst doch nicht?« von ihren Lippen war, musste die arme Frau hören, was sie doch nicht von einem Manne, der auf Reputation hält, für möglich gehalten. Er musste entweder sehr bös, oder bei sehr guter Laune sein.
    »Ach Du meine Güte!« rief die Obristin. »Liebe Frau Kriegsräthin, mein Mann war auch nicht immer Obrist. Und ich habe auch nicht immer den Mantel von Sammet getragen. Ein Korb am Arm, auch ein großer Korb, ist keine Schande; wenn man sich nur nicht mit Jedem abgiebt, der gelaufen kommt, da kann man auch im blauen Kattunspencer ein honetter Mensch sein. Es ist schon recht, daß man auf Distinktion hält, und ich halte gewiß darauf, davon können Ihnen meine Niecen was erzählen; aber pfui, wenn man darum einen Menschen nicht ästimiren wollte, wenn er nicht mit Vieren fährt! Ich könnte Ihnen von Prinzen erzählen, haben den Stall voll Kutschenpferde und gehen zu Fuß aus, im Surtout bis über die Ohren zugeknöpft, und wenn sie anklopfen, man hört das gleich raus. So treten sie in die Hütten der Armuth, und wie Mancher, der hungert, wird von ihnen satt. Strecke Jeder sich nach seiner Decke, das ist meine Maxime. Wer seine Nebenmenschen nicht achtet, den achte ich auch nicht. Meine liebe Frau Kriegsräthin, was ist aller Glanz dieser Erde! Eitelkeit, sagt der Herr Prediger, und wer solide handelt, der kommt noch am besten fort in diesem irdischen Jammerthal. Und wenn ich nur Platz hätte in meinem Wagen, mein Gott, ich würde es mir ja zur größten Ehre rechnen, wenn ich eine so solide Familie mitnehmen könnte. Einen Platz haben wir noch, der stuckert aber so sehr. Und als wir Abschied nahmen, so legte der Herr Prediger die Hand auf meine Schultern und sagte: ›Eigentlich wollte ich bei Keinem einkehren in dieser gottlosen Stadt; aber Sie sind eine rechtschaffene, solide Frau, Frau Obristin, zu Ihnen komme ich, bis ich mir ein Quartier gemiethet habe‹. Na, den Herrn Prediger sollen Sie kennen lernen, wenn Sie mir die Ehre erzeigen, auf eine

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