Ruheloses Herz
auch noch so geduldig.«
Jetzt richtete er sich wieder auf und half ihr beim Aufstehen. »Meines Wissens nach bin ich weder für das eine noch für das andere bekannt, Mrs. Grant.«
»Das ist nur, weil die meisten Leute nicht richtig hinsehen. Aber nachdem ich an Ihrer Schulter geweint habe, sollten Sie es wirklich langsam schaffen, Delia zu mir zu sagen. Ich gehe jetzt in den Stall und mache mich dort ein bisschen nützlich.«
»Sie weint fast nie«, murmelte Keeley, nachdem ihre Mutter sie und Brian allein gelassen hatte. »Außer wenn sie sehr glücklich oder sehr traurig ist. Tut mir leid, dass ich so auf Sie losgegangen bin, aber als ich ihre Tränen sah, konnte ich nicht mehr klar denken.«
»Macht nichts, auf mich haben Tränen eine sehr ähnliche Wirkung.«
Sie nickte, dann suchte sie verzweifelt nach einem Gesprächsthema, um das verlegene Schweigen, das zwischen ihnen entstanden war, zu brechen. Dabei war sie sich so sicher gewesen, dass sie ihm beim nächsten Mal gefasst gegenübertreten würde. »Wie ich gehört habe, waren Sie in Hialeah sehr erfolgreich.«
»Wir. Ihr Hero läuft sehr gut, besonders in der Menge.«
»Ja, ich weiß. Er lebt nur, um zu laufen.« Ihr Blick fiel auf seine Reisetasche, die er auf dem Boden abgestellt hatte. »Und Sie sind noch nicht einmal richtig da und haben schon eine weinende Frau am Hals und eine zweite, die Sie anfaucht. Es tut mir wirklich leid.«
»Leid genug, um mir eine Kanne Tee zu machen, während ich kurz im Bad verschwinde?«
»Ich … also … na gut, aber ich habe nur eine knappe Stunde Zeit.«
»Eine Kanne Tee zu machen dauert längst nicht so lange.« Zufrieden begann er, die Treppe hinaufzusteigen. »Dann haben Sie heute Nachmittag noch Unterricht?«
»Ja.« Obwohl sie das Gefühl hatte, in eine Falle zu gehen, folgte Keeley ihm ins Haus. Er war zu ihrer Mutter freundlich gewesen, und sie war verpflichtet, sich dafür bei ihm zu revanchieren. »Um halb vier. Aber vorher habe ich noch einiges zu erledigen.«
»Gut, ich brauche nicht lange. Wo die Küche ist, wissen Sie ja sicher.«
Sie schaute ihm mit gerunzelter Stirn nach, als er im Schlafzimmer verschwand.
Die Situation dadurch in den Griff zu bekommen, dass sie ihm Tee machte, war nicht unbedingt das, was sie sich vorgenommen hatte. Sie hatte viel darüber nachgedacht und am Ende beschlossen, dass es am besten sein würde, wenn sie ihm mit freundlicher Höflichkeit, aber distanziert begegnete. Der Vorfall an diesem Abend vor einigen Tagen war nur eine vorübergehende Torheit gewesen. Harmlos.
Unglaublich.
Entschlossen ging sie in die Küche, um den alten Teekessel mit Wasser aufzusetzen, an dem Paddy so gehangen hatte. Nein, es gab absolut nichts, worüber sie sich Sorgen machen müsste. In gewisser Hinsicht sollte sie Brian sogar dankbar sein. Durch ihn hatte sie erfahren, dass sie Männern doch nicht so gleichgültig gegenüberstand, wie sie immer geglaubt hatte. Tatsächlich hatte es sie manchmal ein bisschen beunruhigt, dass es – anders als bei ihren Freundinnen – bei ihr und einem Mann noch nie richtig gefunkt hatte.
Nun, bei ihm waren die Funken geflogen, eine ganze Feuersbrunst hatte sie gespürt. Und das war gut so, es war nur gesund. Irgendjemand hatte sie schließlich doch noch zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und in der richtigen Stimmung erwischt. Und wenn es einmal passiert war, konnte es jederzeit wieder passieren.
Mit jemand anders natürlich. Wenn sie beschloss, dass es an der Zeit war.
Sie ließ den Tee ziehen, dann öffnete sie einen Hängeschrank und streckte sich nach einer Tasse.
»Ich hole sie.« Er trat hinter sie und klemmte sie zwischen sich und dem Tresen ein. Schloss seine Hand über ihrer, die die Tasse hielt.
Sie konnte die Seife, mit der er sich gewaschen hatte, riechen und die Hitze, die er ausstrahlte, spüren. Und ihr Mund wurde trocken.
»Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, dass ich es nicht vergessen will.«
Sie versuchte ganz bewusst zu atmen. »Wie bitte?«
»Und dass ich es dich auch nicht vergessen lasse.«
Sie schluckte. »Wir haben uns geeinigt, dass …«
»Wir haben uns auf gar nichts festgelegt.« Er nahm ihr die Tasse aus der Hand, stellte sie ab. Ihr Haar, das sie sich zu einem Pferdeschwanz hochgebunden hatte, ließ ihren schön geschwungenen Nacken frei. Er streichelte ihn. »Trotzdem behaupte ich, dass zwischen uns eine unausgesprochene Einigkeit darüber besteht, dass wir uns wollen.«
Das Begehren stieg heiß in ihr
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