Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
Vom Netzwerk:
glaube, Komteß Laura,« fuhr die Ministerin fort, und zog ihren Strumpf – »ich glaube, die hat auch nicht sehr vergnügte Mienen auf dem Leiterwagen gemacht. Es ist erschrecklich, welche Airs sie sich giebt.«
    »Ich finde sie nicht mal schön,« sagte Bovillard am Halstuch zupfend. Er fand sie nicht schön, weil auf dem Gesicht der Ministerin etwas stand, was ihm sagte, daß die Ministerin eine solche Findung wünschte.
    »Sie fischt ihn auch nicht weg,« sprach der Minister.
    »Und wenn, meine weisen Herren –« fiel die Ministerin ein, »was hätten Sie gewonnen? Hat sie den Esprit, um ihn zu gouverniren? So wenig als die Fromm, die Pauline und die andern. Er ist zu impetuös. Ueberdies, erlauben Sie mir, ich finde es von so klugen Leuten unverantwortlich, eine solche Person in ihre Confidence zu ziehen.«
    »Der Minister meinte, sie hätte wohl neulich beim
thé dansant
zu scharf gesehen. Als Frau sei die Komteß ein gutmüthiges Geschöpf.«
    »Daß sie sich mir da vordrängte, will ich ihr vergeben haben,« sagte die Ministerin, »sie hat keinen Takt; aber ich bitte Sie, wenn auch Komteß Laura sich unterstehen will, das Mulltuch um den Hals zu binden, wie unsere tugendhafte Königin, so finde ich das rebutant, ja geradezu rebutant, meine Herren, und ich wenigstens mit meinem schwachen Verstande begreife nicht, wie man das hingehen lasien kann. Aber die Herren werden wohl Gründe dafür haben. – Die Herren haben auch zu sprechen, was ich nicht hören soll,« setzte sie, das Strickzeug weglegend, hinzu, »und ich will Sie nicht stören. Aber das sage ich Ihnen, ich bin keine Freundin von Intriguen. Schlicht und grad, damit kommt man am weitesten. Geben Sie es auf, den Prinzen einzufangen. Er bricht durch alle Ihre Netze. Und was hätten Sie am Ende gefangen? Er hat eine Partei, aber diese Partei wird nie ans Ruder kommen, so lange er und der König ihre Natur nicht changiren, und die klugen Herren klug handeln. Umstellen Sie Seine Majestät, seien Sie auf der Hut, daß keine zweifelhafte Person in seiner Nähe sich festnistet, lassen Sie ihm alle Extravaganzen des Prinzen zu Ohren kommen, auch immerhin seine genialen Streiche, die in einem gewissen Publikum so viele Bewunderer finden. Desto besser, der König kann nun einmal geniale Streiche nicht leiden. Das Uebrige macht sich dann schon von selbst.«
    Der Minister hatte seine Gemahlin umarmt: »Mir aus der Seele gesprochen. Nichts von Intriguen! Den geraden Weg.«
    Der Geheimrath und der Minister hatten allerdings ein Geschäft.
    »Excellenz hatten die Eingabe vor sich, wie ich zu sehen glaubte,« sagte der Geheimrath, als sie durch ein Weinspalier gingen, wo der Minister die Trauben mit Lust befühlte, und weit mehr Lust zu haben schien, ein naturhistorisches Gespräch zu führen, als über die Angelegenheit, um die der Begleiter gekommen war.
    »Und gelesen,« seufzte der Minister, als er nicht mehr ausweichen konnte. »Aber ich bitte Sie, Freund, Sie lasen sie doch auch.«
    »Ich finde die Angelegenheit sehr klar dargestellt.«
    »Ja, klarer kann es kaum sein, daß man die Gefangenen beschwatzt hat, etwas zu unterschreiben, was ein handgreifliches Märchen ist. Sie attestiren, daß sie unter sich, in der Freude ihres Herzens zur Vorfeier des königlichen Geburtstages einen ungebührlichen Lärm gemacht, daß sie dadurch den Voigt in ihr Gefängniß gelockt, daß sie die Thür hinter ihm verschlossen, und ihn gezwungen, an ihrem Gelage Theil zu nehmen, bis es ihm zu arg geworden. Ich bitte Sie, was konstatirt denn selbst aus dieser Erzählung! Selbst wenn die Fabel Wahrheit wäre, hat ein Mensch, der so wenig seine Autorität zu erhalten weiß, sein Amt verwirrt. – Wer ist dieser Herr von Wandel?« fragte er mit verändertem Tone. »Warum interessirt sich dieser Legationsrath so lebhaft für die Sache?«
    »Es ist nicht die erste, Excellenz.«
    »In die er sich mischt. Ich weiß es. Er tritt auf wie der ›Alte überall und nirgends.‹ Diese Geflissentlichkeit, sich in Dinge zu mischen, die ihn nichts angehen, gefällt mir nicht.«
    »Was kann er davon haben, daß Lupinus los kommt? – Excellenz halten ihn für einen Aventurier. Aber er spielt nicht, macht keinen übermäßigen Aufwand, er beschäftigt sich mit Naturwissenschaften.«
    »Darum kommt man wohl jetzt nach Berlin! Darum drängt man sich in alle Gesellschaften, macht den Affairirten, weiß um alle Secrets, macht sich bei Prinzen und Damen beliebt, spielt hier den Weisen, dort den

Weitere Kostenlose Bücher