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Ruhe unsanft

Ruhe unsanft

Titel: Ruhe unsanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Kimble.
    Ihr Mann, durch ein unerhörtes Vorkommnis zum Reden getrieben, schob ihr seine Tasse hin und öf f nete den Mund.
    »He, Lily, wo hast du deine Gedanken?«, grollte er. »Da fehlt Zucker!«
    Lily machte ihr Versehen eilig wieder gut und überlegte laut weiter.
    »Ich muss dauernd an das Inserat denken. Lily Abbott steht da groß und deutlich. Ehemaliges Hausmädchen in ›St. Catherine‹, Dillmouth. Das bin ich und keine andere.«
    »Hm«, bestätigte Mr Kimble.
    »Nach all der Zeit – es ist sehr seltsam, Jim.«
    »Tja.«
    »Was soll ich nur machen, Jim?«
    »Lass die Finger weg.«
    »Aber wenn was dabei rausspringt?«
    Es gab ein gurgelndes Geräusch, weil Mr Kimble seine Tasse austrank, um sich für die geistige Anstrengung e i ner längeren Rede zu stärken. Sein Vorwort bestand aus einem Hinüberschieben der Tasse und der lakonischen Forderung: »Mehr.« Dann legte er los.
    »Du redest immer von ›St. Catherine‹ und was da pa s siert sein soll. Hab nie richtig hingehört – Weiberklatsch, dummes Zeug. Wenn was war, ist es Sache der Polizei, und du hast dich nicht reinzumischen. Vorbei und erl e digt! Du hältst dich raus, mein Mädchen!«
    »Du hast gut reden! Und wenn ich was erben kann? Vielleicht war Mrs Halliday die ganze Zeit am Leben und ist jetzt erst gestorben und hat mir in ihrem Testament was vermacht.«
    »Vermacht? Wofür? Bah!«, stieß Mr Kimble verächtlich hervor, offenbar willens, zur Einsilbigkeit zurückzuke h ren.
    »Und sogar wenn’s die Polizei wäre«, lenkte sie eilig ein, »könnten wir was dran verdienen. Du weißt doch, Jim, manchmal gibt’s hohe Belohnungen für Leute, die in Mordfällen Hinweise geben können.«
    »Und was könntest du erzählen? Hirngespinste, weiter nichts!«
    »Das behauptest du. Ich habe nachgedacht…«
    »Bah«, sagte Mr Kimble voll Widerwillen.
    »Doch, hab ich! Schon seit dem ersten Inserat neulich. Vielleicht habe ich damals was falsch verstanden, in ›St. Catherine‹, meine ich. Diese Leonie war ja etwas dumm, wie alle Ausländer, sie verstand einen nie und redete ein schlimmes Englisch. Was hat sie damals wirklich g e meint? Wenn ich bloß wüsste, wie der Mann hieß, den sie angeblich vom Fenster aus gesehen hatte. Es war wie in dem Film, von dem ich dir erzählt hab, wie hieß er noch? Ach ja, Verbotene Liebe, war schrecklich aufregend. Er wurde schließlich durch sein Auto überführt. Er hatte dem Tankwart fünftausend Dollar gezahlt, damit er ve r gisst, dass er in der Nacht bei ihm getankt hatte. Wie viel Pfund sind das wohl? Und da war noch ein Verdächtiger, und der Ehemann hat geschäumt vor Eifersucht. Alle waren sie nach der Frau verrückt, und am Ende…«
    Mr Kimble schob seinen Stuhl zurück und erhob sich gewichtig. Im Begriff, die Küche zu verlassen, äußerte er das Ultimatum eines Mannes, der trotz aller Wortkargheit eine gewisse Schläue besaß.
    »Du lässt die Finger davon, Mädchen«, sagte er. »Oder du bereust es, das lass dir gesagt sein!«
    Damit verließ er die Küche, zog draußen seine Stiefel an – Lily war mit ihrem Küchenboden sehr heikel – und ging. Lily setzte sich an den Tisch, und ihr gewitztes kle i nes Hirn arbeitete fieberhaft. Natürlich konnte sie nicht direkt gegen den Willen ihres Mannes handeln, trotzdem – Jim war so engstirnig, so nüchtern. Sie musste vers u chen, jemand um Rat zu fragen, der über Polizei und B e lohnung Bescheid wusste. Es wäre ein Jammer, eine gute Chance, zu Geld zu kommen, zu vertun.
    Eifrig und gierig überlegte sie. Was hatte Leonie damals tatsächlich gesagt? Plötzlich kam ihr eine Idee. Sie stand auf und holte das selten benutzte Schreibzeug aus einer Schublade.
    »Ich weiß, was ich tue«, murmelte sie. »Ich schreibe an den Doktor, Mrs Hallidays Bruder. Er wird mir raten, was ich tun soll, wenn er noch am Leben ist. Ich kann ja b e haupten, dass mein Gewissen mir keine Ruhe lässt, weil ich nie was von Leonie gesagt habe – und von dem W a gen.«
    Dann waren eine Weile nur Schreibgeräusche zu hören. Lily schrieb selten einen Brief, und es machte ihr b e trächtliche Mühe, ihn abzufassen.
    Schließlich hatte sie es geschafft, sie steckte den Bogen in einen Umschlag, adressierte ihn und klebte ihn zu. Sie war nicht so froh, wie sie gedacht hatte. Wetten, dass der Doktor tot oder von Dillmouth weggezogen war!
    Konnte sie noch jemand anders fragen? Wie hatte der Kerl damals bloß geheißen? Wenn sie sich doch an den Namen erinnern könnte…

20
     
    A m

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