Ruheloses Herz
bedeute.«
6. K APITEL
Es war wirklich erstaunlich, dass zwei Menschen praktisch an demselben Ort leben und arbeiten und sich trotzdem aus dem Weg gehen konnten. Man brauchte sich nur etwas Mühe zu geben.
Und Brian gab sich schon seit einigen Tage mächtig Mühe. Er hatte viel zu tun und noch mehr Grund, sich so selten wie möglich in den Reitställen und so oft wie möglich auf der Rennbahn aufzuhalten. Es dauerte allerdings nicht lange, bis ihm klar wurde, dass dieses Ausweichen sich nicht mit seinem Stolz vertrug. Es grenzte ja schon fast an Feigheit.
Hinzu kam, dass er, obwohl er Keeley versprochen hatte, ihr zu helfen, bis jetzt noch keinen Finger dafür krumm gemacht hatte. Und er war ein Mann, der sein Wort hielt, egal, was es ihn kostete. Darüber hinaus war er ein Mann, der sich beherrschen konnte, erinnerte er sich, während er zum Stall schlenderte. Er hatte nicht die Absicht, sie zu verführen oder ihre Unerfahrenheit auszunutzen.
Ja, er hatte sich entschieden.
Dann ging er hinein und sah sie. Er schluckte, und ihm wurde heiß bei ihrem Anblick.
Sie trug wieder so eine schicke Kluft – schokoladenbraune Reithose und eine cremefarbene Bluse, unter der sich ihre festen Brüste abzeichneten. Das Haar fiel ihr wild über die Schultern. Und dann sah er, wie sie es zurückschüttelte, im Nacken zusammennahm und durch eine breite elastische Schlaufe zog.
Er entschied, dass es für seine Hände im ganzen Universum keinen besseren Platz gab als in seinen Hosentaschen.
»Sind die Reitstunden beendet?«
Sie wandte den Kopf, die Hände immer noch in ihrem Haar. Aha. Sie hatte sich schon gefragt, wie lange es wohl dauern mochte, bis er ihr wieder über den Weg lief. »Warum? Willst du eine?«
Er runzelte die Stirn und unterließ es im letzten Moment, sein Gewicht unbehaglich von einem Bein aufs andere zu verlagern. »Ich habe versprochen, dir zu helfen.«
»Stimmt. Und zufälligerweise könnte ich gerade Hilfe gebrauchen. Hast du nicht gesagt, du kannst reiten?«
»Ja, natürlich kann ich reiten.«
»Prima.« Sie deutete auf einen großen Kastanienbraunen. »Mule muss sich unbedingt bewegen. Wenn du ihn nimmst, nehme ich Sam. Sie hatten beide in den letzten Tagen nicht genug Auslauf. Bestimmt findest du einen Sattel, der dir zusagt.« Sie öffnete die Tür einer Box und führte den bereits gesattelten Sam heraus. »Wir warten auf der Koppel.«
Während Sams Hufschläge verklangen, musterte Brian Mule und Mule Brian. »Sie kann einen ganz schön herumkommandieren, was?« Mit einem Schulterzucken ging Brian in die angrenzende Kammer, um sich einen passenden Sattel auszusuchen.
Als er aus dem Stall kam, galoppierte sie auf Sam über die Koppel, so eins mit dem Pferd, dass es aussah, als wäre sie mit ihm verschmolzen. Elegant setzte der Braune über drei Hürden. Immer noch im Handgalopp lenkte sie ihn in den nächsten Kreis, dann entdeckte sie Brian. Das Pferd verlangsamte seine Schritte, blieb stehen.
»Bist du so weit?«
Statt zu antworten, schwang er sich in den Sattel. »Warum bist du heute mit deiner Arbeit schon fertig?«
»Es ist so herrliches Wetter. Wir haben Fotos gemacht, worüber sich die Eltern genauso freuen wie die Kinder. Und jetzt will Mule sich richtig verausgaben, wenn du bereit bist.«
»Okay, dann also los.« Er drückte dem Pferd ganz leicht die Absätze in die Flanken, was das Pferd veranlasste, durch das offene Gatter gemächlich nach draußen zu traben.
»Wie geht’s deinen Rippen?«, erkundigte Keeley sich, nachdem sie ihn eingeholt hatte.
»Alles in Ordnung.« Sie machten ihn wahnsinnig, weil er sich jedes Mal, wenn sie ein bisschen zwickten, daran erinnerte, wie sich ihre Hände darauf angefühlt hatten.
»Ich habe mir sagen lassen, dass das Jährlingstraining gut vorangeht und dass sich Betty als eine deiner Starschülerinnen entpuppt.«
»Sie brennt darauf zu laufen. Das kann man selbst durch das beste Training nicht erreichen. Wir werden ihr demnächst einen kleinen Vorgeschmack auf ein Rennen geben, mal sehen, wie sie damit zurechtkommt.«
Keeley ritt einen sanften Hügel hinauf, wo die Bäume trotz des nahenden Herbstes immer noch üppig grün waren. »Ich würde Foxfire dazunehmen«, bemerkte sie beiläufig. »Er ist stabil und erfahren, und an der Startmaschine hat er mächtig viel Spaß. Wenn sie ihn erst einige Mal losstürmen sieht, wird sie nicht hinter ihm zurückstehen wollen.«
Er hatte sich bereits für Foxfire als Bettys Lehrer für diesen Zweck
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