Ruhig Blut!
Himmelwärts und
versuchte, vernünftig zu klingen. »Aber sie wird von magischen Partikeln
verursacht, die…«
»Ich weiß nicht, was sie verursacht «, unterbrach Oma den Priester. »Aber ich weiß, was es ist: tanzende Phönixe.« Sie streckte die Hand aus. »Ich sollte deinen Arm halten.«
»Für den Fall, daß ich das Gleichgewicht verliere?« fragte Himmelwärts
und beobachtete noch immer den brennenden Vogel.
»Genau.«
Als der Priester Oma stützte, neigte der Phönix über ihnen den Kopf
nach hinten und schickte einen Schrei gen Himmel.
»Wenn ich daran denke, daß ich ihn für ein al egorisches Wesen gehal-
ten habe…«, murmelte Himmelwärts.
»Selbst Allegorien müssen leben«, sagte Oma Wetterwachs.
Vampire sind keine besonders kooperativen Geschöpfe. Es liegt einfach
nicht in ihrer Natur. Der ideale Lebensraum für einen Vampir ist eine
Welt, in der alle Artgenossen getötet worden sind und niemand mehr
ernsthaft an Vampire glaubt. Die natürliche Kooperationsbereitschaft
von Vampiren läßt sich mit der von Haien vergleichen.
Mit Vampyren verhält es sich ebenso. Der einzige Unterschied ist, daß
sie nicht schreiben können.
Der Rest des Clans eilte durch die Festung und näherte sich einer Tür,
die aus irgendeinem Grund einen Spalt offenstand.
Die ersten beiden Vampire, die durch die Tür stürmten, lernten den
Inhalt eines bestimmten Eimers kennen. Er enthielt einen Cocktail aus
Wasser, das von Offlers Ritter gesegnet worden war, einem Hohenpries-
ter von Io und einem Mann von so al gemeiner Heiligkeit, daß er sich
siebzig Jahre lang weder gewaschen noch die Haare geschnitten hatte.
Die beiden Opfer gehörten nicht zur Familie des Grafen, die sich in-
zwischen in einem anderen Turm aufhielt. Welchen Sinn hatten Unter-
gebene, wenn man ihnen bei verdächtigen Türen nicht den Vortritt ließ?
»Wie kannst du nur so…«, begann Lacrimosa und schwieg verblüfft,
als sie eine Ohrfeige von ihrem Vater bekam.
»Wir müssen Ruhe bewahren«, sagte der Graf. »Es besteht kein Grund
zur Panik.«
»Du hast mich geschlagen !«
»Und es hat mir ziemliche Genugtuung bereitet«, meinte der Graf.
»Sorgfältiges Überlegen wird uns retten. Nur so überleben wir.«
»Es klappt nicht!« brachte Lacrimosa hervor. »Ich bin ein Vampir ! Ich sol te mich nach Blut sehnen! Statt dessen denke ich dauernd an eine
Tasse Tee mit drei Zuckerstückchen, was auch immer das sein mag! Die
Alte stellt irgend etwas mit uns an, begreifst du das denn nicht?«
»Ausgeschlossen«, erwiderte der Graf. »Für einen Menschen ist sie sehr
gerissen, aber ich sehe keine Möglichkeit, wie sie in deinen oder meinen
Kopf geraten könnte…«
»Du sprichst sogar wie sie!« rief Lacrimosa.
»Sei energisch und entschlossen, Schatz«, sagte der Graf. »Denk immer
daran: Was uns nicht umbringt, macht uns stärker.«
»Und was uns umbringt, beschert uns den Tod !« knurrte Lacrimosa.
»Du hast gesehen, was mit den anderen passiert ist! Und du hast dir die Finger verbrannt!«
»Weil meine Konzentration vorübergehend nachließ«, sagte der Graf.
»Die alte Hexe ist keine Gefahr für uns. Inzwischen ist sie selbst ein Vampir und wird uns gehorchen. Sie sieht die Welt jetzt aus einer ganz
anderen Perspektive…«
»Bist du übergeschnappt? Jemand hat Kryptopher getötet.«
»Weil er sich hat Angst einjagen lassen.«
Der Rest der Familie sah den Grafen an. Vlad und Lacrimosa wechsel-
ten einen Blick.
»Ich bin sehr zuversichtlich«, sagte der Graf. Sein Lächeln wirkte wie
eine Todesmaske, wächsern und auf eine beunruhigende Weise friedlich.
»Mein Bewußtsein ist wie ein Fels. Meine Nerven sind wie Drahtseile.
Ein Vampir, der von seinem – oder ihrem – Verstand Gebrauch macht,
ist unschlagbar. Das habe ich euch doch gelehrt, nicht wahr? Was ist
das ?«
Die Hand des Grafen kam plötzlich aus der Tasche hervor und hielt
ein kleines, weißes Stück Pappe hoch.
»Ach, Vater, dies ist wohl kaum der geeignete Zeitpunkt, um…« Lac-
rimosa erstarrte und hob dann ruckartig den Arm vors Gesicht. »Steck es
weg! Steck es weg! Es ist das Achatene Chlong des Schicksals!«
»Stimmt. Und es besteht nur aus drei geraden Linien und zwei gewölb-
ten, die so angeordnet sind, daß sie…«
»… es wäre mir völlig unbekannt gewesen, wenn du mir nicht davon
erzählt hättest, du alter Narr!« kreischte das Mädchen und wich zurück.
Der Graf sah seinen Sohn an.
» Dir macht es bestimmt
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