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Ruhe unsanft

Ruhe unsanft

Titel: Ruhe unsanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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das taten. Also wurdest du unter der Obhut einer englischen Nurse zu uns geschickt. Zu unserer B e stürzung starb dein Vater etwa ein Jahr später in einem Sanat o rium. Ich vermute, dass er schon über seinen schlechten Gesun d heitszustand im Bild war, als er dich zu uns schickte, zumal er um diese Zeit auch sein Testament zu deinen Gunsten machte.
    Leider kann ich dir nicht genau mitteilen, wo du damals mit de i nem Vater in England wohntest. Natürlich stand die Adresse auf den Umschlägen seiner Briefe, aber es ist nun an die achtzehn Jahre her, und ich kann mich leider nicht mehr genau erinnern. Es war an der Südküste, das weiß ich, und ich nehme an, Dil l mouth ist korrekt. Ich hätte eher an Dartmouth gedacht, die be i den Namen ähneln sich allerdings sehr. Deine Stiefmutter hat, glaube ich, wieder geheiratet, aber ich kann mich nicht an ihren Mädchennamen erinnern, obwohl dein Vater ihn natürlich in der Heiratsanzeige mitgeteilt hat. Wir nahmen es ihm wohl etwas ü bel, dass er so schnell nach Megans Tod wieder heiratete, und wollten nichts von ihr wissen. Aber es ist ja bekannt, dass man sich auf Schiffsreisen sehr viel schneller näher kommt, und wah r scheinlich dachte er, es würde gut für dich sein.
    Wirklich dumm, dass ich dir nie von deinem früheren Aufenthalt in England erzählt habe. Du warst natürlich zu klein, um dich daran zu erinnern, und mir war es, wie gesagt, in all den Jahren einfach entfallen. Megans Tod in Indien und dein Aufwachsen bei uns, das eine solche Freude für uns war, schienen mir stets das Wichtigste in deinem Lebenslauf.
    Ich hoffe, damit ist alles geklärt.
    Giles wird ja nun in wenigen Tagen bei dir sein. Die Trennung war sicher schwer für euch beide.
    Alles Weitere über uns demnächst. Ich habe diesmal nur schnell deine Fragen beantwortet, damit du den Behörden die verlangten Auskünfte geben kannst.
     
    Mit vielen herzlichen Grüßen und Wünschen
    deine Tante Alison.«
     
    »Sehen Sie?«, sagte Gwenda. »Sie haben richtig vermutet!« Miss Marple glättete das dünne Luftpostpapier.
    »Hm… ja, das stimmt. Die einfachste Erklärung ist, wie ich festgestellt habe, oft auch die richtige.«
    »Jedenfalls bin ich Ihnen sehr dankbar«, sagte Giles. »Die arme Gwenda war ganz durcheinander, und ich muss gestehen, ich habe mir Sorgen gemacht, dass Gwenda sich als Hellseherin oder sonst wie verdreht en t puppen könnte.«
    »Eine hellseherische Ehefrau wäre sicher etwas beunr u higend«, meinte Gwenda, »es sei denn, du hast immer ein ordentliches Leben geführt!«
    »Das habe ich«, antwortete Giles.
    »Und das Haus? Wie denken Sie jetzt über das Haus?«, fragte Miss Marple.
    »Oh, mir ist jetzt alles recht«, sagte Gwenda. »Morgen fahren wir hin. Giles stirbt bald vor Neugier.«
    »Ich weiß nicht, ob es Ihnen so klar ist wie mir, Miss Marple«, sagte Giles, »alles deutet doch daraufhin, dass wir einer erstklassigen Mordgeschichte auf der Spur sind, die sich direkt vor unserer Haustür zugetragen hat – g e nauer gesagt, in unserer Eingangshalle.«
    »Ja, daran habe ich gedacht«, sagte Miss Marple z ö gernd.
    »Giles schwärmt für Kriminalromane«, warf Gwenda ein.
    »Nun, es ist tatsächlich einer«, sagte Giles. »Die Leiche einer schönen Frau – erwürgt – Identität bis auf den Vornamen unbekannt. Tatzeit vor fast zwanzig Jahren. Heutzutage natürlich keine genauen Ermittlungen mehr möglich, aber mit etwas Spürsinn kann man vielleicht ein paar lose Fäden zu fassen bekommen. Das ganze Rätsel wird sich kaum noch lösen lassen, aber…«
    »Vielleicht doch«, sagte Miss Marple. »Trotz der langen Zeit. Ich halte es für möglich.«
    »Sie meinen«, fragte Giles fröhlich, »es kann nichts schaden, wenn wir es versuchen?«
    Miss Marple zuckte unbehaglich mit den Schultern und machte ein ernstes, beinahe besorgtes Gesicht.
    »Es könnte sehr üble Folgen haben«, sagte sie. »Wenn ich Ihnen raten darf – und ich möchte das mit allem Nachdruck tun: Lassen Sie die Finger von der ganzen Geschichte.«
    »Was? Von unserer schönen Mordgeschichte – das heißt, wenn es Mord war?«
    »Es war sicherlich Mord. Und eben deshalb sollten Sie das Ganze auf sich beruhen lassen. Mord ist wirklich ke i ne Sache, mit der man leichtfertig herumspielt.«
    »Aber, Miss Marple, wenn alle so dächten…«
    »Natürlich«, unterbrach sie ihn, »kann es sogar eine Pflicht sein, selbst etwas zu unternehmen: wenn ein U n schuldiger angeklagt wird, Leute zu Unrecht

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