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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Hand an die Lippen führen, sie zog sie unwillig zurück: »Wir sind Deutsche. Einen ehrlichen Handschlag.«
    »Ich bewundere Ihren Fleiß, Excellenz.«
    »Häusliche Angelegenheiten,« sagte die Excellenz, »gehen der Freundschaft vor. Halte mir mal Deinen Fuß her, lieber Christian.«
    Sie probirte den Strumpf am Fuße des Ministers. »Sie lächeln wohl über mich, Bovillard? Das genirt mich aber gar nicht. Ehe wir's uns versehen, kommt der Winter ins Haus, und da muß eine gute Hausfrau bei Zeiten gesorgt haben. Setzen Sie sich, und plaudern mit meinem Mann von Staats- und gelehrten Dingen, ich werde Sie nicht stören.«
    »Und keinen Handschlag für mich?« sagte der Minister, seine Hand über den Tisch ihm entgegenhaltend.

    »Frauendienst geht vor Herrendienst.«
    Der Geheimrath nahm mit anscheinender Behaglichkeit Platz auf dem Gartenschemel. Lieber hätte er in einem Fauteuil gesessen.
    »Ach, wer auch eine Frau hätte, die uns Strümpfe strickte!«
    »Ist Ihre Schuld, Bovillard. Warum haben Sie nicht wieder geheirathet?«
    »Wo jetzt Frauen finden, die wie Excellenz nur für das Glück ihres Mannes leben?«
    »Wenn man sie suchte, würde man sie schon finden.«
    »Alles will jetzt ästhetisch sein.«
    »Und Sie, wenn Sie eine Frau hätten, die Ihnen Strümpfe strickte, würden französische Spottverse auf sie machen. Im Ernst, Geheimrath, bessern Sie sich ein Bischen.«
    »Soll ich katholisch werden, wie Graf Stollberg? Wenn Excellenz befehlen
tout à vos ordres.
«
    »Pfui über den Spötter und Atheisten! Da sitzen Sie nun wieder mit dem Rücken gegen die Natur.«
    »Ich kann Excellenz doch nicht den Rücken kehren.«
    »Sinn für Häuslichkeit einem so eingefleischten Admirateur der französischen Literatur beizubringen, müssen wir wohl aufgeben, aber rührt Sie denn gar nicht die Natur, hat nie eine Nachtigall Sie ergriffen?«
    »Nein Excellenz! Aber ich hätte beinahe mal eine ergriffen. Sie flatterte nur wieder fort.«
    »Inkorrigibler Flattergeist! Sehen Sie, meine Angelique lass' ich Vossens Louise lesen und freue mich, wie das Kind immer mehr Sinn dafür bekommt.«
    »Ach, wer wieder ein Kind werden könnte!«
    »Und wer kein Staatsmann geworden wäre!« seufzte der Minister. »Ich war eigentlich zum Herrnhuter geboren. Warum musste man mich hinausreißen an die Höfe, ins Feld der Intriguen? Ich hätte ein Vater unter meinen Unterthanen gelebt, sie beglückend, selbst beglückt.«
    »Und nun beglücken Excellenz ein ganzes Volk.
Voilà la différence.
«
    »Das mich verunglimpft, weil ich – solche gute Freunde habe.«
    »Wer wollen uns Alle bessern, Excellenz! Diese Laube sei der Tempel der Tugend, wo wir ihr Gehorsam geloben, und die Frau Ministerin die erhabene Priesterin, welche unsere Schwüre empfängt.«
    »A propos,«
hub die Ministerin an, »wissen Sie denn den Vorfall von gestern bei Hofe?«
    Der Geheimrath kannte ihn noch nicht.
    »Der König und die Königin hatten eine Landpartie verabredet nach Pichelswerder. Sie laden die alte Voß ein, daran Theil zu nehmen. Aber ganz ländlich heißt es. Wird das unserer lieben Gräfin auch anstehen? Sie fühlt sich unendlich geehrt, an einem Vergnügen Theil zu nehmen, was Ihro Majestäten nicht verschmähen, und in voller Galla rauscht sie die Treppen hinunter, worüber die Majestäten schon kaum ihre Lust zurückhalten. Denn mit Schrecken sieht die Gräfin die Mütze des Königs, und die Königin in dem Morgenrock, der ihr so reizend steht. Aber unten im Charlottenburger Hofe! Was steht vor der Thür? Ein Leiterwagen mit Stroh! – Sie fragt nach der königlichen Kutsche. – Dies ist sie, sagt der König, wir werden uns etwas behelfen müssen; ländlich, sittlich. Die alte Voß ist erstarrt, aber noch entsetzter, als sie sieht, wie der König die Königin hinaufhebt. Die anderen Hofdamen helfen sich selbst. Der König bietet endlich der alten Dame seine Dienste an, aber sie erklärt feierlich: so lange sie ihr Amt als Ober-Ceremonienmeisterin nicht verwirkt oder verloren werde und könne sie sich dazu nicht entschließen. Und, setzte sie hinzu, wenn ich auch so unglücklich wäre, darüber die Gnade Ihro Majestäten zu verlieren. – Der König sagte freundlich: Um des Himmels willen, liebe Voß, wenn Sie nicht mit wollen, bleiben Sie zurück, aber meine volle Gnade bleibt bei Ihnen. Und hinauf sprang er, und der Wagen rollte fort.«
    Der Geheimrath schnalzte auf: »
Délicieux!
die alte Voß allein am Thor, wie die Henne am Teich!«
    »Ich

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