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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Liebenswürdigen, und für uns Alle den Rätselhaften.«
    »Er ist ein Mann des Friedens,« lächelte Bovillard.
    »Aber unseres Friedens! Er ist zu klug, um zu schwärmen, also was will er? Ich liebe nicht die rätselhaften Menschen. Wäre er nur ein Kundschafter, ein Agent von Napoleon oder Kaiser Alexander, von wem es sei, gleich viel, ich wüsste mich mit ihm zu stellen, aber der Abgesandte einer unbekannten Puissance, der hat etwas – bleiben Sie mir mit ihm vom Leibe, ich gestehe, mir wird unwohl, wenn ich in das gläserne Gesicht sehe.«
    Bovillard lächelte nicht, er erlaubte sich zu lachen: »Excellenz! er ist ein Schwärmer. Zudem ein Philosoph. Er hat ein System. Männer mit Ideen pflegt keine Puissance zu Spionen zu wählen.«
    Der Einwand frappirte dem Minister: »Jedenfalls muß man mit solchen Menschen vorsichtig sein.«
    Er blieb am Ausgange der Weinallee stehen: »Bovillard, wozu denn der Embarras, um einen Menschen zu retten, der sein Schicksal verdient hat? Seine Diners sind doch, dünkt mich, zu ersetzen.«
    »Excellenz, ein Ring heraus und eine Kette ist entzwei. Seine Familienverbindungen!«
    »Man darf nicht schonen, wo es an den eigenen Ruf geht. Sie haben es nicht zu vertreten, aber ich, wenn es am Hofe heißt: das ist Einer von der Lombard'schen Klique! Gerade wenn wir ihn springen lassen, befestigen wir unsern Ruf.«
    »Er hat mir so aufrichtig Besserung gelobt.«
    Der Minister sah ihn mit kaum unterdrücktem Lächeln an. »Und dann der König! Es geht nicht, er ist diesmal selbst Partei.«
    »Ich weiß, ich weiß. – Indessen sollten Excellenz – ich meine, wenn Sie sich der Sache annehmen wollten, wenn Sie das Loos der armen Kinder des Geheimraths mit aller Ihrer Humanität erwögen, sollte es Excellenz nicht möglich sein, vor der königlichen Huld und Gnade die Sache in einem Lichte – aber – mein Gott, wie schön ist die Aussicht! Welch ein wunderbares Licht!«
    Sie waren aus dem Weingang ins Freie getreten, und der Geheimrath blieb wie versunken in der Anschauung stehen. Ein Eisen muß man schmieden, wenn es heiß ist, aber an eine Thür, die man verschlossen findet, nicht klopfen bis das Haus in Aufruhr geräth. Wenn man wartet, öffnet sie sich wohl von selbst.
    »In dieser Verdure glaubt man doch die Alpenfrische wieder zu sehen. Wie geschickt Excellenz die Stadtmauer da mit Gebüsch versteckt haben.«
    »Der Garten war sehr morastig, als ich das Grundstück kaufte, es war mein Vergnügen, das Wasser in Gräben zu leiten, die sich aber wie natürliche Bäche schlängeln. Hält man die schilfigte Krümmung dort wohl für gegraben?«
    Der Geheimrath fand, die Lorgnette im Auge, nichts als Natur: »Da auch Mummeln im Teich – ich wollte sagen in dem kleinen See.
Il faut avouer, que c'est plus qu'imiter la nature. C'est la nature prise sur le fait.
«
    Er wollte sich auf einen abgehauenen Baumstamm am Ufer des künstlichen Baches stellen, um sich im Wasser zu spiegeln. Der Minister hielt ihn am Rockschoß zurück; »Um Gottes Willen, er kippt über. Mein Gärtner hat ihn erst heute Morgen aus Treptow eingefahren.«
    »En vérité!«
sagte der Geheimrath, »die Täuschung ist mir lieb, denn ich wollte schon mit Ihnen zürnen, einen solchen Kernbaum umzuhauen!«
    »Wo sollte ein Baum von solchen Dimensionen auf diesem Boden fortkommen,« entgegnete der Minister, über die Täuschung doch nicht ganz unzufrieden. »Wenn ich auf etwas mir zu Gute thue, ist es nächst meinem Weinbau, von dem Sie ja wohl schon gelesen haben werden,« setzte er lächelnd hinzu, »auf meine Kühe. Es ist holsteinische Zucht. Beyme will in Steglitz auch den Versuch machen, ich zweifle aber, daß sie ihm fortkommen. – Und mit welchen Vorurtheilen ich zu kämpfen hatte! Zwei Kuhhirten musste ich entlassen. Der eine hielt das Schweizergeläut den Kühen für schädlich! Wohin sehen Sie dort?«
    »Was ist das blendende Weiß da?«
    »Meinen Sie das Stückchen Stadtmauer, worauf die Sonne scheint? Der Theil ist neu geweißt.«
    »Sollt' ich mich so getäuscht haben! – Richtig! Sie springt da gerade über die Büsche. Wissen, Excellenz, es ist eine Thorheit – aber die Phantasie geht oft mit uns durch – in dem Augenblick dachte ich an Schnee. Man könne der Illusion zu Hülfe kommen. Ich meine –«
    Der Minister fiel ein, er sei kein Freund der Spielereien im Wörlitzer Styl: »die Natur und nichts als die Natur! Da hatte ich auch einen Wasserfall angelegt, ich habe aber die Steine wieder herausnehmen

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