Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
plaziert waren, doch es steckte ein ganz bestimmtes System dahinter. Die Bilder wechselten immer wieder ihre Plätze – es hing ganz davon ab, welche Familienmitglieder in Ungnade fielen und welche sich besonderer Beliebtheit erfreuten. Wer zum Beispiel auf dem kleinen wackligen Tisch neben der Katzenschüssel endete, mußte harte Arbeit leisten. Noch schlimmer war, daß man nicht etwa deshalb in der Ogg-Hierarchie nach unten sank, weil man sich irgend etwas zuschulden kommen ließ, sondern deshalb, weil alle anderen Besseres leisteten. Das erklärte auch, warum die Stellen, wo keine Bilder standen, von Zierat in Anspruch genommen wurden: Kein Ogg, der sich weiter als zehn Meilen von Lancre entfernte, würde auch nur daran denken, ohne ein Geschenk heimzukehren. Die Oggs liebten Nanny Ogg. Außerdem gab es noch schlimmere Plätze als den wackligen Tisch. Ein entfernter Cousin war einmal im Flur gelandet.
    Die meisten Objekte waren Krimskrams, auf Jahrmärkten gekauft, aber dagegen hatte Nanny nichts einzuwenden, solange sie bunt waren und glänzten.
    Deshalb gab es viele schielende Hunde, rosarote Schäferinnen und Krüge mit falsch geschriebenen Aufschriften wie »Für die bäste Mutter der Welt« und »Wir liehben unsere Nanny«. Ein großer Bierkrug aus vergoldetem Porzellan, der »Ich bin ein Rattarsedschwein« aus Das Studentenpferd spielte, stand in einer abgeschlossenen Vitrine mit gläsernen Türen – ein so großer Schatz durfte nicht offen zur Schau gestellt werden und hatte Shirl Oggs Bild einen permanenten Platz auf der Frisierkommode eingebracht.
    Auf einem Tisch war bereits eine Stelle für die grüne Glaskugel freigeräumt worden. Nanny Ogg sah auf, als Agnes hereinkam.
    »Ich habe dich schon vor einer ganzen Weile erwartet. Hast wohl getrödelt, wie?« fragte sie mit einer Stimme, die selbst dicke Rüstungen mühelos durchdrungen hätte.
    »Nanny, Oma hätte so etwas gesagt«, erwiderte Agnes vorwurfsvoll. Nanny Ogg schauderte kurz. »Da hast du recht, Mädchen. Wir sollten
    sie möglichst schnell finden. Ich bin viel zu fröhlich, um zu einer alten Fuchtel zu werden.«
»Überall wimmelt es von sonderbaren Wesen!« stieß Agnes hervor. »Es gibt haufenweise Zentauren! Wir mußten in den Graben springen!«
    »Ah, mir sind die Blätter und das Gras an deinem Kleid aufgefallen«, sagte Nanny. »Aber taktvoll, wie ich bin, wollte ich nicht darauf hinweisen.«
    »Woher kommen all die Geschöpfe?«
»Aus den Bergen, schätze ich. Wieso hast du Willi Fromm mitgebracht?«
»Weil er sich schmutzig gemacht hat«, erwiderte Agnes scharf. »Und weil ich ihm versprochen habe, er könne sich hier waschen.«
    »Äh… ist dies wirklich das Haus einer Hexe?« fragte Hilbert Himmelwärts und ließ den Blick über die Porträts der Ogg-Großfamilie schweifen.
    »Meine Güte«, sagte Nanny.
»Pater Melchio meint, die Häuser von Hexen seien Stätten von Verderbtheit und wilden sexuellen Ausschweifungen.«
    Der junge Priester trat einen nervösen Schritt zurück und stieß gegen einen kleinen Tisch, woraufhin eine aufziehbare blaue Ballerina mit einer ruckelnden Pirouette begann, dazu erklang die Melodie von »Drei blinde Mäuse«.
    »Nun, wir lassen hier nichts verderben«, sagte Nanny. »Und was die andere Sache betrifft…Was glaubst du?«
    »Ich schätze, wir können froh sein, daß dies ein Kommentar von Nanny Ogg war«, sagte Agnes. »Bitte zieh ihn nicht auf. Wir haben einen anstrengenden Morgen hinter uns.«
    »Äh… wo ist die Pumpe?« fragte Himmelwärts. Agnes deutete in die entsprechende Richtung, und er eilte dankbar davon.
»So feucht hinter den Ohren kann man normalerweise nur nach mehreren Stunden im Regen sein«, meinte Nanny und schüttelte den Kopf.
    »Man hat Oma über dem langen See gesehen«, sagte Agnes und nahm am Tisch Platz.
Nanny hob abrupt den Kopf. »Beim Moor?«
    »Ja.«
»Schlimme Sache. Das dort oben ist knotiges Land.«
»Knotig?«
»Alles zermalmt und so.«
»Wie bitte? Ich bin einmal dort gewesen. Es gibt da nur Heidekraut,
    Stechginster und einige alte Höhlen am Ende des Tals.«
»Ach, tatsächlich? Hast dir die Wolken angesehen, wie? Na schön, versuchen wir’s…«
Als Himmelwärts sauber geschrubbt zurückkehrte, stritten die beiden Hexen. Sie wirkten recht verlegen, als sie ihn bemerkten.
    »Es sind drei von uns nötig«, sagte Nanny und schob die Glaskugel beiseite. »Erst recht, wenn sie da oben ist. Knotiges Land bringt den Kristall durcheinander. Wir haben einfach nicht

Weitere Kostenlose Bücher