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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Futter erwarten.
    Anschließend war er einem Hund begegnet, der ihn zu lecken versuch-
    te. Er hatte ihn einige Male seine Kral en und Zähne spüren lassen, was
    den Hund jedoch nur dazu ermutigt hatte, noch freundlicher zu sein.
    Irgendwann entdeckte er einen bequemen Platz und rollte sich dort zu-
    sammen, und jetzt wagte es jemand, ihn als Kissen zu benutzen…
    Al es ging verhältnismäßig leise vonstatten. Der Sarg erbebte einige
    Male und drehte sich.
    Greebo fuhr die Kral en wieder ein und schlief weiter.

    »… brennen, mit klarem, hel em Licht…«
    Platsch, plansch, platsch.
    »… und ich in meinem… Om sei gepriesen.«
    Glucks, platsch.
    Hilbert Himmelwärts hatte sich durch al e Lieder gearbeitet, die er
    kannte, selbst durch jene, die man eigentlich gar nicht mehr singen sol te,
    die einem jedoch im Gedächtnis blieben, weil die Worte so gut klangen.
    Er sang sie laut und herausfordernd, um Nacht und Zweifel von sich
    fernzuhalten. Sie halfen ihm dabei, sich von Oma Wetterwachs’ Gewicht
    abzulenken. Erstaunlicherweise schien sie während der letzten Meile
    erheblich zugenommen zu haben. Sie wog vor allem dann enorm viel,
    wenn er stürzte und sie auf ihm landete.
    Irgendwo im Schlamm hatte er selbst einen Stiefel verloren. Sein Hut
    schwamm in irgendeiner großen Pfütze. Dornen hatten seinen Mantel
    zerrissen…
    Er rutschte aus und fiel erneut, als sich der Morast unter ihm bewegte.
    Oma rollte von ihm herunter und blieb zwischen einigen Riedgrasbü-
    scheln liegen.
    Wenn Pater Melchio ihn jetzt gesehen hätte…
    Der Sanfte Falke flog vorbei und hockte sich auf den Ast eines wenige
    Meter entfernten abgestorbenen Baums. Himmelwärts verabscheute ihn.
    Der Vogel erschien ihm dämonisch. Er flog, obwohl er dazu wegen der
    Haube überhaupt nicht fähig sein sol te. Und schlimmer noch: Wenn er
    an ihn dachte, so wie jetzt, drehte der Sanfte Falke den Kopf und schien
    ihn durch die Haube anzustarren.
    Himmelwärts zog den anderen, nutzlos gewordenen Stiefel aus – glän-
    zendes Leder hatte sich in einen unansehnlichen, von feinen Rissen
    durchzogenen Lappen verwandelt – und warf ihn ungeschickt nach dem
    Vogel.
    »Verschwinde, du gräßliches Geschöpf!«
    Der Sanfte Falke rührte sich nicht von der Stelle, und der Stiefel ver-
    fehlte ihn um mehr als einen Meter.
    Als Himmelwärts aufzustehen versuchte, roch er verbranntes Leder.
    Zwei Rauchfäden kräuselten zu beiden Seiten unter der Haube hervor.
    Himmelwärts hob die Hand zum Hals und tastete nach der Sicherheit
    der Schildkröte – sie war nicht mehr da. Fünf Obolusse hatte sie ihn in der Zitadelle gekostet, und jetzt kam die Überlegung zu spät, daß er sie nicht
    an einer Kette hätte befestigen sol en, deren Wert dem Zehntel eines
    Obolusses entsprach. Vermutlich lag die heilige Schildkröte in irgendei-
    ner Pfütze oder war im Schlamm begraben…
    Das Leder verbrannte nun, und aus den Löchern kam ein so hel er gel-
    ber Glanz, daß Himmelwärts kaum mehr die Umrisse des Vogels erken-
    nen konnte. Die nasse Landschaft verwandelte sich in ein Muster aus
    Linien und Schatten; jedes Grasbüschel und jeder windschiefe Baum
    bekamen goldene Kanten.
    Dann verschwand das Schimmern so plötzlich, daß in Himmelwärts’
    Augen kleine purpurne Explosionen zurückblieben.
    Als er zu Atem gekommen war und das Gleichgewicht wiedergefunden
    hatte, flog der Vogel über das Moor fort.
    Er hob die bewußtlose Oma Wetterwachs auf und lief dem sonderba-
    ren Geschöpf hinterher.
    Wenigstens führte der Weg den Hang hinab. Immer wieder glitt der
    Priester auf einer Mischung aus Schlamm und Adlerfarn aus. Kleine Bä-
    che strömten überal aus Ritzen und Löchern. Oft hatte er das Gefühl,
    überhaupt nicht zu gehen, sondern kontrolliert zu rutschen. Er prallte
    von Felsen ab und schlitterte durch Pfützen aus Schlick und Blättern.
    Und plötzlich sah er das Schloß durch eine Lücke zwischen den Bäu-
    men, erhel t vom flackernden Schein eines Blitzes. Himmelwärts taumel-
    te durch ein Dickicht aus Dornbüschen, brachte einen Hang aus losen
    Felsblöcken hinter sich und brach auf der Straße zusammen. Oma Wet-
    terwachs landete einmal mehr auf ihm.
    Sie bewegte sich.
    »… Urlaub von der Vernunft… al e umbringen… kann so etwas nicht
    mehr zulassen…«, murmelte sie.
    Der Wind wehte ihr Regentropfen von einem Zweig ins Gesicht, und
    sie öffnete die Augen. Ein oder zwei Sekunden lang glaubte Himmel-
    wärts, rote Pupillen in ihnen zu erkennen,

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