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Ruhe unsanft

Ruhe unsanft

Titel: Ruhe unsanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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grübelte über sie im Licht ihrer neuen Erkenntnisse nach. Walter Fane hatte sie an eine fahle Spinne im Netz erinnert. Der ruhige, harmlos wirkende Walter Fane – wie ein Haus mit hera b gelassenen Jalousien. Und einer Leiche darin, seit vielen Jahren. Wie unheimlich er ihr jetzt erschien. Walter Fane, der sich als Junge in mörderischer Wut auf seinen Bruder gestürzt hatte. Helen hatte ihm einen Korb gegeben, erst hier, dann in Indien – eine doppelte Kränkung. Er war so gelassen und kühl. Trotzdem – würde er seine angesta u ten Gefühle in einer plötzlichen Gewalttat entladen?
    Gwenda öffnete die Augen. Jetzt war doch eindeutig klar, dass Walter Fane die Tat begangen hatte. Oder sollte sie Jackie Afflick lieber noch unter die Lupe nehmen – ganz objektiv?
    Sein auffallender karierter Anzug, seine auftrumpfende Art – der genaue Gegensatz zu Walter Fane. Aber vie l leicht hatte er sich dieses Benehmen angewöhnt, um e i nen alten Minderwertigkeitskomplex zu überspielen. Die Fachleute behaupteten ja, dass man Unsicherheit mit Großspurigkeit und Anmaßung verdeckte. Er war für Helen nicht gut genug gewesen, und diese Wunde schwärte in ihm weiter. Er vergaß nichts, wie er selbst betont hatte. Dazu seine Entschlossenheit, in der Welt voranzukommen, und sein Wahn, dass jeder gegen ihn war. Man hatte ihn auf Grund der falschen Beschuld i gung eines angeblichen Feindes aus seinem Job gefeuert. Das alles bewies doch, dass er nicht normal war. Und welches Machtgefühl musste so ein Mann beim Töten verspüren. Hinter diesem gutmütigen, jovialen Gesicht verbarg sich viel Brutalität. Jackie Afflick war ein roher Kerl, und seine dünne blasse Frau wusste es und fürcht e te sich vor ihm. Lily Kimble war eine Gefahr für ihn g e worden, und so musste Lily sterben. Sie und Giles hatten sich eingemischt – darum sollten auch sie sterben, und Walter Fane, der ihn damals gefeuert hatte, wurde de s halb in die Sache hineingezogen. Das passte genau.
    Gwenda riss sich von ihren Grübeleien los und kehrte zu den nächstliegenden Dingen zurück. Wenn Giles nachhause kam, würde er Tee trinken wollen. Sie musste aufräumen und abwaschen.
    Sie holte ein Tablett und trug Geschirr und alles Übrige in die Küche, wo es vor Sauberkeit blitzte. Mrs Cocker war wirklich eine Perle.
    Auf dem Rand des Spülsteins lag ein Paar Gummihan d schuhe, die Mrs Cocker zum Abwaschen zu tragen pfle g te. Ihre Nichte arbeitete in einem Krankenhaus und b e kam sie billiger.
    Gwenda streifte sie sich über und begann mit dem Sp ü len. Sie brauchte sich ja nicht unbedingt die Hände zu verderben. Als sie fertig war, räumte sie alles ordentlich weg und ging, in Gedanken versunken, die Treppe hi n auf. Sie konnte noch rasch ein Paar Strümpfe ausw a schen, überlegte sie, und einen Pullover. Die Gumm i handschuhe behielt sie an. Doch diese Überlegungen beschäftigten sie nur an der Oberfläche. Irgendwo tief im Innern nagte etwas an ihr.
    Walter Fane oder Jackie Afflick? Gegen beide hatte sie gleich gute Verdachtsmomente vorzubringen. Vielleicht war es das, was sie so beunruhigte. Denn es wäre viel befriedigender gewesen, wenn nur einer in Betracht käme. Allmählich sollte sie sich darüber klar sein, welcher es war. Doch sie war nicht sicher.
    Ein dritter Mann kam nicht infrage. Erskine war aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschieden. Er war in Northumberland gewesen. Gwenda freute sich darüber, denn sie mochte ihn. Er war ein attraktiver Mann, sehr attraktiv. Was für ein Jammer, dass er an so einen Klotz von Frau geraten war, mit bösen eifersüchtigen Augen und einer dröhnenden Bassstimme. Fast wie bei einem Mann.
    Eine Männerstimme?
    Bei diesem Gedanken, der ihr da durch den Kopf schoss, spürte sie ein seltsames Unbehagen. Eine Mä n nerstimme… War es etwa Mrs Erskine gewesen – und nicht ihr Mann –, die sich gestern Abend am Telefon gemeldet hatte?
    Aber nein, das war völliger Unsinn. Sowohl sie wie G i les hätten es gemerkt. Und außerdem hätte Mrs Erskine kaum auf diesen Anruf gefasst sein können. Nein, es war Erskine gewesen. Er hatte noch erzählt, dass seine Frau verreist war. Seine Frau war verreist…
    Dann… nein, das war unmöglich! Oder konnte Mrs Erskine, von ihrer Eifersucht bis zum Wahnsinn gereizt, die Morde begangen haben? Hatte Leonie damals etwa eine Frau im nächtlichen Garten beobachtet? Hatte Lily unvorsichtigerweise auch an Mrs Erskine geschrieben?
    Plötzlich wurde unten in der Halle die

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