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Ruhe unsanft

Ruhe unsanft

Titel: Ruhe unsanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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für das Gegeb e ne.«
    »Warum ist er nicht mit mir zusammen hingefahren?« Dr. Kennedy nahm geistesabwesend einen Pfeifenreiniger vom Kamin.
    »Das weiß ich nicht… Und seine Gesundheit war sehr zerrüttet.«
    »Was hatte er denn? Woran ist er gestorben?«
    Das Gespräch wurde durch den Eintritt der Haushält e rin unterbrochen, die indigniert den bestellten Tee brac h te. Es gab Toast mit Butter und etwas Marmelade, aber keine Kekse. Dr. Kennedy bat Gwenda mit einer flücht i gen Handbewegung, das Einschenken zu übernehmen. Als die Tassen gefüllt waren und jeder einen Toast g e nommen hatte, sagte er mit etwas gezwungenem Lächeln:
    »Nun müssen Sie mir erzählen, wie Sie sich in dem alten Haus eingerichtet haben. Sicher waren ein paar Änderu n gen und Verbesserungen nötig. Ich würde es jetzt wohl kaum wieder erkennen.«
    »Wir amüsieren uns noch mit den Badezimmern«, sagte Giles, aber Gwenda, die Augen auf den Doktor gerichtet, kehrte beharrlich zu ihrer Frage zurück:
    »Woran ist mein Vater gestorben?«
    »Das kann ich Ihnen wirklich nicht sagen, mein Kind. Wie erwähnt, war Ihr Vater schon eine ganze Weile bei schlechter Gesundheit. Schließlich ging er in ein Sanat o rium, irgendwo an der Ostküste. Dort ist er ungefähr zwei Jahre später gestorben.«
    »Wo, genau, lag dieses Sanatorium?«
    »Tut mir leid, ich weiß es nicht mehr. Ich habe nur die vage Idee, dass es an der Ostküste war.«
    Sein Ausweichen war so auffallend, dass Giles und Gwenda einen kurzen Blick tauschten. Dann ergriff Giles wieder das Wort.
    »Können Sie uns wenigstens sagen, Sir, wo Gwendas Vater beerdigt wurde? Gwenda möchte – verständliche r weise – sein Grab besuchen.«
    Dr. Kennedy beugte sich über den Kamin und kratzte seine Pfeife mit einem Federmesser aus.
    »Wissen Sie«, sagte er undeutlich, »ich verweile nicht gern zu viel in der Vergangenheit. Dieser Ahnenkult ist… ein Fehler. Auf die Zukunft kommt es an. Da sitzen Sie beide, jung und gesund, und das Leben ist auf Ihrer Seite. Sehen Sie vorwärts! Es hat wenig Sinn, Blumen auf das Grab eines Menschen zu legen, den Sie, genau geno m men, so gut wie gar nicht gekannt haben.«
    »Es war immerhin mein Vater«, sagte Gwenda störrisch. »Ich möchte sein Grab sehen.«
    »Da kann ich Ihnen leider nicht helfen.« Dr. Kennedys Ton war höflich, aber kalt. »Es ist lange her, und mein Gedächtnis lässt nach. Ich habe Ihren Vater aus den A u gen verloren, als er Dillmouth verließ. Möglich, dass er mir noch einmal aus dem Sanatorium geschrieben hat und ich deswegen glaube, dass es an der Ostküste war – aber selbst das könnte ich heute nicht mehr beschwören. Noch weniger weiß ich, wo er begraben liegt.«
    »Für einen Schwager recht sonderbar«, bemerkte Giles.
    »Wieso? Das einzige wirkliche Band zwischen uns war Helen. Ich habe Helen immer sehr gern gehabt. Sie ist zwar nur meine Halbschwester und bedeutend jünger als ich, aber ich habe mir alle Mühe mit Ihrer Erziehung g e geben – dass sie in die richtigen Schulen kam und so we i ter. Es liegt nicht an ihrer Ausbildung, dass sie… nun, dass sie keinen gefestigten Charakter hatte. Sie war noch ganz jung, als es Ärger mit einem sehr unpassenden ju n gen Verehrer gab. Ich brachte sie glimpflich aus der G e schichte heraus. Danach beschloss sie, nach Indien zu fahren und Walter Fane zu heiraten. Dagegen war nichts einzuwenden. Anständiger Junge, Sohn des ersten Rechtsanwalts von Dillmouth, aber, unter uns gesagt, fade wie Spülwasser. Er hatte Helen schon lange ang e himmelt und ihr mehrere Heiratsanträge gemacht, ohne dass sie ihn ihrer Beachtung würdigte. Dann jedoch, als er nach Indien gegangen war, überlegte sie es sich plötzlich anders und fuhr mit der Absicht hin, ihn nun doch zu heiraten. Kaum sah sie ihn wieder, so war’s aus. Sie ließ sich telegrafisch Geld von mir für die Heimreise anweisen und kehrte mit dem nächsten Schiff zurück. Dabei lernte sie Kelvin kennen. Als ich davon erfuhr, waren sie schon verheiratet. Und bald hatte ich wieder allen Grund, mich – sagen wir – für meine Schwester zu schämen. Das e r klärt, warum Kelvin und ich keine Verbindung mehr ha t ten, nachdem sie davongelaufen war. Wo ist Helen jetzt?«, fügte er plötzlich hinzu. »Ich würde sie gern wi e dersehen.«
    »Das wissen wir eben nicht«, sagte Gwenda. »Deshalb haben wir ja inseriert!«
    »Ach ja. Ich hoffte, Sie hätten schon Informationen e r halten. Was interessiert Sie denn noch so sehr an

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