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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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vorsichtig.
    »Nun, du wirst es gleich herausfinden«, sagte Oma. »Hier kommen wir
    endlich zum Feuer, Herr Himmelwärts. Hier erlangen wir beide Gewiß-
    heit.«

    Nanny sprintete eine Treppe hinauf, gefolgt von zwei Vampiren. Die
    beiden Verfolger hatten einige Probleme, weil sie sich erst noch daran
    gewöhnen mußten, daß sie nicht mehr fliegen konnten. Aber offenbar
    stimmte mit ihnen auch etwas anderes nicht.
    »Tee!« kreischte einer von ihnen. »Ich brauche unbedingt… Tee !«
    Nanny stieß die Tür zu den Zinnen auf. Die beiden Vampire folgten
    ihr und stolperten über Igors Beine, als er aus dem Schatten trat.
    Er hob zwei zugespitzte Tischbeine.
    »Wie möchtet ihr eure Pflöcke, Jungf?« rief er aufgeregt und holte aus.
    »Ihr hättet fagen fol en, daf euch meine Fpinnen gefal en!«
    Nanny lehnte sich an die Wand, um wieder zu Atem zu kommen.
    »Oma ist hier irgendwo«, schnaufte sie. »Frag mich nicht, wie sie es ge-
    schafft hat. Aber die beiden Vampire wünschten sich eine Tasse Tee,
    und ich schätze, nur Esme kann in fremden Köpfen soviel Verwirrung
    stiften…«
    Das Pochen des Türklopfers hal te unten über den Hof. Gleichzeitig
    öffnete sich die Tür am anderen Ende der Zinnen, und sechs Vampire
    näherten sich.
    »Sie verhalten sich ziemlich dumm«, meinte Nanny. »Gib mir zwei
    Pflöcke.«
    »Wir haben keine Pflöcke mehr, Nanny.«
    »Na schön. Dann reich mir die Flasche mit dem Weihwasser.
    Schnel …«
    »Ef ift keinf mehr übrig, Nanny.«
    »Wir haben nichts mehr?«
    »Nur noch eine Orange, Nanny.«
    »Eine Orange?«
    »Unf find auch die Zitronen aufgegangen.«
    »Was nützt es, wenn ich einem Vampir eine Orange in den Mund ste-
    cke?« fragte Nanny und beobachtete die näher kommenden Geschöpfe.
    Igor kratzte sich am Kopf. »Nun, ich schätze, dann bekommt er nicht
    fo schnell eine Erkältung…«
    Das Pochen des Türklopfers hal te erneut durch das Schloß. Mehrere
    Vampire schlichen über den Hof.
    Nanny bemerkte einen Schimmer am Rand der Tür und ließ sich von
    ihrem Instinkt leiten. Als die Vampire zu laufen begannen, packte sie
    Igor und zog ihn mit sich zu Boden.
    Der Torbogen explodierte. Steine und Holzsplitter rasten auf einer an-
    schwellenden Kugel aus grellem Licht über sie hinweg. Die Vampire
    wurden von den Beinen gerissen und schrien, als das Feuer sie nach o-
    ben trug.
    Als das Gleißen verblaßte, blickte Nanny vorsichtig in den Hof hinab.
    Ein hausgroßer Vogel, dessen Flügel aus Feuer breiter waren als das
    Schloß, hockte dort, wo eben noch das Tor gewesen war.

    Hilbert Himmelwärts stemmte sich hoch und verharrte zunächst auf
    al en vieren. Um ihn herum loderten Flammen und donnerten wie bren-
    nendes Gas. Die Haut des Priesters hätte bereits verkohlt sein müssen,
    doch sonderbarerweise fühlte sich das Feuer nicht gefährlicher an als ein
    heißer Wüstenwind. Die Luft roch nach Kampfer und Gewürzen.
    Er sah auf. Die Flammen umgaben Oma Wetterwachs, wirkten jedoch
    seltsam transparent und nicht ganz real. Hier und dort tanzten goldene und grüne Funken über das Kleid der Hexe, während sie mitten im Feuer stand.
    Sie blickte auf ihn herab. »Du bist jetzt im Flügel des Phönix, Herr
    Himmelwärts!« rief sie, um das Donnern zu übertönen. »Und du brennst
    nicht!«
    Der auf ihrem Handgelenk hockende Vogel glühte weiß und schlug
    mit seinen kleinen Schwingen.
    »Wie ist das möglich?«
    »Du bist der Gelehrte! Männliche Vögel legen Wert auf ein eindrucks-
    volles Erscheinungsbild, nicht wahr?«
    »Männliche Vögel? Dies ist ein männlicher Phönix?«
    »Ja!«
    Das Wesen sprang. Für Himmelwärts sah es nach einer großen blassen
    Flamme in Form eines Vogels aus, und darin schwebte – wie der Kopf
    eines Kometen – ein zweiter Vogel, der mehr Substanz zu haben
    schien…
    Der Phönix glitt nach oben, dem Turm entgegen. Ein kurzer Schrei
    verriet, daß ein Vampir nicht schnel genug gewesen war.
    »Er verbrennt nicht?« fragte Himmelwärts.
    »Wohl kaum«, erwiderte Oma und kletterte über die Trümmer hinweg.
    »Es hätte keinen Sinn…«
    »Dann muß es ein magisches Feuer sein.«
    »Angeblich hängt es von einem selbst ab, ob man von den Flammen
    verbrannt wird oder nicht«, sagte Oma. »Als Kind habe ich sie beobach-
    tet. Meine Großmutter erzählte mir von ihnen. In manchen kalten Näch-
    ten kann man sehen, wie sie über der Mitte am Himmel tanzen, in grü-
    nem und goldenem Feuer…«
    »Ach, du meinst die Aurora Coriolis«, entgegnete

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