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Ruhe unsanft

Ruhe unsanft

Titel: Ruhe unsanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Abreise schrieb, Fälschungen sind. Dass Helen das Haus nicht lebend verlassen hat.«
    »Und Sie selbst«, sagte Miss Marple freundlich, »sind auch nicht mehr ganz sicher?«
    »Damals war ich es.« Kennedy starrte vor sich hin. »Ihre Flucht schien mir außer Frage zu stehen, ebenso wie Ke l vins krankhafte Halluzination. Keine Leiche im Haus, alles in Ordnung, nur Gepäck und Kleidungsstücke feh l ten. Was sollte ich anderes daraus schließen?«
    »Und Ihre Schwester war zu jener Zeit…« Miss Marple hüstelte taktvoll, »… mit jemand anders – nun ja – b e freundet?«
    Dr. Kennedy sah sie an. Seine Augen verrieten Schmerz.
    »Ich hatte meine Schwester sehr gern«, sagte er, »aber ich muss leider einräumen, dass bei Helen immer irgen d ein Mann im Hintergrund war. Manche Frauen sind so – sie können nichts dafür.«
    »Damals war Ihnen also klar, was sie zur Flucht bew o gen hatte. Warum sind Sie jetzt nicht mehr so sicher?«
    »Weil ich es für unmöglich halte«, antwortete Kennedy mit plötzlicher Offenheit, »dass Helen keine Verbindung mit mir aufgenommen hätte, wenn sie noch lebte. And e rerseits ist es seltsam, dass ich nie eine amtliche Nachricht von ihrem Tod erhalten habe. Tja…«
    Er erhob sich und zog einen Umschlag aus der Tasche.
    »Hier ist alles, was ich finden konnte. Den ersten Brief, den Helen mir nach ihrem Verschwinden schrieb, muss ich vernichtet haben; jedenfalls entdeckte ich nicht die geringste Spur von ihm. Den zweiten habe ich aufb e wahrt, den mit der postlagernden Adresse. Und dies ist die einzige Schriftprobe von früher, die ich aufstöbern konnte, die Liste einer Bestellung über Blumenzwiebeln. Das Original hat sie wohl abgeschickt und diesen Durc h schlag aus irgendwelchen Gründen behalten. Die Schri f ten scheinen mir übereinzustimmen, aber ich bin kein Fachmann. Ich werde die Papiere für das junge Paar hier lassen. Nachschicken lohnt sich wohl nicht mehr.«
    »Sicher nicht. Sie kommen morgen, spätestens übe r morgen zurück.«
    Der Doktor nickte. Er stand da und sah grübelnd in den Garten. Plötzlich sagte er:
    »Wissen Sie, was mich am meisten beschäftigt? Wenn Kelvin Halliday seine Frau doch ermordet hat, muss er die Leiche versteckt haben oder irgendwie losgeworden sein, und dies würde bedeuten – ich wüsste nicht, was es sonst bedeuten sollte –, dass der Bericht, den er mir li e ferte, von ihm kaltblütig ausgearbeitet worden war, dass er schon vorher Kleider und Koffer weggebracht hatte, um das Märchen von Helens Flucht zu untermauern, dass er auch wegen der beiden Briefe, die ich hinterher aus dem Ausland von ihr erhielt, schon vorgesorgt hatte. A l les das würde auf kaltblütigen vorsätzlichen Mord hinde u ten. Die kleine Gwennie war ein reizendes Kind. Es wäre schlimm genug für sie, wenn ihr Vater geisteskrank war, aber noch hundertmal schlimmer, einen Mörder zum Vater zu haben.«
    Dr. Kennedy wandte sich zum Gehen, aber Miss Mar p le hielt ihn mit einer raschen Frage auf:
    »Vor wem hatte Ihre Schwester solche Angst, Dr. Ke n nedy?«
    Er wandte sich zu ihr zurück und starrte sie an. »Angst? Meines Wissens vor niemand. Warum?«
    »Ich dachte nur… Entschuldigen Sie, wenn ich indi s krete Fragen stelle, aber da gab es doch einen jungen Mann – ein kleiner Flirt –, als sie noch sehr jung war. Afflick hieß er, glaube ich.«
    »Ach der! Nur eine kleine Dummheit, wie sie viele ju n ge Mädchen mal durchmachen. Ein unangenehmer Bu r sche, unzuverlässig, und gesellschaftlich weit unter ihr, ganz und gar unter ihrem Niveau. Übrigens geriet er sp ä ter in Schwierigkeiten.«
    »Ich frage mich nur, ob er vielleicht rachsüchtig war?«
    Dr. Kennedy lächelte geringschätzig.
    »Ach, ich glaube nicht, dass es bei ihm so tief ging. Und, wie gesagt, er geriet in Schwierigkeiten und machte sich aus dem Staub.«
    »Was hatte er denn verbrochen?«
    »Nichts Kriminelles, nur indiskretes Gerede. Er hat ü ber Angelegenheiten seines Chefs geklatscht.«
    »Sein Chef – war das nicht Mr Walter Fane?«
    Dr. Kennedy sah etwas überrascht aus. »Ja, richtig… Jetzt, da Sie es erwähnen, erinnere ich mich, dass er damals bei Fane & Watchman arbeitete. Er war dort nicht, um zu lernen, sondern nur als gewöhnlicher Büroangestellter.«
    Nur als gewöhnlicher Angestellter, überlegte Miss Marple, nachdem Dr. Kennedy gegangen war. Dann bückte sie sich wieder zu den Ackerwinden hinunter.

19
     
    » I ch weiß einfach nicht, was ich tun soll«, sagte Lily

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