Ruheloses Herz
Medaille?«
»Die Silbermedaille von den Olympischen Spielen. Ich war in Ihrem Büro, weil ich Sie gesucht habe.«
»Mit der Medaille lassen sich Eltern ködern, die es sich leisten können, für die Reitstunden gutes Geld zu bezahlen.«
»Sie ist etwas, worauf man stolz sein kann.«
»Das bin ich auch.« Mit ihrer freien Hand strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dabei streiften ihre Fingerspitzen die samtweiche Blüte in ihrem Haar. »Aber sie sagt nicht alles über mich aus.«
»Anders als zum Beispiel … warten Sie … eine engli-sche Krawatte?«
Das Auflachen entschlüpfte ihr ganz unversehens und linderte die seltsame Anspannung in ihr. »Ich habe eine Überraschung für Sie. Mit viel Zeit und einiger Anstrengung könnte ich Sie vielleicht sogar irgendwie mögen.«
»Ich habe viel Zeit.« Er ließ ihre Hand los und berührte sacht ihre Haarspitzen. Sie schrak sofort zurück. »Sie sind ganz schön nervös«, murmelte er.
»Nein, eigentlich nicht besonders.« Normalerweise jedenfalls nicht, dachte sie. Bei den meisten Leuten.
»Es ist nur, weil ich Sie gern berühre«, sagte er und fuhr ihr absichtlich wieder mit den Fingerspitzen übers Haar. »Es hat etwas mit dieser … Verbindung zu tun. Sie entsteht durch Berührung.«
»Ich …« Sie sprach nicht weiter, als er mit den Fingern sanft über ihren Nacken strich.
»Ich habe herausgefunden, dass Sie Ihre Probleme direkt hier unten an Ihrer Halswurzel mit sich herumtragen. Mehr Probleme, als sich auf Ihrem Gesicht widerspiegeln. Und Sie haben wirklich ein wunderschönes Gesicht, Keeley. Es haut einen glatt um.«
Die Anspannung löste sich dort, wo seine Hände sie berührten, und baute sich an anderer Stelle wieder auf. An einer Art Sammelpunkt, wo sich die Hitze konzentrierte. Plötzlich verspürte sie so einen Druck in der Brust, dass sie kaum noch Luft bekam. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Schmerzte.
»Mein Gesicht hat nichts damit zu tun, wie ich bin.«
»Vielleicht nicht, aber es ist trotzdem ein reines Vergnügen, es anzusehen.«
Wenn sie nicht erschauert wäre, hätte er vielleicht widerstehen können. Natürlich wusste er, dass es ein Fehler war. Aber er hatte schon früher Fehler gemacht und würde immer wieder welche machen. Das Mondlicht schien, und die Luft war erfüllt von Rosenduft. Konnte man von einem Mann wirklich verlangen, dass er es übersah, wenn eine schöne Frau unter seiner Berührung erbebte?
Von mir nicht, entschied er.
»Die Nacht ist zu schön, um sie zu verschlafen«, wiederholte er und beugte sich zu ihr hinunter.
Sie schrak erst zurück, als sein Mund ihrem schon ganz nahe war. Mit den Fingern streichelte er weiter ihren Nacken, hielt sie fest. Sein Blick schweifte zu ihren Lippen, verweilte dort kurz, ehe er ihr wieder in die Augen schaute.
Und er lächelte. » Cushla machree «, murmelte er, und sie fühlte sich von den Worten so in Bann gezogen, als wären sie eine Zauberformel.
Seine Lippen streiften ihre so sanft wie Schmetterlingsflügel. Daraufhin begann sie erneut zu erbeben. Er zog sie noch ein bisschen enger an sich, lockte ihren Körper, lud ihn ein, sich anzuschmiegen, während sich seine Hand auf ihrem Rücken rhythmisch auf und ab bewegte.
Ganz langsam öffnete sie ihre Lippen.
Es war himmlisch, sich so weich, so weiblich, so offen zu fühlen. Sie legte ihm die Hände auf die Schultern, während sie sich dem atemberaubenden Gefühl seines Kusses hingab.
Er konnte zärtlich sein, er hatte für das Zerbrechliche schon immer eine große Zärtlichkeit verspürt. Aber ihre überraschende Hingabe entfachte in ihm ein heißes Verlangen, sie zu packen und sie zu nehmen. Nur mit Mühe konnte er sich beherrschen. Er hatte mit Widerstand gerechnet. Alles, angefangen von eisiger Verachtung bis hin zu heftiger Leidenschaft, hätte er verstanden. Aber diese völlige Hingabe machte ihn fertig.
»Mehr«, murmelte er unter ihrem Mund. »Nur noch ein bisschen mehr.« Und er vertiefte den Kuss.
Aus ihrer Kehle stieg ein Laut auf, ein tiefes Stöhnen, das ihm durch und durch ging. Sein Herz raste, ihm wurde heiß, und sein Atem ging stoßweise.
Darüber erschrak er so, dass er den Kuss unvermittelt beendete, sich unsanft von ihr löste und sie mit der nervösen Wachsamkeit eines Mannes musterte, der plötzlich begreift, dass er kein Kätzchen, sondern einen Tiger im Arm hält.
Hatte er tatsächlich geglaubt, dass er nur einen Fehler machte? Nur einen ganz normalen, alltäglichen Fehler? Was
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