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Ruhe unsanft

Ruhe unsanft

Titel: Ruhe unsanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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war.«
    »Ach so. Wenn ich zurückblicke, kam er mir ganz no r mal vor. Er war sehr liebenswürdig. Er hatte Helen sehr gern und war stolz auf sie. Mehr war es wohl nicht. Nein, der Eifersüchtige war ich – auf ihn.«
    »Also schien die Ehe ganz harmonisch zu sein?«
    »Ja. Das freute mich, und zugleich – zugleich tat es mir weh, sehen zu müssen, wie… Helen hat mit mir nicht über ihn gesprochen. Wie ich schon sagte, vermied sie jedes Alleinsein mit mir; es kam zu keinen Vertraulichke i ten zwischen uns. Aber jetzt, da Sie danach fragen: Ein gewisser Zug von Besorgtheit fiel mir an ihr auf…«
    »Besorgtheit?«
    »Ja. Ich dachte zuerst, sie fürchte meine Frau, aber es ging tiefer.« Er sah Gwenda scharf an. »Hatte sie Grund, vor ihrem Mann Angst zu haben? War er eifersüchtig auf andere Männer ihres Bekanntenkreises?«
    »Sie halten das doch selbst für unwahrscheinlich, Mr Erskine.«
    »Mit der Eifersucht ist es eine sonderbare Sache. Manchmal tarnt sie sich so geschickt, dass man nichts von ihr ahnt.« Er schüttelte sich kurz. »Um so fürchterl i cher kann sie plötzlich hervorbrechen…«
    »Bitte, sagen Sie mir noch…«, begann Gwenda und u n terbrach sich, da man ein Auto den Weg heraufkommen hörte.
    »Meine Frau scheint vom Einkauf zurück zu sein«, b e merkte Erskine. Von einem Moment zum anderen ve r wandelte er sich. Sein Ton wurde formell, sein Gesicht ausdruckslos. Ein schwaches Zittern seiner Hände verriet, dass er nervös war. Dann stand er auf und ging seiner Frau, die mit langen Schritten um die Hausecke bog, en t gegen.
    »Mrs Reed hat gestern einen Ring im Garten verloren«, sagte er zu ihr.
    »Ach, wirklich?«, bemerkte Mrs Erskine kurz.
    »Guten Tag«, sagte Gwenda. »Glücklicherweise habe ich ihn wieder gefunden.«
    »Wie erfreulich.«
    »O ja. Es wäre mir schrecklich gewesen, ihn zu verli e ren. Es ist mein Verlobungsring. Aber jetzt muss ich mich auf die Beine machen.«
    Mrs Erskine erhob keinen Einspruch, und ihr Mann sagte: »Ich begleite Sie zum Wagen.« Aber als er sich a n schickte, Gwenda zu folgen, meinte seine Frau scharf:
    »Richard! Wenn Mrs Reed dich bitte entschuldigen möchte. Du hast eine sehr wichtige Verabredung.«
    »Lassen Sie sich nicht aufhalten«, sagte Gwenda hastig. »Ich finde den Weg allein.«
    Damit lief sie um das Haus herum zur Einfahrt und blieb dann ratlos stehen. Mrs Erskine hatte ihren Austin so geparkt, dass Gwenda bezweifelte, an ihm vorbe i kommen zu können. Sehr ungern und zögernd kehrte sie zur Terrasse zurück. Kurz vor der Terrassentür blieb sie wie versteinert stehen, denn Mrs Erskines tönender Alt drang deutlich an ihr Ohr:
    »Erzähl mir keine Märchen! Natürlich war es eine abg e kartete Sache. Du hast gestern mit der Person verabredet, dass sie herkommt, wenn ich weggefahren bin. Ich kenne dich doch! Kein hübsches Mädchen ist vor dir sicher. Aber ich lasse mir das nicht mehr bieten, verstehst du? Ich lasse es mir nicht bieten!«
    Erskines leise, beschwörende Stimme unterbrach sie.
    »Manchmal denke ich wirklich, du bist nicht ganz ric h tig im Kopf, Janet.«
    »Ich? Du meinst wohl, du! Du kannst keine Frau in R u he lassen!«
    »Du weißt, dass das nicht wahr ist, Janet!«
    »O doch! Sogar in Dillmouth, wo diese Person he r kommt, hast du schon mal eine Romanze gehabt. Willst du etwa abstreiten, dass du in diese blonde Halliday ve r schossen warst?«
    »Musst du auf alten Geschichten herumreiten, die Jah r zehnte zurückliegen? Du steigerst dich in etwas hinein…«
    »Du treibst mich dazu! Du brichst mir das Herz! Aber ich sage dir, einmal ist Schluss! Ich lasse mir das nicht mehr bieten! Heimliche Stelldicheins… Ich werde hinter meinem Rücken ausgelacht! Du magst mich nicht! Du hast mich nie geliebt! Ich bringe mich um! Ich stürze mich von den Felsen! Ich wünschte, ich wäre tot…« Ihre Stimme brach.
    »Janet, um Gottes willen, Janet!«
    Mrs Erskine begann heftig zu schluchzen, was laut bis zu Gwenda in den sommerlichen Garten drang.
    Gwenda schlich auf Zehenspitzen um das Haus zurück zur Einfahrt. Sie zögerte kurz, ging zur Haustür, klingelte und sagte zu dem erstaunten Hausmädchen:
    »Entschuldigen Sie, bitte, könnte wohl jemand den Au s tin ein Stückchen wegfahren? Ich komm nicht vorbei.«
    Das Mädchen verschwand, und bald erschien ein Mann von der anderen Hausseite her, wo sich anscheinend fr ü her eine Kutscherwohnung befunden hatte. Er tippte grüßend an den Mützenschirm, stieg in den Austin und fuhr

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