Ruheloses Herz
Schritte nach vorn und machte sich daran, den nächsten Huf zu säubern. »Aber nachdem ich sie schließlich hatte, wurde mir klar, dass ich ganz und gar auf dieses eine Ziel fixiert gewesen war. Und dann war es plötzlich vorbei. Ich wollte wissen, was es sonst noch gibt und was noch alles in mir steckt. Ich konkurriere gern, aber irgendwann wurde mir klar, dass man es nicht ständig tun muss und dass es nicht alles ist.«
»Diese Art Reitschule, wie du sie hier aufgezogen hast, kann man nicht gut allein machen. Du solltest jemand haben, mit dem du zusammenarbeiten kannst.«
Sie zuckte die Schultern und begann, den Huf mit Öl einzureiben. »Bis jetzt haben mir Sarah und Patrick ein bisschen geholfen. Und Ma springt auch ein, wenn sie Zeit hat, ebenso wie Dad und Brendon. Onkel Paddy hat auch nie Nein gesagt, wenn ich ihn gefragt habe. Außerdem gibt es auch noch meine Cousins von der Three Aces, die ich jederzeit fragen kann, wenn ich mal Unterstützung brauche.«
»Ich habe hier außer dir aber noch nie jemand gesehen.«
»Nun, dafür gibt es eine einfache Erklärung. Patrick und Sarah sind auf dem College – ebenso wie Brady, den ich, wenn er da ist, durchaus auch manchmal dazu überreden kann, eine Box auszumisten. Brendon ist wesentlich mehr unterwegs als früher. Onkel Paddy ist in Irland, und meine Cousins von der Three Aces sind gerade erst aus dem Urlaub zurückgekommen und müssen jetzt wieder zur Schule. Aber mindestens jeden zweiten Tag tauchen pünktlich bei Sonnenaufgang entweder meine Mutter oder mein Vater hier auf, und manchmal auch beide. Ohne dass ich sie darum bitten müsste.«
Keeley richtete sich wieder auf. »Und jetzt hast du dich ja auch noch als Teilzeit-Stallbursche, Exerciseboy und Stallhelfer angeboten. Das ist schon ziemlich viel für so eine kleine Reitschule.«
Sie verließ die Box, um das Futter zu mischen.
»Du könntest dir einen Schüler oder eine Schülerin suchen, die verrückt nach Pferden sind und vor und nach der Schule vorbeikommen – und sie bezahlen, indem du ihnen Reitstunden gibst.«
»Auch Jungen und Mädchen, die verrückt nach Pferden sind, sollten vor der Schule frühstücken, und danach sollten sie mit Freunden spielen und Hausaufgaben machen.«
»Das klingt sehr streng.«
Sie kicherte und mischte einige Mohrrüben unters Futter. »Das sagen meine Schüler auch. Aber Kinder sollten so vielseitig wie möglich sein. Meine Eltern haben immer darauf geachtet, dass ich außer den Pferden auch noch andere Interessen und Freundschaften hatte. Das ist sehr wichtig.«
Sie teilten sich die Pferde auf, und nachdem sie das Futter ausgeteilt hatten, füllte sich der Stall mit erfreutem Wiehern und zufriedenem Schnauben.
»Obwohl ich doch anmerken möchte, dass du selbst im Augenblick neben deiner Reitschule nicht viele andere Interessen zu haben scheinst.«
»Na ja, so bin ich eben. Ich glaube, das nennt man zielorientiert. Sobald ich ein Ziel habe, renne ich los … und dann ist es irgendwie so, als hätte ich Scheuklappen auf. Ich sehe nur noch die Zielgerade.«
Sie lehnte sich an einen Wallach und kraulte ihm die Mähne. »Genau aus diesem Grund haben mir meine Eltern als Kind nicht erlaubt, meine gesamte Freizeit mit Pferden zu verbringen. Deshalb habe ich dann unter anderem auch Klavierstunden genommen, aber schon nach ganz kurzer Zeit war ich entschlossen, die beste Klavierschülerin zu werden. Oder wenn ich nach dem Abendessen mit dem Abwasch an der Reihe war, war diese verdammte Küche anschließend so blitzblank, dass man sich bei einem späten Imbiss eine Sonnenbrille aufsetzen musste.«
»Das klingt ja furchterregend.«
Sie sah das humorvolle Funkeln in seinen Augen und nickte. »Ja, das kann es wirklich sein. Aber bei meiner Reitschule hier kann sich dieser Erfolgszwang auf vielen verschiedenen Ebenen austoben – an Kindern, den Pferden und der Einrichtung selbst –, auch wenn es nur um ein einziges Ziel geht. Und wenn die Schule erst auf wirklich sicheren Beinen steht, kann ich auch etwas mehr delegieren, aber vorher brauche ich eine solide Basis. Ich hasse es nämlich, Fehler zu machen. Deshalb war ich bis jetzt noch nie mit einem Mann zusammen.«
Der unvermittelte Themenwechsel brachte ihn so schnell und vollständig aus dem Konzept, dass er ins Stammeln geriet. »Nun, das ist … das ist weise.«
Er trat einen Schritt zurück, wie ein Schachspieler, der eine Figur zurücksetzt.
»Interessant, dass dich das so nervös macht«, stellte sie
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